Juedisches Erbe Erfurt: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 11. Dezember 2024, 08:07 Uhr
Jüdisches Erbe in Erfurt
Erfurt verfügt über ein bedeutendes jüdisch-mittelalterliches Erbe um die Alte Synagoge, das seit 2023 zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt.
In der Mittelaltermetropole Erfurt gab es seit dem 11. Jahrhundert eine der größten und wohlhabendsten jüdischen Gemeinden im Reich. Hiervon zeugt die Alte Synagoge, die älteste erhaltene Synagoge Europas, wo die größte mittelalterliche Bibel und Torarolle zu sehen sind. Noch heute sind alle für eine Gemeinde nötigen Einrichtungen nachvollziehbar: Neben der großen und schmuckvollen Synagoge besonders eine Mikwe (Ritualbad) und ein Friedhof in der Ackerhofgasse. Forschungen konnten ein Wohnquartier von der Michaeliskirche bis zum Rathaus rekonstruieren. Juden lebten hier über Jahrhunderte Tür an Tür mit Christen. Ihre Außenseiterstellung gipfelte jedoch im blutigen Pogrom von 1349, der vermutlich die gesamte Gemeinde von bis zu 1000 Menschen auslöschte. Die Synagoge wurde fortan für verschiedenste Zwecke genutzt. Eine neue Gemeinde mit einer nicht mehr existierenden Synagoge gegenüber der heutigen Begegnungsstätte Kleine Synagoge verschwand endgültig 1458 aus der Stadt.
Erst um 1800 kamen wieder Juden nach Erfurt, die sich allmählich auch in die bürgerliche Führungsschicht herauf arbeiteten, wie die Gartenbauunternehmer Benary. Sie schuf sich zunächst die Kleine Synagoge als Gotteshaus, ehe 1884 der prächtige Neubau am heutigen Juri-Gagarin-Ring errichtet wurde. In der Cyriakstraße entstand 1811 der Alte jüdische Friedhof, dem 1878 der bis heute bestehende Neue jüdische Friedhof neben der Thüringenhalle folgte. Erneut wurden das jüdische Leben im Dritten Reich 1933/45 nahezu völlig vernichtet (Denknadeln) und 1938 während der Reichspogromnacht die Große Synagoge zerstört. Nach 1945 fasste wieder eine Gemeinde Fuß und errichtete 1952 die Neue Synagoge. Nach 1989 kamen viele jüdische Aussiedler aus der Sowjetunion nach Erfurt.
Die Stadt Erfurt bekennt sich heute stolz zu ihrer jüdischen Geschichte. Diese verfügt mit der seit 2009 museal genutzten Alten Synagoge mit dem „Erfurter Schatz“ (Foto: TLDA, jüdischer Hochzeitsring) sowie der 2011 rekonstruierten Mikwe über international viel beachtete Kulturdenkmale. Darüber hinaus stellt die umfassend erhaltene Struktur der mittelalterlichen Gemeinde, eingebettet in den stadtgeschichtlichen Kontext im Stadtmuseum, eine Besonderheit dar. Der Erfurter Synagogenabend, 2009 initiiert vom Erfurter Geschichtsverein und der Stadt Erfurt, gehört heute zu den beliebten Veranstaltungreihen in Erfurt. Mit diesem einzigartigen und lebendigen Erbe gelangte Erfurt 2014 auf die deutsche Vorschlagsliste zum UNESCO-Weltkulturerbe. Nach der Einreichung des finalen Antrags 2020 sollte über diesen bei der Sitzung des UNESCO-Welterbekomitees 2022 im russischen Kasan entschieden werden, die jedoch kriegsbedingt verschoben wurde. Am 17. September 2023 gelangte das Jüdisch-Mittelalterliche Erbe Erfurts in Riad auf die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes.
Lesetipps:
Veröffentlichungen des Verbundes Jüdisches Leben Erfurt
Steffen Raßloff: Geschichte der Stadt Erfurt. Tübingen 2012 (7. Auflage 2025).
Steffen Raßloff: Jüdisches Erbe von Weltrang. Synagoge, Schatz und Mikwe. In: Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2021. S. 32 f.
Steffen Raßloff: Jüdisches Welterbe. Kalman von Wiehe. In: Thüringer Persönlichkeiten. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Tübingen 2024. S. 24 f.
Siehe auch: Jüdisches Leben Erfurt, UNESCO-Welterbe in Erfurt, Antisemitismus in Erfurt, Geschichte der Stadt Erfurt, Mittelaltermetropole Erfurt