Ausflugsziele Riechheimer Berg
Riechheimer Berg
Beitrag der Serie Historische Ausflugsziele der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (06.07.2007)
Historische Ausflugsziele um Erfurt (6): Der Riechheimer Berg
Im späten 19. Jahrhundert erfasste die Wanderlust der Erfurter zunehmend auch das weitere Umland. Das Gasthaus auf dem Riechheimer Berg bei Hohenfelden wurde dabei zu einem der meist angesteuerten Ziele.
Jeder echte Erfurter kennt die beliebte Ausflugsgaststätte „Riechheimer Berg“. Vier Generationen erholungssuchender Großstädter haben sich auf den gut 10 km langen Weg hinauf auf den 513 m hohen Berg zwischen Riechheim und Hohenfelden gemacht. Das Auto-Zeitalter hat den Zustrom noch verstärkt, zumal mit dem Stausee Hohenfelden (1967) und dem Thüringer Freilichtmuseum (1979) weitere Anziehungspunkte hinzu kamen. Jüngst entstand die Avenida Therme (2001) für ganzjähriges Badevergnügen.
Der Riechheimer liegt also inmitten einer Freizeitlandschaft, die aus den Bedürfnissen der städtischen Moderne erwuchs. Alles begann mit dem Wirken natur- und volkskundebegeisterter Erfurter. 1895 hatte der Thüringerwald-Verein das „Thüringer Bauernhaus“, eine der Attraktionen der Erfurter Gewerbeausstellung von 1894, teilweise auf den Reichheimer Berg „versetzt“. Dieser später erweiterte Gebäudekomplex wird seit 1905 ganzjährig als Gasthaus genutzt.
Laut Louis Rölls Stadtführer von Erfurt gehörte der Riechheimer Berg schon 1901 zu den beliebtesten Zielen unter der Rubrik “weitere Ausflüge”. Mit angegebenen 4 Stunden Weg bildete er zugleich die weiteste der empfohlenen Tagestouren, wobei mit Willroder Forst (1 ½ Stunden) und Schellroda (1 3/4 Stunden) gute Rastmöglichkeiten auf halber Strecke bestanden.
War der Weg zurück gelegt, wurde der Wanderer mit gutbürgerlicher Küche im rustikalen Gastraum oder schattigen Biergarten belohnt. Die Betreiberfamilie Limprecht/Büchner wird dabei seit Generationen den Wünschen ihrer Gäste gerecht. Um 1900 war das genau wie an heutigen schönen Wochenenden oft nicht einfach angesichts der riesigen Schar der Wanderer. Alte Aufnahmen zeigen ganze Vereine mit Kind und Kegel, sogar Theateraufführungen im Freien wurden veranstaltet.
Übrigens errichtete der Thüringerwald-Verein 1907 am Riechheimer auch ein Bismarck-Denkmal. Die von Eichen umgebene Natursteinmauer zeigt auf einer Bronzetafel das Porträt des “Eisernen Kanzlers”. Damit konnte der national gesinnte Erfurter nun neben dem Bismarckturm im Steiger auch hier des Nationalhelden gedenken. Dies war nach 1945 nicht mehr gefragt. Das Denkmal blieb jedoch dank der Sicherstellung der Bronzetafel durch die Gasthofbetreiber unbehelligt. Zum 100. Riechheimer-Jubiläum 1995 konnte es wieder eingeweiht werden.
Der Riechheimer erfreut sich bei den Erfurtern bis auf den heutigen Tag ungebrochener Beliebtheit. Viele von ihnen reisen zwar mehr oder weniger direkt mit dem Auto an. Aber auch der Fußmarsch ist keineswegs ganz aus der Mode gekommen. So gehört für viele männliche Bewohner der Blumenstadt die feuchtfröhliche Herrentagspartie zu Christi Himmelfahrt zum festen Jahresprogramm.
Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Gaststätte Riechheimer Berg