Gedenktafel Gefängnis Petersberg: Unterschied zwischen den Versionen
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[[Datei:PetersbergGefaengnis1.jpg| | [[Datei:PetersbergGefaengnis1.jpg|370px|right]][[Datei:PetersbergGefaengnis2.jpg|370px|right]]Die Zitadelle Petersberg hat sich in den letzten Jahren sehr zu ihrem Vorteil verändert. Allen voran dank des Wirkens der Bauhütte Petersberg konnte die historische Anlage weitgehend rekonstruiert und zu einem beliebten Freizeitbereich werden. Zugleich finden sich dort aber auch Hinweise auf die dunklen Kapitel der Festungsgeschichte, wie das 1995 eingeweihte Deserteurdenkmal. Auch die ehemalige Festungshaftanstalt erinnert an die NS-Diktatur, an ihre Gewaltmethoden und Opfer. Dies wird mit einer bereits aus der DDR-Zeit stammenden Bronzetafel an dem Klinkerbau neben der großen Defensionskaserne deutlich gemacht. | ||
Das 1913 errichtete preußische Militärarrestgebäude hatte nach dem Ersten Weltkrieg 1918 die Schutzpolizei übernommen. Sofort nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten 1933 war mit der Ausweitung der Haftbefugnisse begonnen worden. Unter dem Vorwand der „Schutzhaft“ verschwanden zahlreiche politische Gegner in provisorischen Konzentrationslagern wie in der Feldstraße oder eben auf dem Petersberg. Das für 60 Gefangene ausgelegte Gebäude fasste im Herbst 1933 bis zu 241 „Schutzhäftlinge“. Für viele von ihnen führte der Weg direkt weiter in die Konzentrationslager, etwa nach Buchenwald. Bis zum Bezug des „Behördenhauses“ in der Arnstädter Straße, dem heutigen Landtags-Altbau, 1939 nutzte auch die Gestapo für den preußischen Regierungsbezirk Erfurt den Bau als ihr „Hausgefängnis“. | Das 1913 errichtete preußische Militärarrestgebäude hatte nach dem Ersten Weltkrieg 1918 die Schutzpolizei übernommen. Sofort nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten 1933 war mit der Ausweitung der Haftbefugnisse begonnen worden. Unter dem Vorwand der „Schutzhaft“ verschwanden zahlreiche politische Gegner in provisorischen Konzentrationslagern wie in der Feldstraße oder eben auf dem Petersberg. Das für 60 Gefangene ausgelegte Gebäude fasste im Herbst 1933 bis zu 241 „Schutzhäftlinge“. Für viele von ihnen führte der Weg direkt weiter in die Konzentrationslager, etwa nach Buchenwald. Bis zum Bezug des „Behördenhauses“ in der Arnstädter Straße, dem heutigen Landtags-Altbau, 1939 nutzte auch die Gestapo für den preußischen Regierungsbezirk Erfurt den Bau als ihr „Hausgefängnis“. |
Version vom 11. März 2021, 10:22 Uhr
Gedenktafel am Gefängnis Petersberg
Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (24.03.2012)
Ehre ihrem Andenken
DENKMALE IN ERFURT (38): In dem einstigen Militärgefängnis auf dem Petersberg waren im Dritten Reich viele Regimegegner eingesperrt.
Die Zitadelle Petersberg hat sich in den letzten Jahren sehr zu ihrem Vorteil verändert. Allen voran dank des Wirkens der Bauhütte Petersberg konnte die historische Anlage weitgehend rekonstruiert und zu einem beliebten Freizeitbereich werden. Zugleich finden sich dort aber auch Hinweise auf die dunklen Kapitel der Festungsgeschichte, wie das 1995 eingeweihte Deserteurdenkmal. Auch die ehemalige Festungshaftanstalt erinnert an die NS-Diktatur, an ihre Gewaltmethoden und Opfer. Dies wird mit einer bereits aus der DDR-Zeit stammenden Bronzetafel an dem Klinkerbau neben der großen Defensionskaserne deutlich gemacht.
Das 1913 errichtete preußische Militärarrestgebäude hatte nach dem Ersten Weltkrieg 1918 die Schutzpolizei übernommen. Sofort nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten 1933 war mit der Ausweitung der Haftbefugnisse begonnen worden. Unter dem Vorwand der „Schutzhaft“ verschwanden zahlreiche politische Gegner in provisorischen Konzentrationslagern wie in der Feldstraße oder eben auf dem Petersberg. Das für 60 Gefangene ausgelegte Gebäude fasste im Herbst 1933 bis zu 241 „Schutzhäftlinge“. Für viele von ihnen führte der Weg direkt weiter in die Konzentrationslager, etwa nach Buchenwald. Bis zum Bezug des „Behördenhauses“ in der Arnstädter Straße, dem heutigen Landtags-Altbau, 1939 nutzte auch die Gestapo für den preußischen Regierungsbezirk Erfurt den Bau als ihr „Hausgefängnis“.
Häftlinge bzw. Opfer der „Nazis“ waren insbesondere politische Gegner der Linken, Kommunisten, Sozialdemokraten, aber auch bürgerliche Demokraten oder anderweitig missliebige Zeitgenossen. Hauptopfergruppe waren aber zweifellos die „Roten“. Am 2. Mai 1933 hatte die SA beispielsweise im Rahmen der Zerschlagung der Freien Gewerkschaften führende Gewerkschaftsfunktionäre vom Volkshaus in der Johannesstraße durch die Stadt auf den Petersberg getrieben, wo man sie im Polizeigefängnis festhielt und misshandelte. Fast alle Widerstandskämpfer aus Erfurt waren hier zumindest zeitweise eingekerkert. Eine am 9. Mai 1988 angebrachte Gedenktafel nennt namentlich sechs Opfer der NS-Diktatur in Erfurt: Heinz Sendhoff, Fritz Büchner, Josef Ries, Friedrich Dingelstedt, Chaim Wulf Schapiro, Fritz Noack. Über dem Text macht das rote Dreieck auf den politischen Hintergrund aufmerksam. In den Konzentrationslagern trugen die Gefangenengruppen zur Markierung solche verschiedenfarbigen „Winkel“, wobei Rot für „Politische“ stand. Mag der Erinnerung an den antifaschistischen Widerstand in der DDR auch viel Staatstragendes angehaftet haben, so ist dem Schlusssatz nach wie vor uneingeschränkt beizupflichten: Ehre ihrem Andenken! (Fotos: Alexander Raßloff)
Lesetipp:
Steffen Raßloff: Verführung und Gewalt. Erfurt im Nationalsozialismus. In: Stadt und Geschichte 24 (2004). S. 3-5.
Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Petersberg, Petersberg NS-Zeit, Deserteurdenkmal, Lager Feldstraße, Volkshaus