Preussen Militaer
Preußische Garnison Erfurt
Beitrag der TA-Serie Erfurt und die Preußen von Dr. Steffen Raßloff (08.08.2015)
Populärste Einrichtung
ERFURT UND DIE PREUßEN (9): Das preußische Militär prägte lange das Gesicht der Stadt Erfurt mit
Denkt man an Preußen, so fallen einem sofort Schlagworte wie Militarismus oder Pflichtethos ein. Für die einen steht der 1945 untergegangene Staat für reaktionären Kadavergehorsam und Expansionsdrang, für die anderen für deutsche Tugenden und Schneidigkeit. Zum bekanntesten Symbol des für Preußen so charakteristischen Militärs ist die „Pickelhaube“ geworden. Nicht von ungefähr finden sich einige Exemplare dieser traditionellen Kopfbedeckung auch im Stadtmuseum in der Johannesstraße (Foto: Stadtmuseum, Dirk Urban). Während der gesamten Preußenzeit war die Stadt – mit einer kurzen Unterbrechung nach dem Ersten Weltkrieg – eine der großen Garnisonen der preußisch-deutschen Armee. Die gewaltige Festungsstadt mit ihren beiden Zitadellen Petersberg und Cyriaksburg sicherte zudem bis zur Reichsgründung 1871 die Südflanke Preußens.
Das preußische Militär besaß im Kaiserreich von 1871 als Sieger der Reichseinigungskriege hohes Ansehen und bescherte der Bürgerschaft auch wirtschaftliche Vorteile. Die Garnison war über die ganze Stadt verteilt. Seit dem späten 19. Jahrhundert entstanden besonders im Brühl neben der Gewehrfabrik größere Kasernenkomplexe bis zur Rudolfstraße. 1910 kam im Süden ein Kasernenkomplex für die Kavallerie hinzu. Vor dem Ersten Weltkrieg waren schließlich drei Regimenter in Erfurt stationiert: das 3. Thüringische Infanterieregiment Nr. 71 auf dem Petersberg, das 1. Thüringische Feldartillerie-Regiment Nr. 19 im Brühl und das Jägerregiment zu Pferde Nr. 6 am Südfriedhof. Die Garnison mit ihren Uniformen, Paraden und Sonntagskonzerten war vielen Bürgern in Form des zeittypischen wilhelminischen „Gesinnungsmilitarismus“ ans Herz gewachsen. Oberbürgermeister Hermann Schmidt äußerte unter stürmischem Beifall in seiner Festrede zum 100. Preußen-Jubiläum 1902, dass „die Soldaten hier wohl die populärste Einrichtung sind, die es gibt“.
Nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg 1914/18 traf die Entmilitarisierung Deutschlands die Garnisonsstadt Erfurt umso härter. Groß war die Freude, als 1925 zumindest „die schmucken Reiter“ einer kleinen Kavallerieeinheit in die Jägerkaserne am Südfriedhof einzogen, wie der Verwaltungsbericht der Stadt festhält. Bei allen Schattenseiten des Militarismus, die auch die Zeitgenossen nicht nur in der Arbeiterschaft durchaus wahrnahmen, besaß das Heer als Symbol nationaler Stärke in verklärter Rückschau auf die „gute alte Zeit“ des Kaiserreiches noch immer hohes Ansehen. Es gehörte daher auch zur Überzeugungskraft der NS-Diktatur Adolf Hitlers seit 1933, die Nachkriegsordnung innerhalb weniger Jahre über den Haufen zu werfen und 1935 die allgemeine Wehrpflicht wieder einzuführen. Sofort ging man daran, die Erfurter Garnison rasant aufzubauen. Die zahlreichen Kasernenkomplexe jener Zeit prägen bis heute das Stadtbild mit.
Siehe auch: Militär in Erfurt, Erfurt und Preußen, Geschichte der Stadt Erfurt