UNESCO Welterbe Augustinerkloster juedisches Erbe: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Datei:AlteSynagoeErfurt.JPG|310px|right]]Herausragende Zeugnisse der Menschheits- und Naturgeschichte dürfen den Titel UNESCO-Welterbe tragen. Baudenkmäler, Stadtensembles, Industrieanlagen und außergewöhnliche Naturlandschaften machen so noch deutlicher auf sich aufmerksam. Welterbe-Status besitzt seit 2023 auch das '''[[Juedisches_Erbe_Erfurt|jüdisch-mittelalterliche Erbe]]''' in Erfurt. Hier gab es vermutlich bereits seit dem 11. Jahrhundert eine Gemeinde. Diese entwickelte sich in der Mittelaltermetropole am Schnittpunkt wichtiger Handelsstraßen zu einer der bedeutendsten im Reich. Hiervor zeugt die '''[[Alte Synagoge Erfurt|Alte Synagoge]]''', die älteste bis unters Dach erhaltene Synagoge Mitteleuropas mit Spuren zurück bis ins 11. Jahrhundert (Foto: Dr. Steffen Raßloff). Noch heute sind alle für eine jüdische Gemeinde nötigen Einrichtungen nachvollziehbar: Neben der großen und schmuckvollen Synagoge besonders eine '''[[Mikwe]]''' (Ritualbad) und ein Friedhof am heutigen Großen Ackerhof. Die Außenseiterstellung der Juden gipfelte jedoch im blutigen Pogrom von 1349, der vermutlich die gesamte Gemeinde auslöschte.  
[[Datei:AlteSynagoeErfurt.JPG|310px|right]]Herausragende Zeugnisse der Menschheits- und Naturgeschichte dürfen den Titel UNESCO-Welterbe tragen. Baudenkmäler, Stadtensembles, Industrieanlagen und außergewöhnliche Naturlandschaften machen so noch deutlicher auf sich aufmerksam. Welterbe-Status besitzt seit 2023 auch das '''[[Juedisches_Erbe_Erfurt|jüdisch-mittelalterliche Erbe]]''' in Erfurt. Hier gab es vermutlich bereits seit dem 11. Jahrhundert eine Gemeinde. Diese entwickelte sich in der Mittelaltermetropole am Schnittpunkt wichtiger Handelsstraßen zu einer der bedeutendsten im Reich. Hiervor zeugt die '''[[Alte Synagoge Erfurt|Alte Synagoge]]''', die älteste bis unters Dach erhaltene Synagoge Mitteleuropas mit Spuren zurück bis ins 11. Jahrhundert (Foto: Dr. Steffen Raßloff). Noch heute sind alle für eine jüdische Gemeinde nötigen Einrichtungen nachvollziehbar: Neben der großen und schmuckvollen Synagoge besonders eine '''[[Mikwe]]''' (Ritualbad) und ein Friedhof am heutigen Großen Ackerhof. Die Außenseiterstellung der Juden gipfelte jedoch im blutigen Pogrom von 1349, der vermutlich die gesamte Gemeinde auslöschte.  


Erst um 1800 kamen wieder Juden nach Erfurt. Erneut wurde das jüdische Leben im Dritten Reich 1933-1945 nahezu völlig vernichtet. Nach 1945 fasste wieder eine jüdische Gemeinde Fuß in der Stadt Erfurt, die sich heute zu ihrer großen jüdischen Geschichte bekennt. Sie verfügt mit der seit 2009 museal genutzten Alten Synagoge mit dem "Erfurter Schatz", der 2011 rekonstruierten Mikwe und dem "Steinhaus" am Benediktsplatz über international viel beachtete Kulturdenkmale. Darüber hinaus stellt die umfassend erhaltene Struktur der mittelalterlichen Gemeinde eine absolutes Alleinstellungsmerkmal dar. Der '''[[Erfurter Synagogenabend]]''', initiiert vom Erfurter Geschichtsverein und der Stadt Erfurt, gehört zu den beliebten Veranstaltungreihen. 2014 hat die Kultusministerkonferenz der Länder deshalb die Aufnahme Erfurts auf die deutsche Vorschlagsliste zum UNESCO-Welterbe beschlossen. Nach der Einreichung des finalen Antrags 2020 sollte über diesen bei der Sitzung des UNESCO-Welterbekomitees 2022 im russischen Kasan entschieden werden, die jedoch kriegsbedingt verschoben wurde. Nach einem anderthalb Jahrzehnte dauernden Bewerbungsprozess gelangte das jüdisch-mittelalterliche Erbe am 17. September 2023 in Riad auf die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes.  
Erst um 1800 kamen wieder Juden nach Erfurt. Erneut wurde das jüdische Leben im Dritten Reich 1933-1945 nahezu völlig vernichtet. Nach 1945 fasste wieder eine jüdische Gemeinde Fuß in der Stadt Erfurt, die sich heute zu ihrer großen jüdischen Geschichte bekennt. Sie verfügt mit der seit 2009 museal genutzten Alten Synagoge mit dem "Erfurter Schatz", der 2011 rekonstruierten Mikwe und dem "Steinhaus" am Benediktsplatz über international viel beachtete Kulturdenkmale. Darüber hinaus stellt die umfassend erhaltene Struktur der mittelalterlichen Gemeinde ein absolutes Alleinstellungsmerkmal dar. Der '''[[Erfurter Synagogenabend]]''', initiiert vom Erfurter Geschichtsverein und der Stadt Erfurt, gehört zu den beliebten Veranstaltungreihen. 2014 hat die Kultusministerkonferenz der Länder deshalb die Aufnahme Erfurts auf die deutsche Vorschlagsliste zum UNESCO-Welterbe beschlossen. Nach der Einreichung des finalen Antrags 2020 sollte über diesen bei der Sitzung des UNESCO-Welterbekomitees 2022 im russischen Kasan entschieden werden, die jedoch kriegsbedingt verschoben wurde. Nach einem anderthalb Jahrzehnte dauernden Bewerbungsprozess gelangte das jüdisch-mittelalterliche Erbe am 17. September 2023 in Riad auf die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes.  


Im Rahmen des 500. Reformationsjubiläums 2017 sollte auch die Lutherstätte '''[[Augustinerkloster Erfurt|Augustinerkloster]]''' in Erfurt auf Vorschlag der Bundesrepublik Deutschland auf die Welterbeliste aufgenommen werden. Der Erweiterungsvorschlag zu den Lutherstätten in Eisleben und Wittenberg mit fünf weiteren Mitbewerberstädten wurde jedoch kurz vor der Tagung des UNESCO-Welterbekomitees im Juli 2017 in Krakau zurückgezogen. Das Augustinerkloster ist ein bedeutendes Baudenkmal mittelalterlicher Ordensbaukunst. Als Lutherstätte genießt es weltweite Aufmerksamkeit und gilt seit 2004 als „nationales Kulturdenkmal von besonderer kultureller Bedeutung“. '''[[Martin Luther]]''' lebte hier als Augustinermönch von 1505 bis 1511. Die legendäre Lutherpforte, durch die er am 17. Juli 1505 ins Kloster eintrat, verkörpert den entscheidenden biographischen Bruch vom Jurastudenten hin zum Mönch und späteren Reformator. Das Kloster fungiert seit dem großen Lutherjubiläum 1983 als renommierte Tagungs- und Begegnungsstätte. Auch ohne formalen UNESCO-Status gilt die Lutherstadt Erfurt mit ihren weiteren '''[[Martin Luther|Erinnerungsorten]]''' damit als Weltkulturerbe.   
Im Rahmen des 500. Reformationsjubiläums 2017 sollte auch die Lutherstätte '''[[Augustinerkloster Erfurt|Augustinerkloster]]''' in Erfurt auf Vorschlag der Bundesrepublik Deutschland auf die Welterbeliste aufgenommen werden. Der Erweiterungsvorschlag zu den Lutherstätten in Eisleben und Wittenberg mit fünf weiteren Mitbewerberstädten wurde jedoch kurz vor der Tagung des UNESCO-Welterbekomitees im Juli 2017 in Krakau zurückgezogen. Das Augustinerkloster ist ein bedeutendes Baudenkmal mittelalterlicher Ordensbaukunst. Als Lutherstätte genießt es weltweite Aufmerksamkeit und gilt seit 2004 als „nationales Kulturdenkmal von besonderer kultureller Bedeutung“. '''[[Martin Luther]]''' lebte hier als Augustinermönch von 1505 bis 1511. Die legendäre Lutherpforte, durch die er am 17. Juli 1505 ins Kloster eintrat, verkörpert den entscheidenden biographischen Bruch vom Jurastudenten hin zum Mönch und späteren Reformator. Das Kloster fungiert seit dem großen Lutherjubiläum 1983 als renommierte Tagungs- und Begegnungsstätte. Auch ohne formalen UNESCO-Status gilt die Lutherstadt Erfurt mit ihren weiteren '''[[Martin Luther|Erinnerungsorten]]''' damit als Weltkulturerbe.   

Version vom 17. September 2023, 14:39 Uhr

UNESCO-Weltkulturerbe in Erfurt

Das jüdisch-mittelalterliche Erbe Erfurts rund um die Alte Synagoge steht seit 2023 auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes. Die Lutherstätte Augustinerkloster gilt auch ohne formalen UNESCO-Status als Weltkulturerbe.


AlteSynagoeErfurt.JPG

Herausragende Zeugnisse der Menschheits- und Naturgeschichte dürfen den Titel UNESCO-Welterbe tragen. Baudenkmäler, Stadtensembles, Industrieanlagen und außergewöhnliche Naturlandschaften machen so noch deutlicher auf sich aufmerksam. Welterbe-Status besitzt seit 2023 auch das jüdisch-mittelalterliche Erbe in Erfurt. Hier gab es vermutlich bereits seit dem 11. Jahrhundert eine Gemeinde. Diese entwickelte sich in der Mittelaltermetropole am Schnittpunkt wichtiger Handelsstraßen zu einer der bedeutendsten im Reich. Hiervor zeugt die Alte Synagoge, die älteste bis unters Dach erhaltene Synagoge Mitteleuropas mit Spuren zurück bis ins 11. Jahrhundert (Foto: Dr. Steffen Raßloff). Noch heute sind alle für eine jüdische Gemeinde nötigen Einrichtungen nachvollziehbar: Neben der großen und schmuckvollen Synagoge besonders eine Mikwe (Ritualbad) und ein Friedhof am heutigen Großen Ackerhof. Die Außenseiterstellung der Juden gipfelte jedoch im blutigen Pogrom von 1349, der vermutlich die gesamte Gemeinde auslöschte.

Erst um 1800 kamen wieder Juden nach Erfurt. Erneut wurde das jüdische Leben im Dritten Reich 1933-1945 nahezu völlig vernichtet. Nach 1945 fasste wieder eine jüdische Gemeinde Fuß in der Stadt Erfurt, die sich heute zu ihrer großen jüdischen Geschichte bekennt. Sie verfügt mit der seit 2009 museal genutzten Alten Synagoge mit dem "Erfurter Schatz", der 2011 rekonstruierten Mikwe und dem "Steinhaus" am Benediktsplatz über international viel beachtete Kulturdenkmale. Darüber hinaus stellt die umfassend erhaltene Struktur der mittelalterlichen Gemeinde ein absolutes Alleinstellungsmerkmal dar. Der Erfurter Synagogenabend, initiiert vom Erfurter Geschichtsverein und der Stadt Erfurt, gehört zu den beliebten Veranstaltungreihen. 2014 hat die Kultusministerkonferenz der Länder deshalb die Aufnahme Erfurts auf die deutsche Vorschlagsliste zum UNESCO-Welterbe beschlossen. Nach der Einreichung des finalen Antrags 2020 sollte über diesen bei der Sitzung des UNESCO-Welterbekomitees 2022 im russischen Kasan entschieden werden, die jedoch kriegsbedingt verschoben wurde. Nach einem anderthalb Jahrzehnte dauernden Bewerbungsprozess gelangte das jüdisch-mittelalterliche Erbe am 17. September 2023 in Riad auf die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes.

Im Rahmen des 500. Reformationsjubiläums 2017 sollte auch die Lutherstätte Augustinerkloster in Erfurt auf Vorschlag der Bundesrepublik Deutschland auf die Welterbeliste aufgenommen werden. Der Erweiterungsvorschlag zu den Lutherstätten in Eisleben und Wittenberg mit fünf weiteren Mitbewerberstädten wurde jedoch kurz vor der Tagung des UNESCO-Welterbekomitees im Juli 2017 in Krakau zurückgezogen. Das Augustinerkloster ist ein bedeutendes Baudenkmal mittelalterlicher Ordensbaukunst. Als Lutherstätte genießt es weltweite Aufmerksamkeit und gilt seit 2004 als „nationales Kulturdenkmal von besonderer kultureller Bedeutung“. Martin Luther lebte hier als Augustinermönch von 1505 bis 1511. Die legendäre Lutherpforte, durch die er am 17. Juli 1505 ins Kloster eintrat, verkörpert den entscheidenden biographischen Bruch vom Jurastudenten hin zum Mönch und späteren Reformator. Das Kloster fungiert seit dem großen Lutherjubiläum 1983 als renommierte Tagungs- und Begegnungsstätte. Auch ohne formalen UNESCO-Status gilt die Lutherstadt Erfurt mit ihren weiteren Erinnerungsorten damit als Weltkulturerbe.

(Dr. Steffen Raßloff)


Lesetipps:

Steffen Raßloff: Geschichte der Stadt Erfurt. Erfurt 2012 (6. Auflage 2023).

Steffen Raßloff: Jüdisches Erbe von Weltrang. Synagoge, Schatz und Mikwe. In: Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2021. S. 32 f.

Veröffentlichungen des Verbundes Jüdisches Leben Erfurt


Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt