Strassennamen Geschichte Erfurt: Unterschied zwischen den Versionen
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'''Die Straßen- und Platznamen sind ein Spiegel der reichen und wechselhaften Erfurter Stadtgeschichte und teils bis heute umstritten.''' | [[Datei:Straßenschilder.jpg|340px|right]]'''Die Straßen- und Platznamen dienen der Orientierung, sind aber auch ein Spiegel der reichen und wechselhaften Erfurter Stadtgeschichte - und teils bis heute umstritten.''' | ||
Straßennamen dienen nicht nur der Orientierung, sie erzählen auch '''[[Geschichte der Stadt Erfurt|Stadtgeschichte]]'''. Sie können auf geografische und historische Umstände hindeuten oder greifen ähnlich wie '''[[Denkmale in Erfurt|Denkmale]]''' bedeutende Personen und Ereignisse auf. So sind Straßennamen zuweilen selbst Denkmal geworden. Sie spiegeln Sitten und Gebräuche, Sprache und auch Volksmund wider. Als Städte noch überschaubar waren hatten Straßen keine Namen. In der Mittelaltermetropole Erfurt entstanden jedoch schon im 12. Jahrhundert die ersten Straßen- und Platznamen. Zur weiteren Kennzeichnung dienten dann Hausnamen und -zeichen. Viele sind aus den Verrechtsbüchern und Geburts-, Tauf-, Trau- und Begräbnisregistern der Kirchen überliefert. Für die Hausnamen wurden Begriffe aus Handwerk und Gewerbe, von Tieren und Pflanzen, von religiösen, topografischen und heraldischen Symbolen verwandt. Sie gingen später auch auf Straßen über. Namensstiftend waren auch die Kirchen. Von ihnen ging die Gliederung der Stadt aus. Erfurt wurde in Viertel gegliedert: Johannis-, Viti-, Mariae- und Andreasviertel. Ab 1680 gab es Nummerierungen der Grundstücke. 1810 wurde unter französischer Verwaltung eine Neueinteilung vorgenommen. Die ersten Straßenschilder wurden angebracht, wobei die Nummerierung straßenweise erfolgte. 1826 wurde dies wieder abgeschafft und die Stadt in 14 Bezirke eingeteilt, deren Grundstücke fortlaufend nummeriert wurden. Ende der 1860er-Jahre kehrte man zur straßenweisen Nummerierung zurück. | |||
Für die Hausnamen wurden Begriffe aus Handwerk und Gewerbe, von Tieren und Pflanzen, von religiösen, topografischen und heraldischen Symbolen verwandt. Sie gingen später auch auf Straßen über. Namensstiftend waren auch die Kirchen. Von ihnen ging die Gliederung der Stadt aus. Erfurt wurde in Viertel gegliedert: Johannis-, Viti-, Mariae- und Andreasviertel. Ab 1680 gab es Nummerierungen der Grundstücke. 1810 wurde unter französischer Verwaltung eine Neueinteilung vorgenommen. Die ersten Straßenschilder wurden angebracht, wobei die Nummerierung straßenweise erfolgte. 1826 wurde dies wieder abgeschafft und die Stadt in 14 Bezirke eingeteilt, deren Grundstücke fortlaufend nummeriert wurden. Ende der 1860er-Jahre kehrte man zur straßenweisen Nummerierung zurück. | |||
Anlass für Umbenennungen waren etwa Eingemeindungen von Vororten, aber auch politische Gründe. Die letzte, vergleichsweise moderate Umbennungswelle erlebte Erfurt nach 1990, was etwa '''[[historische Straßenschilder|Straßennamensschilder]]''' der DDR-Zeit im Stadtmuseum deutlich machen (Foto: Stadtmuseum Erfurt, Dirk Urban). Über 1990 zurück stehen die Straßennamen grundsätzlich für die historischen Umbrüche im "Zeitalter der Extreme" mit seinen Kriegen und Diktaturen des 20. Jahrhunderts, insbesondere nach 1933 und 1945. Einige Straßen haben dabei bis zu fünf Namenswechsel erlebt. Die einstige Auguststraße wurde nach dem Eisenbahnanschluss Erfurts 1847 zur Bahnhofstraße und hieß von 1933 bis 1945 Adolf-Hitler-Straße. Die heutige '''[[Magdeburger Allee]]''' hat eine der längsten Namenslisten aufzuweisen: Magdeburger Straße/Hauptstraße/Poststraße, Horst-Wessel-Straße, Straße der Guten Hoffnung, Weißenseer Allee, Stalin-Allee und Karl-Marx-Allee. Heute empfiehlt der Deutsche Städtetag, gut eingeführte Straßennamen nicht ohne zwingenden Grund umzubenennen. Nicht nur deshalb waren die jüngsten Forderungen nach Umbenennung des '''[[Nettelbeckufer|Nettelbeckufers]]''' und der '''[[Mohrengasse]]''' sehr umstritten. | Anlass für Umbenennungen waren etwa Eingemeindungen von Vororten, aber auch politische Gründe. Die letzte, vergleichsweise moderate Umbennungswelle erlebte Erfurt nach 1990, was etwa '''[[historische Straßenschilder|Straßennamensschilder]]''' der DDR-Zeit im Stadtmuseum deutlich machen (Foto: Stadtmuseum Erfurt, Dirk Urban). Über 1990 zurück stehen die Straßennamen grundsätzlich für die historischen Umbrüche im "Zeitalter der Extreme" mit seinen Kriegen und Diktaturen des 20. Jahrhunderts, insbesondere nach 1933 und 1945. Einige Straßen haben dabei bis zu fünf Namenswechsel erlebt. Die einstige Auguststraße wurde nach dem Eisenbahnanschluss Erfurts 1847 zur Bahnhofstraße und hieß von 1933 bis 1945 Adolf-Hitler-Straße. Die heutige '''[[Magdeburger Allee]]''' hat eine der längsten Namenslisten aufzuweisen: Magdeburger Straße/Hauptstraße/Poststraße, Horst-Wessel-Straße, Straße der Guten Hoffnung, Weißenseer Allee, Stalin-Allee und Karl-Marx-Allee. Heute empfiehlt der Deutsche Städtetag, gut eingeführte Straßennamen nicht ohne zwingenden Grund umzubenennen. Nicht nur deshalb waren die jüngsten Forderungen nach Umbenennung des '''[[Nettelbeckufer|Nettelbeckufers]]''' und der '''[[Mohrengasse]]''' sehr umstritten. | ||
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Steffen Raßloff: '''[[Helmut-Kohl-Strasse Rassloff|Straßennamen und historisches Gedächtnis. Die Helmut-Kohl-Straße in Erfurt]].''' In: Helmut Kohl - 1990 - Erfurt. Leidenschaftlicher Patriot und Europäer (Schriften der KAS Thüringen). Erfurt 2022. S. 12-25. | Steffen Raßloff: '''[[Helmut-Kohl-Strasse Rassloff|Straßennamen und historisches Gedächtnis. Die Helmut-Kohl-Straße in Erfurt]].''' In: Helmut Kohl - 1990 - Erfurt. Leidenschaftlicher Patriot und Europäer (Schriften der KAS Thüringen). Erfurt 2022. S. 12-25. | ||
'''[https://www.erfurt.de/mam/ef/service/mediathek/publikationen/ | '''[https://www.erfurt.de/mam/ef/service/mediathek/publikationen/2023/strassenverzeichnis_erfurt_2023.pdf Straßenverzeichnis der Stadt Erfurt]''' (2023) | ||
Aktuelle Version vom 11. Dezember 2024, 09:00 Uhr
Erfurter Straßennamen
Die Straßen- und Platznamen dienen der Orientierung, sind aber auch ein Spiegel der reichen und wechselhaften Erfurter Stadtgeschichte - und teils bis heute umstritten.
Straßennamen dienen nicht nur der Orientierung, sie erzählen auch Stadtgeschichte. Sie können auf geografische und historische Umstände hindeuten oder greifen ähnlich wie Denkmale bedeutende Personen und Ereignisse auf. So sind Straßennamen zuweilen selbst Denkmal geworden. Sie spiegeln Sitten und Gebräuche, Sprache und auch Volksmund wider. Als Städte noch überschaubar waren hatten Straßen keine Namen. In der Mittelaltermetropole Erfurt entstanden jedoch schon im 12. Jahrhundert die ersten Straßen- und Platznamen. Zur weiteren Kennzeichnung dienten dann Hausnamen und -zeichen. Viele sind aus den Verrechtsbüchern und Geburts-, Tauf-, Trau- und Begräbnisregistern der Kirchen überliefert. Für die Hausnamen wurden Begriffe aus Handwerk und Gewerbe, von Tieren und Pflanzen, von religiösen, topografischen und heraldischen Symbolen verwandt. Sie gingen später auch auf Straßen über. Namensstiftend waren auch die Kirchen. Von ihnen ging die Gliederung der Stadt aus. Erfurt wurde in Viertel gegliedert: Johannis-, Viti-, Mariae- und Andreasviertel. Ab 1680 gab es Nummerierungen der Grundstücke. 1810 wurde unter französischer Verwaltung eine Neueinteilung vorgenommen. Die ersten Straßenschilder wurden angebracht, wobei die Nummerierung straßenweise erfolgte. 1826 wurde dies wieder abgeschafft und die Stadt in 14 Bezirke eingeteilt, deren Grundstücke fortlaufend nummeriert wurden. Ende der 1860er-Jahre kehrte man zur straßenweisen Nummerierung zurück.
Anlass für Umbenennungen waren etwa Eingemeindungen von Vororten, aber auch politische Gründe. Die letzte, vergleichsweise moderate Umbennungswelle erlebte Erfurt nach 1990, was etwa Straßennamensschilder der DDR-Zeit im Stadtmuseum deutlich machen (Foto: Stadtmuseum Erfurt, Dirk Urban). Über 1990 zurück stehen die Straßennamen grundsätzlich für die historischen Umbrüche im "Zeitalter der Extreme" mit seinen Kriegen und Diktaturen des 20. Jahrhunderts, insbesondere nach 1933 und 1945. Einige Straßen haben dabei bis zu fünf Namenswechsel erlebt. Die einstige Auguststraße wurde nach dem Eisenbahnanschluss Erfurts 1847 zur Bahnhofstraße und hieß von 1933 bis 1945 Adolf-Hitler-Straße. Die heutige Magdeburger Allee hat eine der längsten Namenslisten aufzuweisen: Magdeburger Straße/Hauptstraße/Poststraße, Horst-Wessel-Straße, Straße der Guten Hoffnung, Weißenseer Allee, Stalin-Allee und Karl-Marx-Allee. Heute empfiehlt der Deutsche Städtetag, gut eingeführte Straßennamen nicht ohne zwingenden Grund umzubenennen. Nicht nur deshalb waren die jüngsten Forderungen nach Umbenennung des Nettelbeckufers und der Mohrengasse sehr umstritten.
Lesetipps:
Walther Blaha u.a.: Erfurter Straßennamen in ihrer historischen Entwicklung. Erfurt 1992.
Max Timpel: Straßen, Gassen und Plätze von Alt-Erfurt in Vergangenheit und Gegenwart. In Mitteilungen des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt 45 (1929). S. 5-240.
Steffen Raßloff: Straßennamen und historisches Gedächtnis. Die Helmut-Kohl-Straße in Erfurt. In: Helmut Kohl - 1990 - Erfurt. Leidenschaftlicher Patriot und Europäer (Schriften der KAS Thüringen). Erfurt 2022. S. 12-25.
Straßenverzeichnis der Stadt Erfurt (2023)
Straßennamenlexikon
Eine umfassende Darstellung findet sich online im Straßennamenlexikon der Freunde des Stadtarchivs Erfurt e.V. Hier folgen ausgewählte Straßen mit historischen und aktuellen Informationen:
Andreasstraße * Benaryplatz * Dalbergsweg * Domplatz * Gert-Schramm-Straße * Gneisenaustraße * Goethestraße * Häßlerstraße * Helmut-Kohl-Straße * Johannesstraße * Juri-Gagarin-Ring * Krämerbrücke * Lossiusstraße * Magdeburger Allee * Meyfartstraße * Mohrengasse * Müfflingstraße * Nettelbeckufer * Rosa-Luxemburg-Platz * Rosa-Luxemburg-Straße * Schillerstraße * Thälmannstraße * Theo-Neubauer-Straße * Trommsdorffstraße * Wielandstraße