Kommandantenhaus Petersberg: Unterschied zwischen den Versionen
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'''350 Jahre Zitadelle Petersberg. Historischer Kontext - Bauphasen - Schicksal und Chancen des Petersberges''' (Tagungsband eines Wissenschaftlichen Kolloquiums 2015, Hg. vom Freunde der Citadelle Petersberg zu Erfurt e.V.). Erfurt 2016. | '''350 Jahre Zitadelle Petersberg. Historischer Kontext - Bauphasen - Schicksal und Chancen des Petersberges''' (Tagungsband eines Wissenschaftlichen Kolloquiums 2015, Hg. vom Freunde der Citadelle Petersberg zu Erfurt e.V.). Erfurt 2016. | ||
Steffen Raßloff: '''Gewaltige Festung. Die Zitadelle Petersberg.''' In: '''[[Erfurt 55 Highlights aus der Geschichte|Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte]].''' Erfurt 2021. S. 56 f. | Steffen Raßloff: '''Gewaltige Festung. Die Zitadelle Petersberg.''' In: '''[[Erfurt 55 Highlights aus der Geschichte|Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte]].''' Erfurt 2021. S. 56 f. |
Version vom 12. Februar 2023, 09:22 Uhr
Kommandantenhaus Zitadelle Petersberg
Das Kommandantenhaus der imposanten Zitadelle Petersberg blickt auf eine wechselhafte Geschichte zurück. Mit der Buga 2021 erhielt es eine multimediale Ausstellung zur Geschichte des Petersberges und ein modernes Empfangszentrum.
Die Zitadelle Petersberg gilt als eine der größten und besterhaltenen Stadtfestungen Europas. Sie beherbergt zudem mit dem Torso der Peterskirche einen eindrucksvollen Erinnerungsort an das einstige Benediktinerkloster. Die meisten Besucher betreten den Petersberg durch die Torfahrt des Kommandantenhauses (Foto: Alexander Raßloff), Hauptzugang zur Festung. Das kunstvolle Portal mit dem Wappen des Mainzer Kurfürsten und Erzbischofs Johann Philipp von Schönborn erinnert dabei an die Entstehungszeit der Zitadelle nach der Unterwerfung der autonomen Handelsmetropole Erfurt durch ihren Landesherrn, der „Mainzer Reduktion“ 1664. Es bildet das früheste und eines der bedeutendsten Baudenkmale des Barock in Erfurt.
Von 1665 bis 1706 entstand die gewaltige Trutzburg des katholischen Kirchenfürsten, die sowohl die Erfurter Bürgerschaft als auch die umliegenden evangelischen Länder in Schach halten sollte. Ab 1815 wurde sie unter den Preußen bis ins 20. Jahrhundert hinein immer wieder ausgebaut und modernisiert. Das in der ersten Bauphase ab 1665 errichtete Kommandantenhaus beherbergte dabei, wie der Name vermuten lässt, den Festungskommandanten. Zugleich waren in der Torfahrt die Wachen untergebracht, die den Zugang kontrollierten. Jene sensibelste Stelle der Festung konnte durch Herablassen eines Metallgitters, ein massives Metalltor und bis ins 19. Jahrhundert durch das Hochziehen einer Zugbrücke gesichert werden. Die Schlitze für deren Zugketten sind links und rechts der Tordurchfahrt noch zu erkennen.
Mit dem Kommandantenhaus ist auch eines der dunklen Kapitel der Erfurter Geschichte verbunden. Seit 1935 befand sich hier ein Militär- bzw. Kriegsgericht. Dieses verurteilte während des Zweiten Weltkrieges ca. 50 Deserteure zum Tode, von denen einige auch am Petersberg erschossen wurden. An jene NS-Militärjustiz erinnert seit 1995 das Denkmal für den unbekannten Wehrmachtsdeserteur. Es befindet sich nahe dem Kommandantenhaus am Fuße der Bastionen Leonhard und Philipp. Das Denkmal des Erfurter Künstlers Thomas Nicolai zeigt zwei Reihen von acht Metallstelen. Nur eine der wie Soldaten in disziplinierter Haltung wirkenden Stelen ist individuell geformt und soll den Deserteur darstellen.
Nach Kriegsende 1945 schritt die zivile Nutzung des Petersberges weiter voran. Das Kommandantenhaus wurde 1953 zum Haus der Jungen Pioniere „Otto Grotewohl“, einem der in allen DDR-Bezirksstädten eingerichteten Freizeitzentren der staatlichen Pionierorganisation. Dort bot man diverse Freizeitangebote an, die trotz ihrer ideologischen Ausrichtung am SED-Staat auf viel Resonanz trafen. Im Haus konnte man spielen, malen, basteln, Theater aufführen, Sport treiben und sich sogar mit einem Robotron-Rechner auf den vermeintlichen wissenschaftlich-technischen Fortschritt vorbereiten. Auf dem Plateau oberhalb des Gebäudes wurden die Jüngsten im Verkehrsgarten auf die Herausforderungen des Straßenverkehrs vorbereitet.
Nach friedlicher Revolution und deutscher Wiedervereinigung 1989/90 blieben zunächst einige Freizeit- und Sporteinrichtungen weiter aktiv. Zugleich erfreute sich das kleine Festungsmuseum in den einstigen Wachräumen großer Beliebtheit. Es verdankte sich wesentlich dem Engagement von Bürgern und Vereinen, wie dem Förderverein Stadtmuseum Erfurt und dem Erfurter Geschichtsverein. Mit der Bundesgartenschau 2021 wurde im Kommandantenhaus und in einem modernen Empfangszentrum eine Ausstellung zur Geschichte des Petersbergs eröffnet, die dessen kulturell-touristische Erschließung erheblich verbessert. Die Gestaltung lag in den Händen der Agentur Kocmos aus Leipzig und eines Wissenschaftlichen Kuratoriums aus Prof. Dr. Karl Heinemeyer, Dr. Steffen Raßloff, Tim Erthel, Sabine Hahnel, Dr. Karin Sczech, Christian Misch und Hardy Eidam. Betrieben werden Empfangszentrum und Ausstellung von der Erfurt Tourismus und Marketing GmbH.
Lesetipps:
Kloster und Festung. Beiträge zur Geschichte des Erfurter Petersbergs (Berichte der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. Bd. 15). Petersberg 2022.
350 Jahre Zitadelle Petersberg. Historischer Kontext - Bauphasen - Schicksal und Chancen des Petersberges (Tagungsband eines Wissenschaftlichen Kolloquiums 2015, Hg. vom Freunde der Citadelle Petersberg zu Erfurt e.V.). Erfurt 2016.
Steffen Raßloff: Gewaltige Festung. Die Zitadelle Petersberg. In: Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2021. S. 56 f.