Johann Wolfgang von Goethe: Unterschied zwischen den Versionen
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[[Datei:GeleitshausHirschgarten.JPG|320px|right]]Im November 1775 holte der gerade mit 18 Jahren auf den Thron gelangte Herzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach den jungen Sturm-und-Drang-Dichter Johann Wolfgang Goethe an die Ilm. Fast sechs Jahrzehnte sollte Goethe dort literarische Weltgeschichte schreiben. Während die Goethezeit in Weimar bis heute auf Schritt und Tritt präsent ist, erinnert in Erfurt relativ wenig an den großen Dichterfürsten. Dabei hat der Weimarische Minister die Stadt häufig besucht und bald auch persönliche und kulturelle Kontakte geknüpft. Nicht zuletzt diente ihm die zentrale Handelsstadt zur Deckung seines reichlichen Bedarfes etwa an Wein. Als junger Mann pflegte Goethe wohl auch die ein oder andere intensivere Beziehung zu Erfurter Bürgertöchtern, worauf er später etwa in seinem „West-östlichen Divan“ anspielte. | [[Datei:GeleitshausHirschgarten.JPG|320px|right]]Im November 1775 holte der gerade mit 18 Jahren auf den Thron gelangte Herzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach den jungen Sturm-und-Drang-Dichter Johann Wolfgang Goethe an die Ilm. Fast sechs Jahrzehnte sollte Goethe dort literarische Weltgeschichte schreiben. Während die Goethezeit in Weimar bis heute auf Schritt und Tritt präsent ist, erinnert in Erfurt relativ wenig an den großen Dichterfürsten. Dabei hat der Weimarische Minister die Stadt häufig besucht und bald auch persönliche und kulturelle Kontakte geknüpft. Nicht zuletzt diente ihm die zentrale Handelsstadt zur Deckung seines reichlichen Bedarfes etwa an Wein. Als junger Mann pflegte Goethe wohl auch die ein oder andere intensivere Beziehung zu Erfurter Bürgertöchtern, worauf er später etwa in seinem „West-östlichen Divan“ anspielte. | ||
Als offizieller Vertreter seines Herzogs logierte Goethe meist im „Haus zum Güldenen Stern“ direkt neben der heutigen Thüringer Staatskanzlei (Foto: Dr. Steffen Raßloff). Dieses diente als sächsisches Geleitshaus, hatten die Wettiner doch seit dem Mittelalter im thüringischen Raum das Geleitsrecht inne. Gegen Gebühren sorgten sie auf den Straßen für Sicherheit. An dem späteren Gasthof „Haus Vaterland“, heute ein Europäisches Informationszentrum, erinnert eine Gedenktafel an die häufigen Besuche Goethes. Von Beginn an hatte er dienstlich regelmäßig mit dem kurmainzischen Statthalter Karl Theodor von Dalberg zu tun, der ihm zum vertrauten Gesprächspartner und geistigen Anreger wurde. Enge Kontakte gab es auch zum Hause des Akademie-Präsidenten Karl Friedrich von Dacheröden am Anger, dessen Tochter Caroline Wilhelm von Humboldt heiratete. Mit seinen Weimarer Hofschauspielern gastierte der Theaterdirektor in den 1790er Jahren mehrfach im heutigen Kaisersaal. | Als offizieller Vertreter seines Herzogs logierte Goethe meist im „Haus zum Güldenen Stern“ direkt neben der heutigen Thüringer Staatskanzlei (Foto: Dr. Steffen Raßloff). Dieses diente als sächsisches Geleitshaus, hatten die Wettiner doch seit dem Mittelalter im thüringischen Raum das Geleitsrecht inne. Gegen Gebühren sorgten sie auf den Straßen für Sicherheit. An dem späteren Gasthof „Haus Vaterland“, heute ein Europäisches Informationszentrum, erinnert eine Gedenktafel an die häufigen Besuche Goethes. | ||
Von Beginn an hatte er dienstlich regelmäßig mit dem kurmainzischen Statthalter Karl Theodor von Dalberg zu tun, der ihm zum vertrauten Gesprächspartner und geistigen Anreger wurde. Enge Kontakte gab es auch zum Hause des Akademie-Präsidenten Karl Friedrich von Dacheröden am Anger, dessen Tochter Caroline Wilhelm von Humboldt heiratete. Mit seinen Weimarer Hofschauspielern gastierte der Theaterdirektor in den 1790er Jahren mehrfach im heutigen Kaisersaal. | |||
Schließlich sollte sich ein zumindest für Goethe nachhaltig in Erinnerung bleibendes Ereignis in Erfurt abspielen. Während Napoleons Erfurter Fürstenkongress im September und Oktober 1808, der v.a. einem festen Bündnis mit Zar Alexander I. von Russland dienen sollte, waren auch Herzog Carl August und Goethe zugegen. Untergebracht waren sie wie stets im Geleitshaus direkt neben der nun als Kaiserlicher Palast dienenden Mainzer Statthalterei. Am Vormittag des 2. Oktober lud Napoleon den berühmten Dichter ins dortige Erkerzimmer zur Audienz. Von diesem Treffen zwischen Kaiser und Dichterfürst ist viel geschrieben worden, Goethe selbst hat die Legendenbildung mit in Gang gesetzt. Mag die Forschung das Treffen heute auch nüchterner einordnen, bleibt es doch eine bemerkenswerte Episode der Erfurter Kulturgeschichte. | Schließlich sollte sich ein zumindest für Goethe nachhaltig in Erinnerung bleibendes Ereignis in Erfurt abspielen. Während Napoleons Erfurter Fürstenkongress im September und Oktober 1808, der v.a. einem festen Bündnis mit Zar Alexander I. von Russland dienen sollte, waren auch Herzog Carl August und Goethe zugegen. Untergebracht waren sie wie stets im Geleitshaus direkt neben der nun als Kaiserlicher Palast dienenden Mainzer Statthalterei. Am Vormittag des 2. Oktober lud Napoleon den berühmten Dichter ins dortige Erkerzimmer zur Audienz. Von diesem Treffen zwischen Kaiser und Dichterfürst ist viel geschrieben worden, Goethe selbst hat die Legendenbildung mit in Gang gesetzt. Mag die Forschung das Treffen heute auch nüchterner einordnen, bleibt es doch eine bemerkenswerte Episode der Erfurter Kulturgeschichte. |
Version vom 16. Februar 2019, 11:14 Uhr
Johann Wolfgang von Goethe
Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (03.11.2012)
Nicht nur der Wein lockte
DENKMALE IN ERFURT (70): Weimars Dichterfürst Goethe weilte häufig in Erfurt und traf dort 1808 auf Napoleon.
Im November 1775 holte der gerade mit 18 Jahren auf den Thron gelangte Herzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach den jungen Sturm-und-Drang-Dichter Johann Wolfgang Goethe an die Ilm. Fast sechs Jahrzehnte sollte Goethe dort literarische Weltgeschichte schreiben. Während die Goethezeit in Weimar bis heute auf Schritt und Tritt präsent ist, erinnert in Erfurt relativ wenig an den großen Dichterfürsten. Dabei hat der Weimarische Minister die Stadt häufig besucht und bald auch persönliche und kulturelle Kontakte geknüpft. Nicht zuletzt diente ihm die zentrale Handelsstadt zur Deckung seines reichlichen Bedarfes etwa an Wein. Als junger Mann pflegte Goethe wohl auch die ein oder andere intensivere Beziehung zu Erfurter Bürgertöchtern, worauf er später etwa in seinem „West-östlichen Divan“ anspielte.
Als offizieller Vertreter seines Herzogs logierte Goethe meist im „Haus zum Güldenen Stern“ direkt neben der heutigen Thüringer Staatskanzlei (Foto: Dr. Steffen Raßloff). Dieses diente als sächsisches Geleitshaus, hatten die Wettiner doch seit dem Mittelalter im thüringischen Raum das Geleitsrecht inne. Gegen Gebühren sorgten sie auf den Straßen für Sicherheit. An dem späteren Gasthof „Haus Vaterland“, heute ein Europäisches Informationszentrum, erinnert eine Gedenktafel an die häufigen Besuche Goethes.
Von Beginn an hatte er dienstlich regelmäßig mit dem kurmainzischen Statthalter Karl Theodor von Dalberg zu tun, der ihm zum vertrauten Gesprächspartner und geistigen Anreger wurde. Enge Kontakte gab es auch zum Hause des Akademie-Präsidenten Karl Friedrich von Dacheröden am Anger, dessen Tochter Caroline Wilhelm von Humboldt heiratete. Mit seinen Weimarer Hofschauspielern gastierte der Theaterdirektor in den 1790er Jahren mehrfach im heutigen Kaisersaal.
Schließlich sollte sich ein zumindest für Goethe nachhaltig in Erinnerung bleibendes Ereignis in Erfurt abspielen. Während Napoleons Erfurter Fürstenkongress im September und Oktober 1808, der v.a. einem festen Bündnis mit Zar Alexander I. von Russland dienen sollte, waren auch Herzog Carl August und Goethe zugegen. Untergebracht waren sie wie stets im Geleitshaus direkt neben der nun als Kaiserlicher Palast dienenden Mainzer Statthalterei. Am Vormittag des 2. Oktober lud Napoleon den berühmten Dichter ins dortige Erkerzimmer zur Audienz. Von diesem Treffen zwischen Kaiser und Dichterfürst ist viel geschrieben worden, Goethe selbst hat die Legendenbildung mit in Gang gesetzt. Mag die Forschung das Treffen heute auch nüchterner einordnen, bleibt es doch eine bemerkenswerte Episode der Erfurter Kulturgeschichte.
Literaturtipp:
Steffen Raßloff: 100 Denkmale in Erfurt. Geschichte und Geschichten. Mit Fotografien von Sascha Fromm (Thüringen Bibliothek. Bd. 11). Essen 2013.
Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Dalberg, Schiller, Wieland, Humboldt, Kaisersaal, Fürstenkongress 1808, Weimarer Klassik