Karl Theodor von Dalberg

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Karl Theodor von Dalberg

Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (06.10.2012)


Genius der Aufklärung

DENKMALE IN ERFURT (66): Karl Theodor von Dalberg bescherte Erfurt drei Jahrzehnte kultureller Blüte am Vorabend der Moderne.


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Die historisch gewachsene Bürgerstadt Erfurt trägt kaum Züge einer klassischen Residenz, wenngleich sie durchaus über die Jahrhunderte immer als Metropole Thüringens galt. Keine Schlösser oder Parkanlagen prägen ihr Weichbild. Wenn in der Innenstadt der Status als Landeshauptstadt des Freistaates Thüringen sinnfällig erlebbar wird, dann am Hirschgarten. Die heutige Thüringer Staatskanzlei war nach der 1664 erfolgten Unterwerfung Erfurts unter seinen Mainzer Stadtherren von 1713 bis 1720 als Sitz der kurmainzischen Statthalter errichtet worden (Foto: Alexander Raßloff). Das prächtige Barockgebäude erlebte seine größte Zeit als „Hof“ des letzten und zweifellos bedeutendsten Statthalters Karl Theodor von Dalberg 1772-1802.

Dalberg war ein typischer Vertreter des aufgeklärten Absolutismus. In Erfurt konnte der geistvolle Adlige seine Vorstellungen einer humanen, der Wohlfahrt der Untertanen dienenden Herrschaft ausleben. Er erwarb sich rasch die Achtung der Erfurter. Seine Grundhaltung schlug sich in einer Reihe von sozialen und wirtschaftpolitischen Maßnahmen nieder. Freilich konnte auch er die einstige Handelsmetropole nicht aus ihrer tiefen Provinzialität heraus holen, in die sie nach 1664 gefallen war. Dennoch schwärmte nicht nur Zeitgenosse Constantin Beyer in seiner Chronik von einem „Genius, den der Himmel uns zum Segen sandte“.

Dies erklärt sich insbesondere durch Dalbergs Wirken im kulturellen Bereich. Er holte die großen Geister um Goethe aus Weimar und sorgte für die Wiederbelebung der 1754 gegründeten Akademie nützlicher Wissenschaften zu Erfurt. Auch an der Universität versuchte er der Aufklärung Geltung zu verschaffen. Am deutlichsten lässt sich die aufgeklärte Haltung Dalbergs an seinen Assembleen ablesen. Jeden Dienstag lud er alle „anständig gekleideten“ Bürger und Gäste der Stadt zu geselligen Empfängen in die Statthalterei ein. Im großen Saal und den anliegenden Salons tummelten sich Woche für Woche bunt durcheinander Adlige, Bürger, Staatsmänner und Künstler.

Eine ältere Gedenktafel aus der DDR an der rechten Gebäudefront der einstigen Statthalterei greift diese kulturelle Blütezeit am Vorabend der Umbruchzeiten in Gefolge der Französischen Revolution auf. Recht lapidar heißt es dort, dass während der Statthalterschaft Dalbergs die Geistesgrößen Goethe, Schiller, Humboldt, Herder und Wieland häufig Gäste dieses Hauses gewesen seien. Der Fokus liegt ganz auf den deutlich größer geschriebenen Dichtern und Denkern, während ihr „feudaler“ Gastgeber eher in den Hintergrund rückt. Bei allen heute von der Forschung erkannten Grenzen von Persönlichkeit und Wirken Karl Theodor von Dalbergs wird dies dem späteren Kurfürsten und Fürstprimas des Rheinbundes wohl nicht gerecht.


Lesetipp:

Steffen Raßloff: Die Dalbergzeit. Erfurt und die Weimarer Klassiker. In: Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2021. S. 60 f.


Siehe auch: Dalbergsweg, Geschichte der Stadt Erfurt, Dalberg als Freimaurer, Akademie, Erfurt und Mainz, Goethe, Schiller, Wieland, Humboldt, Haus Dacheröden, Minervabrunnen, J. W. Häßler, Geschichte Thüringens, Weimarer Klassik