FC Rot Weiss Erfurt: Unterschied zwischen den Versionen

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'''1966 gegr. Fußballclub mit Tradition seit 1895 (Sportclub, Turbine) , Heimstätte: [[Steigerwaldstadion Erfurt|Steigerwaldstadion]]'''
'''Der Erfurter Fußball blickt auf eine lange Tradition bis zum SC Erfurt 1895 zurück. 1954 und 1955 wurde Turbine Erfurt DDR-Meister. Die Fans des 1966 gegründeten FC Rot-Weiß Erfurt sind ihrem Club trotz aller Höhen und Tiefen treu geblieben.'''


'''1954 und 1955 DDR-Meister; 1991, 2004 Aufstieg in die 2. Bundesliga; 1991 Teilnahme am UEFA-Cup'''


[[Datei:RWE.Logo.Jubilaeum2026.jpg|270px|right]]Die Vorläufer des FC Rot-Weiß Erfurt reichen zurück bis zum 1895 gegründete Erfurter Kricket Club. Bereits 1896 in '''[[Sport Club Erfurt 1895|Sport-Club Erfurt 1895]]''' umbenannt, entwickelte sich der S.C.E. zum erfolgreichsten Fußballclub Erfurts. 1900 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern des DFB in Leipzig. Von 1903 bis 1910 holte der SC die Gaumeisterschaft von Thüringen, 1909 sogar die Mitteldeutsche Meisterschaft. Erst im Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft unterlag man Titelträger FC Phönix Karlsruhe mit 1:9. Bis in die frühen 1940er-Jahre spielte der SCE eine wichtige Rolle. Ein tiefer Einschnitt war die Auflösung aller „bürgerlichen“ Sportvereine in der Sowjetischen Besatzungszone 1945. Die Tradition des S.C.E. ging zunächst auf die SG Erfurt-West über. Rasch etablierte sich der Erfurter Fußball im ostdeutschen Spitzenfeld. 1949 erreichte der Verein als SG Fortuna Erfurt das Ostzonenfinale gegen Union Halle (1:4), 1950 verlor man als BSG KWU Erfurt das Endspiel um den FDGB-Pokal gegen EHW Thale (0:4). 1951 musste die jetzige BSG Turbine Erfurt als Oberliga-Spitzenreiter in ein umstrittenes Entscheidungsspiel um die DDR-Meisterschaft, das sie gegen Chemie Leipzig 0:2 verlor.


[[Datei:RWELogo.png|200px|right]]Erster Vorläufer des FC RWE war der 1895 gegründete Erfurter Kricket Club. Bereits 1896 in '''Sportclub Erfurt''' umbenannt, entwickelte sich der gutbürgerliche SCE mit seinem Stadion an der Cyriaksburg (heutiges egapark-Gelände) zum erfolgreichsten Fußballclub Erfurts. 1900 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern des DFB in Leipzig. Von 1903 bis 1910 holte der SC die Gaumeisterschaft von Thüringen bzw. Nordthüringen, 1908/09 sogar die Mitteldeutsche Meisterschaft. Erst im Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft unterlag man dem späteren Titelträger FC Phönix Karlsruhe mit 1:9. Bis 1930 konnte noch mehrfach die Gaumeisterschaft und Thüringer Meisterschaft errungen werden, zu einem Sieg in der Mitteldeutschen Meisterschaft reichte es jedoch nicht mehr. Nach 1933 spielte der Verein sieben Jahre in der damals höchsten Spielklasse, der Gauliga.  
Am 11. April 1954 erfüllte sich dann der lange gehegte Wunsch. Turbine konnte nach einem 2:0 über Wismut Aue vor über 40.000 Zuschauern im '''[[Steigerwaldstadion Erfurt|Georgij-Dimitroff-Stadion]]''', der heutigen Arena Steigerwaldstadion, den Gewinn der '''[[DDR Meisterschaft Fussball 1954 Turbine Erfurt RWE|DDR-Meisterschaft]]''' feiern. Torschützenkönig wurde Stürmer Siegfried Vollrath. Auch die Namen seiner Mitspieler haben noch immer einen guten Klang: Kapitän Helmut Nordhaus, Gerhard Francke, Georg Rosbigalle, Jochen Müller oder Lothar Weise. Der Vater des Titels war Trainer Hans Carl, der als universeller Spieler über 700 Einsätze als Torwart, Verteidiger, Mittelläufer und Stürmer für den SCE absolviert hatte. Ein Jahr später gelang der in SC Turbine Erfurt umbenannten Mannschaft noch einmal die Titelverteidigung. Das waren die größten Erfolge der Vereinsgeschichte, an die der Stern mit der 2 über dem Vereinslogo auf den Trikots unserer Kicker bis heute erinnert.  


1946 wurden in der Sowjetischen Besatzungszone alle bürgerlichen Sportvereine aufgelöst. Die Tradition ging zunächst auf die '''SG Erfurt-West''' über. Rasch etablierte sich der Erfurter Fußball im ostdeutschen Spitzenfeld. 1949 erreichte der Verein unter dem neuen Namen '''Fortuna Erfurt''' das Ostzonenfinale. 1950 verlor man als '''KWU Erfurt''' (Kommunales Wirtschaftsunternehmen) erneut das Finalspiel. 1951 erreichte die jetzige '''BSG Turbine Erfurt''' (Betriebssportgemeinschaft) das Entscheidungsspiel um die DDR-Meisterschaft, das sie gegen Chemie Leipzig 0:2 verlor.  
Am 26. Januar 1966 wurde aus Turbine der FC Rot-Weiß Erfurt. Trotz der privilegierten Einstufung als einer der Fußballclubs, die das internationale Niveau des DDR-Fußballs heben sollten, blieb man im Schatten der Clubs in Ostberlin, Dresden, Jena, Magdeburg und Leipzig. Die Mannschaft der 1980er-Jahre um das Sturmtrio Jürgen Heun, Martin Busse und Armin Romstedt begeisterte allerdings ihre Fans mit erfrischendem Offensivfußball und ärgerte vor allem im heimischen Stadion viele der Großen. Zudem erreichte man nach 1950 noch einmal das FDGB-Pokalfinale. Das ging jedoch am 17. Mai 1980 in Ostberlin gegen Thüringenderby-Rivalen Carl Zeiss Jena mit 1:3 n. V. verloren. Im europäischen Intertoto-Cup gelangen dem Gruppensieger 1984 und 1985 einige spektakuläre Siege, wie das 6:1 gegen Fortuna Düsseldorf am 6. Juni 1985. Das erklärte Ziel einer Teilnahme am UEFA-Pokal wurde jedoch bis zum Ende der DDR nicht erreicht. Am knappsten war es in der Saison 1982/83, als man als Tabellenfünfter punktgleich mit Lok Leipzig nur durch das schlechtere Torverhältnis die Qualifikation verpasste.  


Am 11. April 1954 erfüllte sich endlich der lange gehegte Wunsch. Nach mehreren knapp gescheiterten Anläufen konnte die BSG Turbine Erfurt nach einem 2:0 über die BSG Wismut Aue vor über 40.000 Zuschauern im Georgij-Dimitroff-Stadion den Gewinn der Meisterschaft in der DDR-Oberliga feiern. Mit 39:17 Punkten verwies man nach 28 Spieltagen die beiden härtesten Rivalen der Vorjahre auf die Plätze: BSG Chemie Leipzig (35:21) und SG Dynamo Dresden (34:22). Torschützenkönig wurde zudem der beliebte Erfurter Stürmer Siegfried Vollrath. Auch die Namen seiner Mitspieler haben noch immer bei traditionsbewussten Fans einen guten Klang: Heinz Grünbeck, Wilhelm Hoffmeyer, Helmut Nordhaus, Gerhard „Eddi“ Francke, Georg Rosbigalle, Jochen Müller oder Lothar Weise. Der Vater des Titels war Trainer Hans Carl. Ein Jahr später gelang der jetzt in '''SC Turbine Erfurt''' umbenannten Mannschaft noch einmal die Titelverteidigung.
Nach 1990 ging es für RWE im vereinten Fußballdeutschland wie für viele Traditionsclubs des Ostens bergab. Zwar konnte man sich am 25. Mai 1991 im letzten Oberliga-Spiel gegen Stahl Brandenburg (2:1) als Tabellendritter für die 2. Bundesliga qualifizieren, stieg aber sofort wieder ab. Der 13. August 1991 bildet dabei einen der Tiefpunkte der jüngeren Vereinsgeschichte. Der spätere Erfolgstrainer Jürgen Klopp erzielte beim 5:0 des 1. FSV Mainz 05 in Erfurt vier Tore – Presseschlagzeile: "Von Klopp gab‘s Kloppe". Immerhin konnten sich die Fans über die bisher einzige Teilnahme am UEFA-Pokal 1991 freuen: 1:0 (A 18.09.) und 1:0 (H 02.10.) gegen FC Groningen, 1:2 (H 23.10.) und 0:3 (A 06.11.) gegen Ajax Amsterdam. Noch einmal gelang der Elf um Trainer René Müller und Stürmer Ronny "Fußballgott" Hebestreit am 29. Mai 2004 gegen den 1. FC Saarbrücken (2:1) der umjubelte Aufstieg in die 2. Bundesliga, aus der man aber postwendend in die drittklassige Regionalliga zurückkehrte. 2008 Gründungsmitglied der neuen Dritten Liga, stieg der „Drittliga-Dino“ 2018 ab und ging in Insolvenz. In der Winterpause 2019/20 musste er sogar die 1. Mannschaft aus der viertklassigen Regionalliga abmelden. Da half auch der Umbau des Steigerwaldstadions zur modernen '''[[Multifunktionsarena Erfurt|Multifunktionsarena]]''' 2016 nichts.  


An diese großen Erfolge konnte jedoch später nicht angeknüpft werden. Der Club stieg sogar mehrfach in die 2. Liga ab (1959, 1964, 1966, 1970). Am 26. Januar 1966 wurde schließlich der '''FC Rot-Weiß Erfurt''' gegründet, womit die ständigen Namensänderungen ein Ende fanden. Trotz dieser privilegierten Einstufung als Fußballclub mit der Strukturreform 1965/66 stand man bis zum Ende der DDR im Schatten der großen DDR-Clubs in Berlin, Dresden, Jena, Magdeburg oder Leipzig. Auch die mit erfrischendem Offensivfußball überzeugende Mannschaft der 1980er Jahre, zu der etwa der "Wundersturm" mit Jürgen Heun, Martin Busse und Armin Romstedt gehörte, verfehlte stets ihr Ziel einer Teilnahme am Europapokal.
2020 fand ein Neustart in der fünftklassigen Oberliga statt. Verantwortlich für die seriöse Entwicklung mit Blick auf die wirtschaftlichen Möglichkeiten zeichnen seither als Manager und Trainer das Vater-Sohn-Duo Franz und Fabian Gerber. Nach coronabedingtem Saisonabbruch 2021 gelang in einer absoluten Rekordsaison (78 Punkte und 103:16 Tore in 29 Spielen) am 15. Mai 2022 gegen Einheit Wernigerode (5:1) der umjubelte Wiederaufstieg in die Regionalliga. 2023 konnte das Insolvenzverfahren erfolgreich abgeschlossen werden. Die Fans, aktiv vertreten von einem '''[[Fanrat RWE|Fanrat]]''', sind bei allem Auf und Ab ihrem Club immer treu geblieben – frei nach dem Motto aus der RWE-Hymne: „Wir steh‘n zu dir, weil‘s weitergeht!“ Die erfolgreiche Saison 2022/23 mit einem 3. Platz gibt ihnen dabei ebenso Recht, wie die durchwachsene Spielzeit 2023/24. 2024/25 wurde die Mannschaft erneut starker Tabellendritter und Thüringens Nummer 1. Die 3:1-Siege in den Derbys gegen Jena vor mehr als 15.000 Zuschauern am 8. April und 28. November 2025 waren emotionale Höhepunkte der jüngeren Vereinsgeschichte. 2026 begeht der Club mit einem umfangreichen '''[https://m.rwe1966.de/Aktuelles/Aktuelle-News/Ein-Verein-Eine-Stadt-Ein-Jubilaeum.html Jubiläumsprogramm]''' sein 60. Gründungsjubiläum im Bewusstsein von mehr als 130 Jahren Tradition.  


Nach der deutschen Wiedervereinigung 1990 ging es für Rot-Weiß wie für fast alle DDR-Traditionsclubs bergab. Zwar konnte man sich 1991 für die 2. Bundesliga qualifizieren, stieg aber ebenso wie nach dem erneuten Aufstieg 2004 sofort wieder ab. Am 13. August 1991 erlebte die Mannschaft einen der Tiefpunkte, als der spätere Erfolgstrainer '''[[Juergen Klopp Erfurt 1991|Jürgen Klopp]]''' vier Tore beim 5:0 des 1. FSV Mainz 05 in Erfurt erzielte. 1991 nahm RWE als Drittplatzierter der letzten Oberliga-Saison das erste und bisher einzige mal am UEFA-Pokal teil (1:0/1:0 FC Groningen, 1:2/0:3 Ajax Amsterdam).
('''[[Steffen Rassloff|Dr. Steffen Raßloff]]''')  


Seit 2008 spielte der Club in der neu gebildeten gesamtdeutschen Dritten Liga. Der "Drittliga-Dino" blieb bis 2018 der einzige Club, der kontinuierlich seit der Gründung in der Liga spielte.  2011 und 2012 kämpfte man bis in die Schlussphase der Saison um den Aufstieg mit, seither ging der Blick eher nach unten. Am Ende der Saison 2017/18 standen die Insolvenz und der Abstieg aus der Dritten Liga in die Regionalliga Nordost. Zwischen 1994 und 2017 gewann die Mannschaft zehn mal den Landespokal von Thüringen.


2012 hat der Erfurter Stadtrat den Umbau des heimischen Steigerwaldstadions zur modernen '''[[Multifunktionsarena Erfurt|Multifunktionsarena]]''' beschlossen, wofür das Thüringer Wirtschaftsministerium Fördermittel akquiriert hat. 2016 ging die Arena - dank der Mediengruppe Thüringen unter dem Traditionsnamen Steigerwaldstadion - in Betrieb. Damit verbessern sich sowohl für die Fußballer von RWE, als auch für die Aktiven von Olympiastützpunkt, Sportgymnasium und Vereinen die Rahmenbedingungen erheblich ''(Abb.: Vereinslogo FC RWE seit 1986)''
'''Lesetipps:'''


('''[[Steffen Raßloff|Dr. Steffen Raßloff]]''')  
Steffen Raßloff / Michael Kummer: '''(Mehr als ...) 60 Jahre Leidenschaft: Die Geschichte des FC Rot-Weiß Erfurt.''' In: '''[[1966er 60 Jahre RWE 2026|Sechzig Jahre FC RWE 1966-2026.]]''' (Sonderausgabe des Magazins 1966er, erscheint am 10. Januar 2026), S. 9-25.


Michael Kummer: '''[[111_Gruende_Rot_Weiss_Erfurt_zu_lieben|111 Gründe, Rot-Weiß Erfurt zu lieben.]]''' Berlin 2016.


'''> [[Statistik RWE|Platzierungen und Erfolge seit 1949]]'''
Michael Kummer: '''Die ungleichen Bedingungen des FC Rot-Weiß Erfurt und FC Carl Zeiss Jena in der DDR.''' Eisenach 2012.


'''> [http://www.rot-weiss-erfurt.de/rwe.php Homepage des FC Rot-Weiß Erfurt]'''
Steffen Raßloff: '''Höhen und Tiefen. Die Fußballstadt Erfurt.''' In: '''[[Erfurt 55 Highlights aus der Geschichte|Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte]].''' Erfurt 2021 (2. Auflage 2025). S. 102 f.


Steffen Raßloff / Michael Kummer: '''[https://www.rwe1966.de/Vereinsgeschichte/Ueberblick.html Geschichte des Erfurter Fußballs auf der RWE-Homepage]'''


'''Lesetipp:'''


Michael Kummer: '''[[111 Gruende Rot Weiss Erfurt zu lieben|111 Gründe, Rot-Weiß Erfurt zu lieben]]'''. Berlin 2016.
Siehe auch: '''[[Statistik RWE|Platzierungen und Erfolge seit 1949]]''', '''[https://www.rot-weiss-erfurt.de/ FC Rot-Weiß Erfurt]''', '''[https://m.rwe1966.de/Aktuelles/Aktuelle-News/Ein-Verein-Eine-Stadt-Ein-Jubilaeum.html Programm 60. Gründungsjubiläum 2026]''', '''[https://m.rwe1966.de/Vereinsstruktur/Vereinsgremien/Ehrenrat.html RWE-Ehrenrat]''' (Gremium zur Traditionspflege), '''[[Sportstadt Erfurt]]''', '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]'''
 
 
Siehe auch: '''[[Steigerwaldstadion Erfurt|Steigerwaldstadion]]''', '''[[Multifunktionsarena Erfurt|Multifunktionsarena]]''', '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]'''

Aktuelle Version vom 4. Dezember 2025, 12:58 Uhr

FC Rot-Weiß Erfurt

Der Erfurter Fußball blickt auf eine lange Tradition bis zum SC Erfurt 1895 zurück. 1954 und 1955 wurde Turbine Erfurt DDR-Meister. Die Fans des 1966 gegründeten FC Rot-Weiß Erfurt sind ihrem Club trotz aller Höhen und Tiefen treu geblieben.


RWE.Logo.Jubilaeum2026.jpg

Die Vorläufer des FC Rot-Weiß Erfurt reichen zurück bis zum 1895 gegründete Erfurter Kricket Club. Bereits 1896 in Sport-Club Erfurt 1895 umbenannt, entwickelte sich der S.C.E. zum erfolgreichsten Fußballclub Erfurts. 1900 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern des DFB in Leipzig. Von 1903 bis 1910 holte der SC die Gaumeisterschaft von Thüringen, 1909 sogar die Mitteldeutsche Meisterschaft. Erst im Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft unterlag man Titelträger FC Phönix Karlsruhe mit 1:9. Bis in die frühen 1940er-Jahre spielte der SCE eine wichtige Rolle. Ein tiefer Einschnitt war die Auflösung aller „bürgerlichen“ Sportvereine in der Sowjetischen Besatzungszone 1945. Die Tradition des S.C.E. ging zunächst auf die SG Erfurt-West über. Rasch etablierte sich der Erfurter Fußball im ostdeutschen Spitzenfeld. 1949 erreichte der Verein als SG Fortuna Erfurt das Ostzonenfinale gegen Union Halle (1:4), 1950 verlor man als BSG KWU Erfurt das Endspiel um den FDGB-Pokal gegen EHW Thale (0:4). 1951 musste die jetzige BSG Turbine Erfurt als Oberliga-Spitzenreiter in ein umstrittenes Entscheidungsspiel um die DDR-Meisterschaft, das sie gegen Chemie Leipzig 0:2 verlor.

Am 11. April 1954 erfüllte sich dann der lange gehegte Wunsch. Turbine konnte nach einem 2:0 über Wismut Aue vor über 40.000 Zuschauern im Georgij-Dimitroff-Stadion, der heutigen Arena Steigerwaldstadion, den Gewinn der DDR-Meisterschaft feiern. Torschützenkönig wurde Stürmer Siegfried Vollrath. Auch die Namen seiner Mitspieler haben noch immer einen guten Klang: Kapitän Helmut Nordhaus, Gerhard Francke, Georg Rosbigalle, Jochen Müller oder Lothar Weise. Der Vater des Titels war Trainer Hans Carl, der als universeller Spieler über 700 Einsätze als Torwart, Verteidiger, Mittelläufer und Stürmer für den SCE absolviert hatte. Ein Jahr später gelang der in SC Turbine Erfurt umbenannten Mannschaft noch einmal die Titelverteidigung. Das waren die größten Erfolge der Vereinsgeschichte, an die der Stern mit der 2 über dem Vereinslogo auf den Trikots unserer Kicker bis heute erinnert.

Am 26. Januar 1966 wurde aus Turbine der FC Rot-Weiß Erfurt. Trotz der privilegierten Einstufung als einer der Fußballclubs, die das internationale Niveau des DDR-Fußballs heben sollten, blieb man im Schatten der Clubs in Ostberlin, Dresden, Jena, Magdeburg und Leipzig. Die Mannschaft der 1980er-Jahre um das Sturmtrio Jürgen Heun, Martin Busse und Armin Romstedt begeisterte allerdings ihre Fans mit erfrischendem Offensivfußball und ärgerte vor allem im heimischen Stadion viele der Großen. Zudem erreichte man nach 1950 noch einmal das FDGB-Pokalfinale. Das ging jedoch am 17. Mai 1980 in Ostberlin gegen Thüringenderby-Rivalen Carl Zeiss Jena mit 1:3 n. V. verloren. Im europäischen Intertoto-Cup gelangen dem Gruppensieger 1984 und 1985 einige spektakuläre Siege, wie das 6:1 gegen Fortuna Düsseldorf am 6. Juni 1985. Das erklärte Ziel einer Teilnahme am UEFA-Pokal wurde jedoch bis zum Ende der DDR nicht erreicht. Am knappsten war es in der Saison 1982/83, als man als Tabellenfünfter punktgleich mit Lok Leipzig nur durch das schlechtere Torverhältnis die Qualifikation verpasste.

Nach 1990 ging es für RWE im vereinten Fußballdeutschland wie für viele Traditionsclubs des Ostens bergab. Zwar konnte man sich am 25. Mai 1991 im letzten Oberliga-Spiel gegen Stahl Brandenburg (2:1) als Tabellendritter für die 2. Bundesliga qualifizieren, stieg aber sofort wieder ab. Der 13. August 1991 bildet dabei einen der Tiefpunkte der jüngeren Vereinsgeschichte. Der spätere Erfolgstrainer Jürgen Klopp erzielte beim 5:0 des 1. FSV Mainz 05 in Erfurt vier Tore – Presseschlagzeile: "Von Klopp gab‘s Kloppe". Immerhin konnten sich die Fans über die bisher einzige Teilnahme am UEFA-Pokal 1991 freuen: 1:0 (A 18.09.) und 1:0 (H 02.10.) gegen FC Groningen, 1:2 (H 23.10.) und 0:3 (A 06.11.) gegen Ajax Amsterdam. Noch einmal gelang der Elf um Trainer René Müller und Stürmer Ronny "Fußballgott" Hebestreit am 29. Mai 2004 gegen den 1. FC Saarbrücken (2:1) der umjubelte Aufstieg in die 2. Bundesliga, aus der man aber postwendend in die drittklassige Regionalliga zurückkehrte. 2008 Gründungsmitglied der neuen Dritten Liga, stieg der „Drittliga-Dino“ 2018 ab und ging in Insolvenz. In der Winterpause 2019/20 musste er sogar die 1. Mannschaft aus der viertklassigen Regionalliga abmelden. Da half auch der Umbau des Steigerwaldstadions zur modernen Multifunktionsarena 2016 nichts.

2020 fand ein Neustart in der fünftklassigen Oberliga statt. Verantwortlich für die seriöse Entwicklung mit Blick auf die wirtschaftlichen Möglichkeiten zeichnen seither als Manager und Trainer das Vater-Sohn-Duo Franz und Fabian Gerber. Nach coronabedingtem Saisonabbruch 2021 gelang in einer absoluten Rekordsaison (78 Punkte und 103:16 Tore in 29 Spielen) am 15. Mai 2022 gegen Einheit Wernigerode (5:1) der umjubelte Wiederaufstieg in die Regionalliga. 2023 konnte das Insolvenzverfahren erfolgreich abgeschlossen werden. Die Fans, aktiv vertreten von einem Fanrat, sind bei allem Auf und Ab ihrem Club immer treu geblieben – frei nach dem Motto aus der RWE-Hymne: „Wir steh‘n zu dir, weil‘s weitergeht!“ Die erfolgreiche Saison 2022/23 mit einem 3. Platz gibt ihnen dabei ebenso Recht, wie die durchwachsene Spielzeit 2023/24. 2024/25 wurde die Mannschaft erneut starker Tabellendritter und Thüringens Nummer 1. Die 3:1-Siege in den Derbys gegen Jena vor mehr als 15.000 Zuschauern am 8. April und 28. November 2025 waren emotionale Höhepunkte der jüngeren Vereinsgeschichte. 2026 begeht der Club mit einem umfangreichen Jubiläumsprogramm sein 60. Gründungsjubiläum im Bewusstsein von mehr als 130 Jahren Tradition.

(Dr. Steffen Raßloff)


Lesetipps:

Steffen Raßloff / Michael Kummer: (Mehr als ...) 60 Jahre Leidenschaft: Die Geschichte des FC Rot-Weiß Erfurt. In: Sechzig Jahre FC RWE 1966-2026. (Sonderausgabe des Magazins 1966er, erscheint am 10. Januar 2026), S. 9-25.

Michael Kummer: 111 Gründe, Rot-Weiß Erfurt zu lieben. Berlin 2016.

Michael Kummer: Die ungleichen Bedingungen des FC Rot-Weiß Erfurt und FC Carl Zeiss Jena in der DDR. Eisenach 2012.

Steffen Raßloff: Höhen und Tiefen. Die Fußballstadt Erfurt. In: Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2021 (2. Auflage 2025). S. 102 f.

Steffen Raßloff / Michael Kummer: Geschichte des Erfurter Fußballs auf der RWE-Homepage


Siehe auch: Platzierungen und Erfolge seit 1949, FC Rot-Weiß Erfurt, Programm 60. Gründungsjubiläum 2026, RWE-Ehrenrat (Gremium zur Traditionspflege), Sportstadt Erfurt, Geschichte der Stadt Erfurt