Peterskirche Erfurt: Unterschied zwischen den Versionen
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[[Datei: | [[Datei:PeterskircheAl.jpg|420px|right]][[Datei:Schmerzensmann2.jpg|420px|right]]An der Südfassade der Peterskirche findet sich eine interessante Ritzzeichnung (siehe Abb.). Sie zeigt Christus als Schmerzensmann, davor kniend der Stifter des Kunstwerkes. Die Darstellung symbolisiert, dass Christus die Sünde der Menschen am Kreuz auf sich genommen hat. Heute könnte man meinen, der schmerzhaft-melancholische Gesichtsausdruck gilt auch dem Zustand des einst so imposanten Bauwerkes. Dass von der großen Ausstrahlung von Kirche und einstigem Kloster nur noch wenig zu spüren ist, haben die wenig zimperlichen Preußen zu verantworten. Nach den kriegsbedingten Zerstörungen des Herbstes 1813 hatten sie kurzerhand die Klostergebäude abgerissen und stattdessen die riesige Defensionskaserne errichtet. Die Kirche wurde ihrer Türme beraubt und auf die Hälfte der einstigen Höhe zurück gebaut. Fortan nutzte man sie bis in die DDR-Zeit als Lagerhaus. | ||
Welches Kulturgut der Stadt Erfurt hierbei verloren gegangen ist, lassen alte Stadtansichten oder das Modell des Klosters erahnen, das für die neue Dauerausstellung im Stadtmuseum angefertigt worden ist. Über Jahrhunderte war die im hirsauischen Stil errichtete romanische Klosterkirche St. Peter und Paul neben Dom und Severikirche die weithin ausstrahlende Stadtkrone. Der altehrwürdige Benediktinerorden, dessen seit 1060 bestehendes Kloster auf dem exponierten Hügel über der Stadt stets besonderes Ansehen genoss, hatte sich von 1103 bis 1147 dieses Gotteshaus errichtet. Es wurde auch zum Ort großer politischer Ereignisse, wie der Unterwerfung Heinrichs des Löwen unter Kaiser Barbarossa 1181 oder der wichtige Reichstag König Rudolfs von Habsburg 1289/90. An beide Episoden erinnert eines der Wandbilder im Rathausfestsaal. | Welches Kulturgut der Stadt Erfurt hierbei verloren gegangen ist, lassen alte Stadtansichten oder das Modell des Klosters erahnen, das für die neue Dauerausstellung im Stadtmuseum angefertigt worden ist. Über Jahrhunderte war die im hirsauischen Stil errichtete romanische Klosterkirche St. Peter und Paul neben Dom und Severikirche die weithin ausstrahlende Stadtkrone. Der altehrwürdige Benediktinerorden, dessen seit 1060 bestehendes Kloster auf dem exponierten Hügel über der Stadt stets besonderes Ansehen genoss, hatte sich von 1103 bis 1147 dieses Gotteshaus errichtet. Es wurde auch zum Ort großer politischer Ereignisse, wie der Unterwerfung Heinrichs des Löwen unter Kaiser Barbarossa 1181 oder der wichtige Reichstag König Rudolfs von Habsburg 1289/90. An beide Episoden erinnert eines der Wandbilder im Rathausfestsaal. |
Version vom 25. August 2015, 15:29 Uhr
Peterskirche
Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (05.01.2013)
Imposanter Torso
DENKMALE IN ERFURT (79): Die Peterskirche war über Jahrhunderte Erfurts zweite Stadtkrone neben dem Domhügel.
An der Südfassade der Peterskirche findet sich eine interessante Ritzzeichnung (siehe Abb.). Sie zeigt Christus als Schmerzensmann, davor kniend der Stifter des Kunstwerkes. Die Darstellung symbolisiert, dass Christus die Sünde der Menschen am Kreuz auf sich genommen hat. Heute könnte man meinen, der schmerzhaft-melancholische Gesichtsausdruck gilt auch dem Zustand des einst so imposanten Bauwerkes. Dass von der großen Ausstrahlung von Kirche und einstigem Kloster nur noch wenig zu spüren ist, haben die wenig zimperlichen Preußen zu verantworten. Nach den kriegsbedingten Zerstörungen des Herbstes 1813 hatten sie kurzerhand die Klostergebäude abgerissen und stattdessen die riesige Defensionskaserne errichtet. Die Kirche wurde ihrer Türme beraubt und auf die Hälfte der einstigen Höhe zurück gebaut. Fortan nutzte man sie bis in die DDR-Zeit als Lagerhaus.
Welches Kulturgut der Stadt Erfurt hierbei verloren gegangen ist, lassen alte Stadtansichten oder das Modell des Klosters erahnen, das für die neue Dauerausstellung im Stadtmuseum angefertigt worden ist. Über Jahrhunderte war die im hirsauischen Stil errichtete romanische Klosterkirche St. Peter und Paul neben Dom und Severikirche die weithin ausstrahlende Stadtkrone. Der altehrwürdige Benediktinerorden, dessen seit 1060 bestehendes Kloster auf dem exponierten Hügel über der Stadt stets besonderes Ansehen genoss, hatte sich von 1103 bis 1147 dieses Gotteshaus errichtet. Es wurde auch zum Ort großer politischer Ereignisse, wie der Unterwerfung Heinrichs des Löwen unter Kaiser Barbarossa 1181 oder der wichtige Reichstag König Rudolfs von Habsburg 1289/90. An beide Episoden erinnert eines der Wandbilder im Rathausfestsaal.
Mit der Rückeroberung des seit 1665 als Festung militärisch genutzten Petersberges durch die Erfurter nach 1989 rückte auch die Peterskirche wieder in den Blickpunkt. In dem heute zur Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten gehörenden Bauwerk ist seit 1993 das Forum Konkrete Kunst ansässig. Ohne die Qualität dieses modernen Künstlermuseums in Frage zu stellen, wird doch immer wieder nach alternativen Nutzungsmöglichkeiten Ausschau gehalten. Ein Museum für die Thüringer Landesgeschichte war ebenso im Gespräch wie eine klosterähnliche Lebensgemeinschaft. Was auch immer die Zukunft bringen mag, die Peterskirche sollte als eines der wichtigsten Bau- und Kulturdenkmale unserer Stadt erlebbar sein. Anregungen hierfür gibt es, etwa die denkmalgerechte Sanierung des Baukörpers, die Ertüchtigung als lebendiger Ausstellungs- und Veranstaltungsort und die moderne Rekonstruktion der Türme. Eine detailgetreue Wiedererrichtung, wie sie schon einmal vor dem Ersten Weltkrieg ernsthaft angestrebt worden war, dürfte momentan dagegen wohl kaum Realisierungschancen besitzen. (Fotos: Alexander Raßloff, Dr. Steffen Raßloff)
Literaturtipp:
Steffen Raßloff: 100 Denkmale in Erfurt. Geschichte und Geschichten. Mit Fotografien von Sascha Fromm (Thüringen Bibliothek. Bd. 11). Essen 2013.
Jürgen Valdeig/Steffen Raßloff: Die Peterskirche. 900 Jahre Stadtkrone im Wandel der Zeit. Leporello mit sieben Ansichten zur Geschichte der Peterskirche. Erfurt 2014.
Siehe auch: Geschichte der Peterskirche und Initiative für deren Wiederbelebung