Bismarckdenkmal Riechheimer: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Beitrag der Serie [[Denkmale in Erfurt|Denkmale in Erfurt]] aus der Thüringer Allgemeine von [[Steffen Raßloff|Dr. Steffen Raßloff]] (12.05.2012)'''
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[[Datei:BismarckRiechheimer2.jpg|400px|right]][[Datei:BismarckRiechheimer3.jpg|400px|right]]Seit Langem gehört das Berggasthaus auf dem 513 m hohen Riechheimer Berg bei Hohenfelden zu den beliebten Ausflugszielen der Erfurter. Schon in Louis Rölls Stadtführer von 1901 wird es unter der Rubrik „weitere Ausflüge“ ausdrücklich empfohlen. Mit angegebenen 4 Stunden Weg bildete es zugleich die weiteste der Tagestouren, wobei mit Willroder Forst und Schellroda gute Rastmöglichkeiten auf halber Strecke bestanden. Am Ziel angelangt, wurde der Wanderer mit gutbürgerlicher Küche im rustikalen Gastraum oder schattigen Biergarten belohnt. Die Betreiberfamilie Limprecht/Büchner wird dabei seit mehreren Generationen den Wünschen ihrer Gäste gerecht. Das automobile Zeitalter hat den Zustrom noch verstärkt, zumal mit dem Naherholungsgebiet Stausee Hohenfelden (1967) und dem Thüringer Freilichtmuseum (1979) weitere Anziehungspunkte hinzu kamen. Jüngst entstand noch die Avenida Therme (2002) für ganzjähriges Badevergnügen.  
[[Datei:BismarckRiechheimer2.jpg|400px|right]]Seit Langem gehört das Berggasthaus auf dem 513 m hohen Riechheimer Berg bei Hohenfelden zu den beliebten Ausflugszielen der Erfurter. Schon in Louis Rölls Stadtführer von 1901 wird es unter der Rubrik „weitere Ausflüge“ ausdrücklich empfohlen. Mit angegebenen 4 Stunden Weg bildete es zugleich die weiteste der Tagestouren, wobei mit Willroder Forst und Schellroda gute Rastmöglichkeiten auf halber Strecke bestanden. Am Ziel angelangt, wurde der Wanderer mit gutbürgerlicher Küche im rustikalen Gastraum oder schattigen Biergarten belohnt. Die Betreiberfamilie Limprecht/Büchner wird dabei seit mehreren Generationen den Wünschen ihrer Gäste gerecht. Das automobile Zeitalter hat den Zustrom noch verstärkt, zumal mit dem Naherholungsgebiet Stausee Hohenfelden (1967) und dem Thüringer Freilichtmuseum (1979) weitere Anziehungspunkte hinzu kamen. Jüngst entstand noch die Avenida Therme (2002) für ganzjähriges Badevergnügen.  


Der Riechheimer Berg liegt also inmitten einer Freizeitlandschaft, die aus den Bedürfnissen des modernen Industriezeitalters entstand. In den rasant wachsenden Städten hatten immer mehr Menschen den Drang, zumindest am Sonntag mal „ins Grüne“ zu kommen. Das galt allen voran für Erfurt, das 1906 mit 100.000 Einwohnern den Status einer Großstadt erreichte. So waren es auch naturverbundene Erfurter, die dieses heute ganz selbstverständliche Wanderziel überhaupt erst geschaffen haben. 1895 versetzte der hiesige Thüringerwaldverein das „Thüringer Bauernhaus“, eine der Attraktionen der großen Erfurter Gewerbeausstellung von 1894, auf den Riechheimer Berg. Nach zunächst bescheidenen touristischen Anfängen wurde der mehrfach ausgebaute Gebäudekomplex seit 1905 ganzjährig als Gasthaus genutzt.  
Der Riechheimer Berg liegt also inmitten einer Freizeitlandschaft, die aus den Bedürfnissen des modernen Industriezeitalters entstand. In den rasant wachsenden Städten hatten immer mehr Menschen den Drang, zumindest am Sonntag mal „ins Grüne“ zu kommen. Das galt allen voran für Erfurt, das 1906 mit 100.000 Einwohnern den Status einer Großstadt erreichte. So waren es auch naturverbundene Erfurter, die dieses heute ganz selbstverständliche Wanderziel überhaupt erst geschaffen haben. 1895 versetzte der hiesige Thüringerwaldverein das „Thüringer Bauernhaus“, eine der Attraktionen der großen Erfurter Gewerbeausstellung von 1894, auf den Riechheimer Berg. Nach zunächst bescheidenen touristischen Anfängen wurde der mehrfach ausgebaute Gebäudekomplex seit 1905 ganzjährig als Gasthaus genutzt.  


Die Großstädter brachten nicht nur ihr Erholungsbedürfnis mit, sondern auch ihre politischen Überzeugungen und ihren preußisch-deutschen Patriotismus. Deshalb errichtete 1907 der Thüringerwaldverein ein Bismarck-Denkmal, eine von Eichen umgebene Natursteinmauer mit einer Bronzetafel, die das Porträt Bismarcks zeigt. Damit konnte der Erfurter nun auch bei einem der sonntäglichen Ausflüge zum „Riechheimer“, wie man kurz sagte, des Nationalhelden gedenken. Das Denkmal ergänzte gewissermaßen die Bismarckstatue am Anger und den Bismarckturm im Steiger, die nur wenige Jahre zuvor entstanden waren. Nationalismus und Bismarck-Verehrung waren nach 1945 in der DDR allerdings nicht mehr gefragt. Das Bismarck-Denkmal blieb jedoch dank der raschen Sicherstellung der Bronzetafel durch die Gasthofbetreiber unbehelligt. Zum 100. Riechheimer-Jubiläum 1995 konnte es wieder eingeweiht werden. (Fotos: Dr. Steffen Raßloff)
Die Großstädter brachten nicht nur ihr Erholungsbedürfnis mit, sondern auch ihre politischen Überzeugungen und ihren preußisch-deutschen Patriotismus. Deshalb errichtete 1907 der Thüringerwaldverein ein Bismarck-Denkmal, eine von Eichen umgebene Natursteinmauer mit einer Bronzetafel, die das Porträt Bismarcks zeigt. Damit konnte der Erfurter nun auch bei einem der sonntäglichen Ausflüge zum „Riechheimer“, wie man kurz sagte, des Nationalhelden gedenken. Das Denkmal ergänzte gewissermaßen die Bismarckstatue am Anger und den Bismarckturm im Steiger, die nur wenige Jahre zuvor entstanden waren. Nationalismus und Bismarck-Verehrung waren nach 1945 in der DDR allerdings nicht mehr gefragt. Das Bismarck-Denkmal blieb jedoch dank der raschen Sicherstellung der Bronzetafel durch die Gasthofbetreiber unbehelligt. Zum 100. Riechheimer-Jubiläum 1995 konnte es wieder eingeweiht werden. (Foto: Dr. Steffen Raßloff)




Siehe auch: '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]''', '''[[Bismarck|Bismarck und Erfurt]]''', '''[[Ausflugsziele Riechheimer Berg|Riechheimer Berg]]'''
Siehe auch: '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]''', '''[[Bismarck|Bismarck und Erfurt]]''', '''[[Ausflugsziele Riechheimer Berg|Riechheimer Berg]]'''

Aktuelle Version vom 25. März 2023, 17:39 Uhr

Bismarckdenkmal am Riechheimer Berg

Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (12.05.2012)


Eiserner Kanzler im Grünen

DENKMALE IN ERFURT (45): Mit dem Aufstieg des Riechheimer Berges zum beliebten Ausflugsziel der Erfurter kam auch Bismarck als Denkmal ins Grüne.


BismarckRiechheimer2.jpg

Seit Langem gehört das Berggasthaus auf dem 513 m hohen Riechheimer Berg bei Hohenfelden zu den beliebten Ausflugszielen der Erfurter. Schon in Louis Rölls Stadtführer von 1901 wird es unter der Rubrik „weitere Ausflüge“ ausdrücklich empfohlen. Mit angegebenen 4 Stunden Weg bildete es zugleich die weiteste der Tagestouren, wobei mit Willroder Forst und Schellroda gute Rastmöglichkeiten auf halber Strecke bestanden. Am Ziel angelangt, wurde der Wanderer mit gutbürgerlicher Küche im rustikalen Gastraum oder schattigen Biergarten belohnt. Die Betreiberfamilie Limprecht/Büchner wird dabei seit mehreren Generationen den Wünschen ihrer Gäste gerecht. Das automobile Zeitalter hat den Zustrom noch verstärkt, zumal mit dem Naherholungsgebiet Stausee Hohenfelden (1967) und dem Thüringer Freilichtmuseum (1979) weitere Anziehungspunkte hinzu kamen. Jüngst entstand noch die Avenida Therme (2002) für ganzjähriges Badevergnügen.

Der Riechheimer Berg liegt also inmitten einer Freizeitlandschaft, die aus den Bedürfnissen des modernen Industriezeitalters entstand. In den rasant wachsenden Städten hatten immer mehr Menschen den Drang, zumindest am Sonntag mal „ins Grüne“ zu kommen. Das galt allen voran für Erfurt, das 1906 mit 100.000 Einwohnern den Status einer Großstadt erreichte. So waren es auch naturverbundene Erfurter, die dieses heute ganz selbstverständliche Wanderziel überhaupt erst geschaffen haben. 1895 versetzte der hiesige Thüringerwaldverein das „Thüringer Bauernhaus“, eine der Attraktionen der großen Erfurter Gewerbeausstellung von 1894, auf den Riechheimer Berg. Nach zunächst bescheidenen touristischen Anfängen wurde der mehrfach ausgebaute Gebäudekomplex seit 1905 ganzjährig als Gasthaus genutzt.

Die Großstädter brachten nicht nur ihr Erholungsbedürfnis mit, sondern auch ihre politischen Überzeugungen und ihren preußisch-deutschen Patriotismus. Deshalb errichtete 1907 der Thüringerwaldverein ein Bismarck-Denkmal, eine von Eichen umgebene Natursteinmauer mit einer Bronzetafel, die das Porträt Bismarcks zeigt. Damit konnte der Erfurter nun auch bei einem der sonntäglichen Ausflüge zum „Riechheimer“, wie man kurz sagte, des Nationalhelden gedenken. Das Denkmal ergänzte gewissermaßen die Bismarckstatue am Anger und den Bismarckturm im Steiger, die nur wenige Jahre zuvor entstanden waren. Nationalismus und Bismarck-Verehrung waren nach 1945 in der DDR allerdings nicht mehr gefragt. Das Bismarck-Denkmal blieb jedoch dank der raschen Sicherstellung der Bronzetafel durch die Gasthofbetreiber unbehelligt. Zum 100. Riechheimer-Jubiläum 1995 konnte es wieder eingeweiht werden. (Foto: Dr. Steffen Raßloff)


Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Bismarck und Erfurt, Riechheimer Berg