Angermuseum

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Angermuseum

Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (26.07.2014)


Denkmal der Kulturgeschichte

DENKMALE IN ERFURT (159): Im Angermuseum begann 1886 die kommunale Erfurter Museumsgeschichte.


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Erfurt verfügt über eine vielgestaltige Museumslandschaft mit Spezialeinrichtungen nahezu aller Sparten. Von Kunst und Geschichte bis hin zu Volkskunde und Natur bietet sie für jeden etwas. Dies ist das Ergebnis einer langfristigen Entwicklung, die ihren Anfang im heutigen Angermuseum nahm. In der ersten Etage des einstigen kurmainzischen Waage- und Packhofes wurde am 27. Juni 1886 mit einer Gemäldegalerie das erste kommunale Museum feierlich eröffnet. Der Maler Eduard von Hagen hatte zuvor die ob der befürchteten Kosten eines Museums sehr zögerlichen Stadträte 1883 zur Annahme einer Schenkung veranlasst. Als Neffe des romantischen Landschaftsmalers Friedrich von Nerly konnte er dessen Nachlass vermitteln, der bis heute zu den wichtigsten Beständen des Angermuseums gehört. Hinzu kamen aus Berliner Museen entliehene Gemälde.

In der Folgezeit wurde die Galerie mit Schwerpunkt auf Landschaftsmalerei, Porträt und Stillleben des 18. bis 20. Jahrhunderts (J. S. Beck, Joseph Anton Koch, Caspar David Friedrich, Paul Baum, Christian Rohlfs) gezielt ausgebaut. Ihren Höhepunkt erlebte sie in den 1920er Jahren als Zentrum moderner Kunst. Die Unterstützung durch den Schuhfabrikanten Alfred Hess ermöglichte den Ankauf zahlreicher Werke von Expressionisten und Bauhaus-Künstlern wie Lyonel Feininger, Emil Nolde, Ernst Barlach, Gerhard Marcks und Max Pechstein. Bleibendes Andenken jener Epoche ist der „Heckelraum“ mit dem von Erich Heckel geschaffenen Wandmalerei-Zyklus „Lebensstufen“ (1924). Umso dramatischer war die weitgehende Zerschlagung der Moderne-Sammlung in der Aktion „Entartete Kunst“ 1937 durch die Nationalsozialisten.

Eine wichtige Weichenstellung für die Erfurter Museen war das Scheitern des zentralen Museums-Neubaus auf dem Stadtpark nach Entwürfen von Henry van de Velde durch den Ersten Weltkrieg 1914/18. Hiermit war auch die weitere Spezialisierung des barocken Prachtbaus am Anger auf Kunst und Kunstgewerbe verbunden. Seit 1922 präsentierte das Museum in der rekonstruierten großen Erdgeschosshalle mittelalterliche Kunst und breitete sich bis 1935 im ganzen Gebäude aus, in dem bis dahin preußische Ämter und die ehemalige Universitätsbibliothek untergebracht waren. Während sich so das Angermuseum zum heutigen Kunstmuseum der Landeshauptstadt entwickelte, fanden andere Bereiche neue Standorte. Aus Sammlungen von Bürgern und Vereinen gingen 1955 das Volkskundemuseum am Juri-Gagarin-Ring und 1974 das Stadtmuseum in der Johannesstraße hervor. 1995 fand das über Jahrzehnte heimatlose Naturkundemuseum in der Großen Arche eine neue Bleibe. Zahlreiche weitere Einrichtungen vervollständigen das facettenreiche Bild der Erfurter Museen. (Foto: Alexander Raßloff)


Lesetipps:

Steffen Raßloff: Kultureller Aufbruch. Erfurt und der Expressionismus. In: Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2021. S. 92 f.

Steffen Raßloff: Bürgerkrieg und Goldene Zwanziger. Erfurt in der Weimarer Republik. Erfurt 2008.

Steffen Raßloff: Die Erfurter Museen. Kulturgeschichte im Spannungsfeld von Gesellschaft und Politik. In: Stadt und Geschichte 18 (2003). S. 24 f.


Siehe auch: Museen in Erfurt, Geschichte der Stadt Erfurt, Eduard von Hagen, Henry van de Velde, Alfred Hess, Expressionismus, Anger