Geschichte Parks und Gärten

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Parks und Gärten in Erfurt

Der schwierige Weg zum Gartenparadies: Erfurter Parks und Gärten entstanden oft auf zuvor anderweitig genutzten Arealen.


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Es ist fast ein wenig wie in der griechischen Tragödie. Die Interessen Einzelner und der Allgemeinheit prallen bei der Vorbereitung der Bundesgartenschau 2021 scheinbar unversöhnlich aufeinander. Beide Seiten kann man gut verstehen. Garagenbesitzer und Tierheimbetreiber wünschen sich den Fortbestand ihrer Einrichtungen, Stadtplaner und Buga-Macher die Schaffung eines großzügigen grünen Bandes von der Altstadt bis Gispersleben. Mit Blick auf diesen klassisch anmutenden Antagonismus scheint es interessant, auf die Geschichte der Erfurter Grünanlagen und Parks zurück zu schauen. In vielen Fällen entstanden sie an Stelle bisheriger Baulichkeiten, veränderten teils nachhaltig das Stadtbild und verlief ihre Errichtung unter schwierigen Rahmenbedingungen.

Schon das erste Gartenparadies der Stadt macht dies deutlich. Der kurmainzische Statthalter Anselm Franz von Warsberg wollte seine gerade entstandene barocke Statthalterei, die heutige Thüringer Staatskanzlei, durch eine repräsentative Grünanlage in ihrer Wirkung aufwerten (Foto: Alexander Raßloff). Hierfür wurden zwei Häuserzeilen gegenüber wohl nicht ohne obrigkeitlichen Druck den Eigentümern abgekauft und 1732 abgerissen. Als begrüntes Rotwildgehege, dem sich der Name Hirschgarten verdankt, entstand so mitten in der Stadt die erste künstliche Grünanlage. Der bekannte Statthalter Karl Theodor von Dalberg gab den Park 1780 zur öffentlichen Nutzung frei. Heute gehört der erst vor wenigen Jahren Richtung Westen erweiterte Hirschgarten zu den städtebaulichen Schmuckstücken Erfurts.

Die längste historische Grünanlage der Stadt stellen die Parks entlang des Flutgrabens dar. Dort, wo Wachsoldaten über Jahrhunderte auf gewaltigen Bastionen aufmerksam das Umland beobachteten, kann man heute in schattigem Grün rund um die Altstadt flanieren. Nach der Entfestigung Erfurts 1873 verschwanden in wenigen Jahrzehnten die Stadtwälle und Tore. An Stelle des Wallgrabens entstand der Flutgraben, umgeben von einem anspruchsvollen Grünzug. Höhepunkt der Gestaltung wurde der Stadtpark auf der vormaligen Daberstedter Schanze. Die Anlage von Parks konnte auch als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme in Notzeiten dienen, wie etwa beim Nordpark in den frühen 1920er-Jahren.

Auch die Internationale Gartenbauausstellung iga 1961 forderte ihre „Opfer“. Dem seit dem späten 19. Jahrhundert von der Cyriaksburg ausgehend Schritt für Schritt Richtung Westen ausgedehnten heutigen egapark musste neben Feldern auch eine traditionsreiche Sportstätte weichen. Seit 1910 war dort der SC Erfurt 1895, Vorläufer des FC Rot-Weiß Erfurt, in seinem Stadion mit überdachter Tribüne und zahlreichen Nebenplätzen zuhause. Dieses befand sich etwa im Bereich der heutigen Wasserachse. Übrigens verdrängten keineswegs immer nur Grünanlagen vorherige Baulichkeiten. Einen umgekehrten Fall stellt etwa das einstige Louisental am Domplatz dar. Die kleine Grünanlage existierte von 1823 bis zur Errichtung des heutigen Landgerichtes 1879. Viel von seiner Attraktivität eingebüßt hat auch der östliche Grünzug am Flutgraben durch den vierspurigen Ausbau der heutigen Stauffenbergallee in den 1970er-Jahren.

(Dr. Steffen Raßloff in der Thüringer Allgemeine vom 12.09.2015)


Lesetipps:

Steffen Raßloff: Die Welt der Blumen. Von der iga '61 zur Buga 2021. In: Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2021. S. 106 f.

Martin Baumann/Steffen Raßloff (Hg.): Blumenstadt Erfurt. Waid - Gartenbau - iga/egapark. Erfurt 2011.