Nettelbeckufer: Unterschied zwischen den Versionen
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Stadtsprecher Daniel Baumbach umreißt die Situation bei aller Sympathie für eine Ehrung Schramms so: "Andererseits sehen Experten – wie der engagierte Erfurter Historiker '''[[Steffen Raßloff|Dr. Steffen Raßloff]]''' – Probleme. Raßloff fragt zu Recht: Wenn wir Nettelbeck streichen, was machen wir dann mit '''[[Thaelmannstrasse|Ernst Thälmann]]''' oder '''[[Rosa-Luxemburg-Straße|Rosa Luxemburg]]'''? Auch diese historischen Figuren haben keine reinweiße Weste, sind aus heutiger Sicht auf Straßenschildern ebenso nicht mehr tragbar. Wenn wir bei Nettelbeck anfangen, wo hören wir dann also auf? In der Nachwendezeit hatte sich die Stadt schon gegen eine große Umbenennungswelle ausgesprochen. Man wollte keine 'Bilderstürmerei'." (Amtsblatt, 26.06.2020) | Stadtsprecher Daniel Baumbach umreißt die Situation bei aller Sympathie für eine Ehrung Schramms so: "Andererseits sehen Experten – wie der engagierte Erfurter Historiker '''[[Steffen Raßloff|Dr. Steffen Raßloff]]''' – Probleme. Raßloff fragt zu Recht: Wenn wir Nettelbeck streichen, was machen wir dann mit '''[[Thaelmannstrasse|Ernst Thälmann]]''' oder '''[[Rosa-Luxemburg-Straße|Rosa Luxemburg]]'''? Auch diese historischen Figuren haben keine reinweiße Weste, sind aus heutiger Sicht auf Straßenschildern ebenso nicht mehr tragbar. Wenn wir bei Nettelbeck anfangen, wo hören wir dann also auf? In der Nachwendezeit hatte sich die Stadt schon gegen eine große Umbenennungswelle ausgesprochen. Man wollte keine 'Bilderstürmerei'." (Amtsblatt, 26.06.2020) | ||
Das wirft für den Stadtrat die Frage auf, ob man eine emotionale und polarisierende Debatte über Straßennamen anstoßen oder diese als kritisch reflektierten Teil der '''[[Geschichte der Stadt Erfurt|Stadtgeschichte]]''' beibehalten möchte. Auch sollten die Anwohner und Gewerbetreibenden einbezogen werden, die eine Umbenennung ganz überwiegend ablehnen. Zudem sehen sie sich wie viele in der Gefahr, von den Initiatoren um Philosoph Dr. Urs Lindner "in die rechte Ecke der Rassisten und Huldiger von Sklaverei und Kolonialismus gestellt zu werden" (Thüringer Allgemeine, 19.08.2020). Während Grüne und Linke die Inititive unterstützen, plädiert die CDU mit Freien Wählern, Piraten und FDP ebenso wie die Anlieger-Vertretung für die Beibehaltung des Namens und die Ehrung Schramms durch eine Neubenennung. Letzterem hat sich auch Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) angeschlossen | Das wirft für den Stadtrat die Frage auf, ob man eine emotionale und polarisierende Debatte über Straßennamen anstoßen oder diese als kritisch reflektierten Teil der '''[[Geschichte der Stadt Erfurt|Stadtgeschichte]]''' beibehalten möchte. Auch sollten die Anwohner und Gewerbetreibenden einbezogen werden, die eine Umbenennung ganz überwiegend ablehnen. Zudem sehen sie sich wie viele in der Gefahr, von den Initiatoren um Philosoph Dr. Urs Lindner "in die rechte Ecke der Rassisten und Huldiger von Sklaverei und Kolonialismus gestellt zu werden" (Thüringer Allgemeine, 19.08.2020). Während Grüne und Linke die Inititive unterstützen, plädiert die CDU mit Freien Wählern, Piraten und FDP ebenso wie die Anlieger-Vertretung für die Beibehaltung des Namens und die Ehrung Schramms durch eine Neubenennung. Letzterem hat sich auch Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) angeschlossen. Dass in der regionalen Presse die Befürworter einer Umbenennung den Ton angeben, spiegelt weder den breiten Diskurs in der Fachwelt, noch die Haltung in der Bürgerschaft. | ||
Version vom 12. Februar 2021, 12:43 Uhr
Nettelbeckufer
Ortsteil: Ilversgehofen
Bezeichnung seit: 1905, zwischenzeitlich 1950-1956 Goerdelerufer nach Carl Goerdeler, Leipziger Oberbürgermeister und Angehöriger des Kreises um die Hitler-Attentäter vom 20. Juli 1944
vorherige Bezeichnung/en: keine
Bedeutung: benannt nach Joachim Nettelbeck (1738-1824), Symbolfigur der deutschen Nationalbewegung als "Retter von Kolberg" mit Neidhardt von Gneisenau gegen die französische Belagerung 1807
Seit 2020 fordert die Bewegung Decolonize Erfurt, Initiator der umstrittenen Ausstellung Kolonialismus in Erfurt, eine Umbenennung wegen Nettelbecks Tätigkeit als Seemann auf Sklavenschiffen, seinen Kolonial-Vorschlägen und der posthumen Stilisierung zum Nationalhelden. An seine Stelle soll der am Nettelbeckufer geborene farbige Erfurter Gert Schramm treten, der im KZ Buchenwald inhaftiert war. Andere Stimmen machen darauf aufmerksam, dass seit den frühen 1990er-Jahren bewusst keine Umbenennungen aus historischen Gründen mehr vorgenommen wurden. Das Nettelbeckufer wäre damit ein Präzedenzfall, der auch die kritische Betrachtung weiterer Straßennamen nach sich ziehen müsste.
Stadtsprecher Daniel Baumbach umreißt die Situation bei aller Sympathie für eine Ehrung Schramms so: "Andererseits sehen Experten – wie der engagierte Erfurter Historiker Dr. Steffen Raßloff – Probleme. Raßloff fragt zu Recht: Wenn wir Nettelbeck streichen, was machen wir dann mit Ernst Thälmann oder Rosa Luxemburg? Auch diese historischen Figuren haben keine reinweiße Weste, sind aus heutiger Sicht auf Straßenschildern ebenso nicht mehr tragbar. Wenn wir bei Nettelbeck anfangen, wo hören wir dann also auf? In der Nachwendezeit hatte sich die Stadt schon gegen eine große Umbenennungswelle ausgesprochen. Man wollte keine 'Bilderstürmerei'." (Amtsblatt, 26.06.2020)
Das wirft für den Stadtrat die Frage auf, ob man eine emotionale und polarisierende Debatte über Straßennamen anstoßen oder diese als kritisch reflektierten Teil der Stadtgeschichte beibehalten möchte. Auch sollten die Anwohner und Gewerbetreibenden einbezogen werden, die eine Umbenennung ganz überwiegend ablehnen. Zudem sehen sie sich wie viele in der Gefahr, von den Initiatoren um Philosoph Dr. Urs Lindner "in die rechte Ecke der Rassisten und Huldiger von Sklaverei und Kolonialismus gestellt zu werden" (Thüringer Allgemeine, 19.08.2020). Während Grüne und Linke die Inititive unterstützen, plädiert die CDU mit Freien Wählern, Piraten und FDP ebenso wie die Anlieger-Vertretung für die Beibehaltung des Namens und die Ehrung Schramms durch eine Neubenennung. Letzterem hat sich auch Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) angeschlossen. Dass in der regionalen Presse die Befürworter einer Umbenennung den Ton angeben, spiegelt weder den breiten Diskurs in der Fachwelt, noch die Haltung in der Bürgerschaft.
Siehe: Geschichte der Erfurter Straßennamen, Mohrengasse, Podcast HOLLITZER TRIFFT (25.09.2020)
Thüringer Allgemeine vom 28.07.2020 und 07.07.2020 (zum Lesen anklicken):