70 Jahre Kriegsende 1945: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Ausgewählte [[Serien zur Erfurter Stadt- und Kulturgeschichte|Beiträge]] aus der Thüringer Allgemeine von [[Steffen Raßloff|Dr. Steffen Raßloff]] (2015)'''
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[[Datei:JohannesstraßeUSA.jpg|410px|right]][[Datei:Angereck1946.jpg|410px|right]]
[[Datei:JohannesstraßeUSA.jpg|400px|right]]Das Jahr 1945 begann mit den stereotypen Aufrufen der NS-Machthaber, den Terrorangriffen der Angloamerikaner aus der Luft zu trotzen und auf den „Endsieg“ zu vertrauen. Die Realität gab hierfür wenig Anlass. Der Krieg hatte auch den Erfurtern schon einiges an Opfern abverlangt. Viel Elend sollte noch in den dreieinhalb Monaten bis zur Einnahme durch die US-Army am 12. April folgen. Zwar stimmt es, dass Erfurt vergleichsweise „glimpflich“ davongekommen ist. Der Zerstörungsgrad lag bei 5 Prozent, deutlich niedriger als in den meisten anderen Großstädten. Hierfür hatten nicht zuletzt die Amerikaner gesorgt. Sie waren so schnell auf Erfurt zumarschiert, dass ein für den 4. April geplanter mörderischer Luftangriff noch in letzter Minute gestoppt wurde.  
Das Jahr 1945 begann mit den stereotypen Aufrufen der NS-Machthaber, den Terrorangriffen der Angloamerikaner aus der Luft zu trotzen und auf den „Endsieg“ zu vertrauen. Die Realität gab hierfür wenig Anlass. Der Krieg hatte auch den Erfurtern schon einiges an Opfern abverlangt. Viel Elend sollte noch in den dreieinhalb Monaten bis zur Einnahme durch die US-Army am 12. April folgen. Zwar stimmt es, dass Erfurt vergleichsweise „glimpflich“ davongekommen ist. Der Zerstörungsgrad lag bei 5 Prozent, deutlich niedriger als in den meisten anderen Großstädten. Hierfür hatten nicht zuletzt die Amerikaner gesorgt. Sie waren so schnell auf Erfurt zumarschiert, dass ein für den 4. April geplanter mörderischer Luftangriff noch in letzter Minute gestoppt wurde.  


Dennoch forderten der Luftkrieg und die Kämpfe unmittelbar zu Kriegsende in Erfurt über 1600 Menschen das Leben. Ungezählt sind die körperlichen und seelischen Verletzungen der Überlebenden. Den Zerstörungen fielen neben Wohnungen, öffentlichen Gebäuden, Infrastruktur und Betrieben auch wertvolle Kulturdenkmale zum Opfer. Einige von ihnen, wie die Barfüßerkirche, sind bis heute Ruine geblieben. Andere wurden, wie das Collegium maius und Teile des Augustinerklosters, erst vor wenigen Jahren wieder aufgebaut.  
Dennoch forderten der Luftkrieg und die Kämpfe unmittelbar zu Kriegsende in Erfurt über 1600 Menschen das Leben. Ungezählt sind die körperlichen und seelischen Verletzungen der Überlebenden. Den Zerstörungen fielen neben Wohnungen, öffentlichen Gebäuden, Infrastruktur und Betrieben auch wertvolle Kulturdenkmale zum Opfer. Einige von ihnen, wie die Barfüßerkirche, sind bis heute Ruine geblieben. Andere wurden, wie das Collegium maius und Teile des Augustinerklosters, erst vor wenigen Jahren wieder aufgebaut.  


Über Jahre prägte der Luftkrieg den Alltag der Menschen. Seit 1944 mussten sie immer häufiger die oft unzulänglichen Luftschutzkeller aufsuchen. Das Stadtbild wurde von Militär, Rüstungsbetrieben, Flakstellungen, Löschwasserbecken, Bunkern und immer mehr Ruinen verändert. Die Ernährungslage wurde immer schwieriger, das Kulturleben kam schließlich völlig zum Erliegen. Fast vergessen sind die tausende von Evakuierten, Flüchtlingen, Vertriebenen und Zwangsarbeiter. Sie hatten die Einwohnerzahl von rund 160.000 zu Kriegsbeginn auf über 200.000 anwachsen lassen.
Über Jahre prägte der Luftkrieg den Alltag der Menschen. Seit 1944 mussten sie immer häufiger die oft unzulänglichen Luftschutzkeller aufsuchen. Das Stadtbild wurde von Militär, Rüstungsbetrieben, Flakstellungen, Löschwasserbecken, Bunkern und immer mehr Ruinen verändert. Die Ernährungslage wurde immer schwieriger, das Kulturleben kam schließlich völlig zum Erliegen. Fast vergessen sind die tausende von Evakuierten, Flüchtlingen, Vertriebenen und Zwangsarbeiter. Sie hatten die Einwohnerzahl von rund 160.000 zu Kriegsbeginn auf über 200.000 anwachsen lassen. Vor diesem Hintergrund hat man nach 1945 immer wieder gefragt, warum die Deutschen in ihrer großen Mehrheit bis zum bitteren Ende das NS-Regime mitgetragen haben – und sei es nur durch seine passive Hinnahme. Auch in Erfurt kam es nach anfänglichen Aktionen insbesondere der Kommunisten kaum zu offenem Widerstand. Als eine Symbolfigur des antifaschistischen Widerstandskampfes wurde in der DDR der Erfurter Lehrer, Historiker und KPD-Funktionär Dr. Theodor Neubauer verehrt. Sein Denkmal steht noch immer auf dem Campus der Universität an der Nordhäuser Straße, die einst als Pädagogische Hochschule seinen Namen trug. (Foto: US-Truppen am 12. April 1945 in der Johannesstraße, Stadtarchiv Erfurt)


Vor diesem Hintergrund hat man nach 1945 immer wieder gefragt, warum die Deutschen in ihrer großen Mehrheit bis zum bitteren Ende das NS-Regime mitgetragen haben – und sei es nur durch seine passive Hinnahme. Auch in Erfurt kam es nach anfänglichen Aktionen insbesondere der Kommunisten kaum zu offenem Widerstand. Als eine Symbolfigur des antifaschistischen Widerstandskampfes wurde in der DDR der Erfurter Lehrer, Historiker und KPD-Funktionär Dr. Theodor Neubauer verehrt. Sein Denkmal steht noch immer auf dem Campus der Universität an der Nordhäuser Straße, die einst als Pädagogische Hochschule seinen Namen trug. (Fotos: US-Truppen am 12. April 1945 in der Johannesstraße, zerstörtes Angereck 1946, Stadtarchiv Erfurt)


'''>''' '''[[NS-Herrschaft 1933-1945]]''' '''>''' '''[[Luftkrieg Luftschutzkeller Stadtmuseum|Luftkrieg/Luftschutzkeller Stadtmuseum]]''' '''>''' '''[[Feuerzangenbowle Kino Kultur Kriegsende 1945|Feuerzangenbowle/Kino/Kultur]]''' '''>''' '''[[Widerstand NS Theo Neubauer|Widerstand/Theo Neubauer]]''' '''>''' '''[[Luftkrieg Kulturdenkmale|Zerstörte Kulturdenkmale]]''' '''>''' '''[[NS-Architektur in Erfurt|NS-Architektur/regionales Machtzentrum]]''' '''>''' '''[[Tragödie Augustinerkloster 25. Februar 1945]]''' '''>''' '''[[Ende der Preußenzeit 1945]]''' '''>''' '''[[Einwohner Fluechtlinge Kriegsende 1945|Einwohnerentwicklung 1945]]''' '''>''' '''[[Garnison Erfurt 1935-1945]]''' '''>''' '''[[Rüstung in Erfurt 1935-1945]]''' '''>''' '''[[Volkssturm|Volkssturm in Erfurt 1944/45]]''' '''>''' '''[[Verhinderter Luftangriff 4. April 1945]]''' '''>''' '''[[Kriegsende 12. April 1945]]''' '''>''' '''[[Besatzerwechsel Amerikaner Russen 1945|Besatzerwechsel 1945]]'''


'''>''' '''[[NS-Herrschaft 1933-1945]]'''


'''>''' '''[[Luftkrieg Luftschutzkeller Stadtmuseum|Luftkrieg/Luftschutzkeller Stadtmuseum]]'''
'''Lesetipps:'''


'''>''' '''[[Feuerzangenbowle Kino Kultur Kriegsende 1945|Feuerzangenbowle/Kino/Kultur]]'''
Steffen Raßloff: '''Das Wunder von Erfurt. Erfurt und der Luftkrieg''' In: '''[[Erfurt 55 Highlights aus der Geschichte|Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte]].''' Erfurt 2021. S. 98 f.


'''>''' '''[[Widerstand NS Theo Neubauer|Widerstand/Theo Neubauer]]'''
Steffen Raßloff: '''[[Der "Mustergau" Thüringen im Nationalsozialismus|Der "Mustergau". Thüringen zur Zeit des Nationalsozialismus]]'''. München 2015.


'''>''' '''[[Luftkrieg Kulturdenkmale|Zerstörte Kulturdenkmale]]'''
Steffen Raßloff: '''[[Erfurt im Nationalsozialismus|Verführung und Gewalt. Erfurt im Nationalsozialismus]]'''. In: Stadt und Geschichte 24 (2004). S. 3-5.
 
'''>''' '''[[NS-Architektur|NS-Architektur/regionales Machtzentrum]]'''
 
 
Lesetipp:
 
'''Steffen Raßloff: [[Der "Mustergau" Thüringen im Nationalsozialismus|Der "Mustergau". Thüringen zur Zeit des Nationalsozialismus]]'''. München 2015.




Siehe auch: '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]''', '''[[Erfurt im Nationalsozialismus]]'''
Siehe auch: '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]''', '''[[Erfurt im Nationalsozialismus]]'''

Aktuelle Version vom 1. Oktober 2022, 10:19 Uhr

70 Jahre Kriegsende 1945

Ausgewählte Beiträge aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (2015)


Ein Ende mit Schrecken

70 Jahre Kriegsende: Vor sieben Jahrzehnten näherte sich auch in Erfurt der Zweite Weltkrieg dem Ende, der in den letzten Monaten noch einmal große Opfer forderte. (TA vom 03.01.2015)


JohannesstraßeUSA.jpg

Das Jahr 1945 begann mit den stereotypen Aufrufen der NS-Machthaber, den Terrorangriffen der Angloamerikaner aus der Luft zu trotzen und auf den „Endsieg“ zu vertrauen. Die Realität gab hierfür wenig Anlass. Der Krieg hatte auch den Erfurtern schon einiges an Opfern abverlangt. Viel Elend sollte noch in den dreieinhalb Monaten bis zur Einnahme durch die US-Army am 12. April folgen. Zwar stimmt es, dass Erfurt vergleichsweise „glimpflich“ davongekommen ist. Der Zerstörungsgrad lag bei 5 Prozent, deutlich niedriger als in den meisten anderen Großstädten. Hierfür hatten nicht zuletzt die Amerikaner gesorgt. Sie waren so schnell auf Erfurt zumarschiert, dass ein für den 4. April geplanter mörderischer Luftangriff noch in letzter Minute gestoppt wurde.

Dennoch forderten der Luftkrieg und die Kämpfe unmittelbar zu Kriegsende in Erfurt über 1600 Menschen das Leben. Ungezählt sind die körperlichen und seelischen Verletzungen der Überlebenden. Den Zerstörungen fielen neben Wohnungen, öffentlichen Gebäuden, Infrastruktur und Betrieben auch wertvolle Kulturdenkmale zum Opfer. Einige von ihnen, wie die Barfüßerkirche, sind bis heute Ruine geblieben. Andere wurden, wie das Collegium maius und Teile des Augustinerklosters, erst vor wenigen Jahren wieder aufgebaut.

Über Jahre prägte der Luftkrieg den Alltag der Menschen. Seit 1944 mussten sie immer häufiger die oft unzulänglichen Luftschutzkeller aufsuchen. Das Stadtbild wurde von Militär, Rüstungsbetrieben, Flakstellungen, Löschwasserbecken, Bunkern und immer mehr Ruinen verändert. Die Ernährungslage wurde immer schwieriger, das Kulturleben kam schließlich völlig zum Erliegen. Fast vergessen sind die tausende von Evakuierten, Flüchtlingen, Vertriebenen und Zwangsarbeiter. Sie hatten die Einwohnerzahl von rund 160.000 zu Kriegsbeginn auf über 200.000 anwachsen lassen. Vor diesem Hintergrund hat man nach 1945 immer wieder gefragt, warum die Deutschen in ihrer großen Mehrheit bis zum bitteren Ende das NS-Regime mitgetragen haben – und sei es nur durch seine passive Hinnahme. Auch in Erfurt kam es nach anfänglichen Aktionen insbesondere der Kommunisten kaum zu offenem Widerstand. Als eine Symbolfigur des antifaschistischen Widerstandskampfes wurde in der DDR der Erfurter Lehrer, Historiker und KPD-Funktionär Dr. Theodor Neubauer verehrt. Sein Denkmal steht noch immer auf dem Campus der Universität an der Nordhäuser Straße, die einst als Pädagogische Hochschule seinen Namen trug. (Foto: US-Truppen am 12. April 1945 in der Johannesstraße, Stadtarchiv Erfurt)


> NS-Herrschaft 1933-1945 > Luftkrieg/Luftschutzkeller Stadtmuseum > Feuerzangenbowle/Kino/Kultur > Widerstand/Theo Neubauer > Zerstörte Kulturdenkmale > NS-Architektur/regionales Machtzentrum > Tragödie Augustinerkloster 25. Februar 1945 > Ende der Preußenzeit 1945 > Einwohnerentwicklung 1945 > Garnison Erfurt 1935-1945 > Rüstung in Erfurt 1935-1945 > Volkssturm in Erfurt 1944/45 > Verhinderter Luftangriff 4. April 1945 > Kriegsende 12. April 1945 > Besatzerwechsel 1945


Lesetipps:

Steffen Raßloff: Das Wunder von Erfurt. Erfurt und der Luftkrieg In: Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2021. S. 98 f.

Steffen Raßloff: Der "Mustergau". Thüringen zur Zeit des Nationalsozialismus. München 2015.

Steffen Raßloff: Verführung und Gewalt. Erfurt im Nationalsozialismus. In: Stadt und Geschichte 24 (2004). S. 3-5.


Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Erfurt im Nationalsozialismus