Knappe Tongji Universität Shanghai: Unterschied zwischen den Versionen
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[[Datei: | [[Datei:TongjiLogo.png|200px|right]]Wilhelm Knappe (1855-1910) wirkte als Konsul, Kolonialbeamter und Bankdirektor in der Südsee, in Afrika und Asien. Er hatte sich den Ruf eines auf Ausgleich bedachten Akteurs im Zeitalter des Imperialismus erworben. Als erster Kaiserlicher Kommissar auf den Marschallinseln 1886 schützte er die Einwohner vor den Kokos-Handelsgesellschaften. Als Generalkonsul in Shanghai vertrat er nicht nur deutsche Interessen erfolgreich. Die englische Zeitung “Shanghai Mercury” bescheinigte Knappe 1905 unter Diplomaten außergewöhnliche Popularität. Darüber hinaus zollten ihm die Chinesen Respekt für seinen offenen Umgang - seinerzeit angesichts weit verbreiteter rassistischer Stereotype keine Selbstverständlichkeit. | ||
Noch heute ist Wilhelm Knappe in Shanghai als wesentlicher Initiator der Tongji Universität bekannt. Jüngere Forschungen sprechen ihm sogar einen höheren Verdienst zu als dem Arzt Erich Paulun, der oft als Gründer genannt wird (Reinbothe: Tongji-Universität). Die Hochschule war Referenzobjekt einer großangelegten Kulturpolitik Deutschlands in China. Hierbei engagierte sich Knappe intensiv vor Ort und in der Heimat, etwa auch mit Vorträgen in Deutschland. Dabei hatte Knappe klar vor Augen, dass das damals noch recht unterentwickelte China allein durch seine Größe und Bevölkerungszahl "für unseren Handel und unsere Industrie ein ganz wesentlicher Faktor in der nächsten und weiteren Zukunft sein wird" ("Deutsche Kulturbestrebungen in China", 1906, in: Raßloff: Wilhelm Knappe, S. 101-115, hier S. 101). | |||
Bei alledem hatte Knappe im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung nicht nur die Interessen Deutschlands im Blick. Bundespräsident Horst Köhler bezeichnete ihn bei seiner Festansprache zum 100. Jubiläum der Elitehochschule 2007 als Gründerpersönlichkeit, die die Chinesen als Partner achtete. Prof. Li Lezeng, Vicedirektor des Instituts für Deutschlandstudien der Tongji University Shanghai, hat dies dem Autor gegenüber 2006 nachdrücklich bestätigt und sich sehr erfreut über die neuen Forschungen zu Knappe gezeigt. Der Erfurter gilt in China ungebrochen als einer der Gründervater der Hochschule, die mit rund 16.000 Studenten eine der angesehensten Einrichtungen im Reich der Mitte darstellt. | |||
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Roswitha Reinbothe (Hg.): '''Tongji-Universität in Shanghai. Dokumente zur Gründungsgeschichte.''' Wiesbaden 2009. | |||
Steffen Raßloff: '''[[Wilhelm Knappe|Wilhelm Knappe (1855-1910). Staatsmann und Völkerkundler im Blickpunkt deutscher Weltpoilitik.]]''' Jena 2005. | |||
Siehe auch: '''[[Wilhelm Knappe]]''', '''[[Erfurter Südseesammlung|Südseesammlung]]''', '''[[Koloniales Erbe in Erfurt]]''', '''[https://www.tongji.edu.cn/ Tongji Universität]''' |
Aktuelle Version vom 24. März 2023, 12:27 Uhr
Mitbegründer der Tongji Universität
Die Stadt Erfurt verdankt ihm ihre bedeutende Südseesammlung. Einst war Konsul Wilhelm Knappe nicht nur deshalb eine populäre Persönlichkeit. In Shanghai würdigt man ihn noch heute als Initiator der renommierten Tongji Universität 1907.
Wilhelm Knappe (1855-1910) wirkte als Konsul, Kolonialbeamter und Bankdirektor in der Südsee, in Afrika und Asien. Er hatte sich den Ruf eines auf Ausgleich bedachten Akteurs im Zeitalter des Imperialismus erworben. Als erster Kaiserlicher Kommissar auf den Marschallinseln 1886 schützte er die Einwohner vor den Kokos-Handelsgesellschaften. Als Generalkonsul in Shanghai vertrat er nicht nur deutsche Interessen erfolgreich. Die englische Zeitung “Shanghai Mercury” bescheinigte Knappe 1905 unter Diplomaten außergewöhnliche Popularität. Darüber hinaus zollten ihm die Chinesen Respekt für seinen offenen Umgang - seinerzeit angesichts weit verbreiteter rassistischer Stereotype keine Selbstverständlichkeit.
Noch heute ist Wilhelm Knappe in Shanghai als wesentlicher Initiator der Tongji Universität bekannt. Jüngere Forschungen sprechen ihm sogar einen höheren Verdienst zu als dem Arzt Erich Paulun, der oft als Gründer genannt wird (Reinbothe: Tongji-Universität). Die Hochschule war Referenzobjekt einer großangelegten Kulturpolitik Deutschlands in China. Hierbei engagierte sich Knappe intensiv vor Ort und in der Heimat, etwa auch mit Vorträgen in Deutschland. Dabei hatte Knappe klar vor Augen, dass das damals noch recht unterentwickelte China allein durch seine Größe und Bevölkerungszahl "für unseren Handel und unsere Industrie ein ganz wesentlicher Faktor in der nächsten und weiteren Zukunft sein wird" ("Deutsche Kulturbestrebungen in China", 1906, in: Raßloff: Wilhelm Knappe, S. 101-115, hier S. 101).
Bei alledem hatte Knappe im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung nicht nur die Interessen Deutschlands im Blick. Bundespräsident Horst Köhler bezeichnete ihn bei seiner Festansprache zum 100. Jubiläum der Elitehochschule 2007 als Gründerpersönlichkeit, die die Chinesen als Partner achtete. Prof. Li Lezeng, Vicedirektor des Instituts für Deutschlandstudien der Tongji University Shanghai, hat dies dem Autor gegenüber 2006 nachdrücklich bestätigt und sich sehr erfreut über die neuen Forschungen zu Knappe gezeigt. Der Erfurter gilt in China ungebrochen als einer der Gründervater der Hochschule, die mit rund 16.000 Studenten eine der angesehensten Einrichtungen im Reich der Mitte darstellt.
(Dr. Steffen Raßloff in: Thüringer Allgemeine vom 05.02.2010)
Lesetipp:
Roswitha Reinbothe (Hg.): Tongji-Universität in Shanghai. Dokumente zur Gründungsgeschichte. Wiesbaden 2009.
Steffen Raßloff: Wilhelm Knappe (1855-1910). Staatsmann und Völkerkundler im Blickpunkt deutscher Weltpoilitik. Jena 2005.
Siehe auch: Wilhelm Knappe, Südseesammlung, Koloniales Erbe in Erfurt, Tongji Universität