Gartenbauunternehmen J.C. Schmidt: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Mythos Blumenstadt (4): Das Gartenbauunternehmen J.C. Schmidt („Blumenschmidt“)'''
= Gartenbauunternehmen J.C. Schmidt =
 
'''Beitrag der Serie [[Blumenstadt_Erfurt_-_Gartenbauunternehmen|Mythos Blumenstadt]] in der Thüringer Allgemeine von [[Steffen Rassloff|Dr. Steffen Raßloff]]''' (14.04.2007)
 
 
'''"Blumenschmidt"'''
 
'''Mythos Blumenstadt (4): Das Gartenbauunternehmen J.C. Schmidt'''


Die 1823 gegründete Gartenbaufirma J.C. Schmidt ging als „Blumenschmidt“ in die Geschichte ein. Mit wirtschaftlichem Erfolg und vielen Innovationen trug sie wesentlich zur Weltgeltung der „Blumenstadt“ Erfurt bei. Das Palmenhaus am Anger erinnert an den Glanz der großen Zeit des Erfurter Gartenbaus um 1900.
Die 1823 gegründete Gartenbaufirma J.C. Schmidt ging als „Blumenschmidt“ in die Geschichte ein. Mit wirtschaftlichem Erfolg und vielen Innovationen trug sie wesentlich zur Weltgeltung der „Blumenstadt“ Erfurt bei. Das Palmenhaus am Anger erinnert an den Glanz der großen Zeit des Erfurter Gartenbaus um 1900.




Firmengründer Johann Christoph Schmidt (1803-1868) hatte zunächst in der Tradition seines Vaters als Wachsbossierer gearbeitet. Aus dem Rohstoff Bienenwachs gestaltete er u.a. beliebte Wachsfiguren. Auf dem Umweg über den Blumenanbau für seine Bienen machten Schmidt und seine Nachkommen schließlich ganz in Blumen. Die 1823 gegründete Firma „J.C. Schmidt“ bekam rasch den Ehrennamen „Blumenschmidt“.
[[Datei:SchmidtKatalog.jpg|310px|right]]Firmengründer Johann Christoph Schmidt (1803-1868) hatte zunächst in der Tradition seines Vaters als Wachsbossierer gearbeitet. Aus dem Rohstoff Bienenwachs gestaltete er u.a. beliebte Wachsfiguren. Auf dem Umweg über den Blumenanbau für seine Bienen machten Schmidt und seine Nachkommen schließlich ganz in Blumen. Die 1823 gegründete Firma „J.C. Schmidt“ bekam rasch den Ehrennamen „Blumenschmidt“. Johann Christoph Schmidt gehörte zu den aktiven Gründungsmitgliedern des Gartenbauvereins (1838), der für fachlichen Austausch sorgte, Ausstellungen vorbereitete und an der Gründung der „Thüringer Gartenbauzeitung“ beteiligt war. Kaum eine wichtige Neuerung in der Branche geschah ohne Schmidts Zutun, so etwa der erstmalige Versandt von getrockneten Blumen (1853) und frischen Schnittblumen (1854), gewissermaßen die Vorläufer des heutigen Fleurop-Systems. Spezialitäten von Blumenschmidt waren darüber hinaus die Bukett- und Kranzbinderei sowie die Herstellung von Wachsblumen.
Johann Christoph Schmidt gehörte zu den aktiven Gründungsmitgliedern des Gartenbauvereins (1838), der für fachlichen Austausch sorgte, Ausstellungen vorbereitete und an der Gründung der „Thüringer Gartenbauzeitung“ beteiligt war. Kaum eine wichtige Neuerung in der Branche geschah ohne Schmidts Zutun, so etwa der erstmalige Versandt von getrockneten Blumen (1853) und frischen Schnittblumen (1854), gewissermaßen die Vorläufer des heutigen Fleurop-Systems. Spezialitäten von Blumenschmidt waren darüber hinaus die Bukett- und Kranzbinderei sowie die Herstellung von Wachsblumen.
 
Heinrich Schmidt (1841-1890) führte die Firma seines Vaters erfolgreich weiter. Zum äußeren Ausdruck des wirtschaftlichen Erfolges wurde der 1888 an der Ecke Schlösserstraße/Anger neben der Lorenzkirche errichtete Verkaufspavillon. Mit der eindrucksvollen Glasarchitektur des „Palmenhauses“ setzte sich „Blumenschmidt“ im Herzen der Stadt ein bleibendes Denkmal. Teilhaber Ernst Müller übernahm nach dem Tod von Heinrich Schmidt 1890 die Firma als Alleininhaber. Der intelligente und erfolgreiche Kaufmann verhalf „Blumenschmidt“ zu neuem Aufschwung. Allerdings verstarb auch er schon 1900 im Alter von nur 45 Jahren. Später übernahmen sein Sohn Alfred Müller und Alfred Wentscher die Firma.
 
Die eigentlich prägende Persönlichkeit über Jahrzehnte hinweg war die Witwe Ernst Müllers, Seniorchefin Marie Bauer. Sie genoss hohes Ansehen und spielte im gesellschaftlichen Leben der Stadt eine wichtige Rolle. Ihr Andenken ist in dem nach dem Ersten Weltkrieg am Ringelberg errichteten Marienhof verewigt. Dort hatte man einen Saatguthof mit Schäferei und Fohlenzucht eingerichtet. Das Krämpferfeld am nordwestlichen Stadtrand war seit langem das „Revier“ von „Blumenschmidt“. Große Gewerbeanlagen befanden sich an der Leipziger Straße gegenüber dem alten Nordhäuser Bahnhof. Allerdings gehörte „Blumenschmidt“ zu jenen Gartenbauunternehmen, die die großen Beeinträchtigungen durch Ersten Weltkrieg und Krise der Weimarer Republik nicht überstanden. 1926 musste die Firma Bankrott anmelden und verschmolz mit dem Gartenbauunternehmen Benary. (Foto: privat)
 
 
'''Lesetipps:'''


Heinrich Schmidt (1841-1890) führte die Firma seines Vaters erfolgreich weiter. Zum äußeren Ausdruck des wirtschaftlichen Erfolges wurde der 1888 an der Ecke Schlösserstraße/Anger neben der Lorenzkirche errichtete Verkaufspavillon. Mit der eindrucksvollen Glasarchitektur des „Palmenhauses“ setzte sich „Blumenschmidt“ im Herzen der Stadt ein bleibendes Denkmal.
Steffen Raßloff: '''[[Gartenbauunternehmen Benary Schmidt Heinemeann|Die großen Gartenbauunternehmen der Blumenstadt Erfurt (Teil 3): Benary, Schmidt und Heinemann.]]''' In: BUGA - Mitschnitt des Jahres 2020. Hg. Verein Freunde der Bundesgartenschau Erfurt 2021 e.V. und BUGA Erfurt 2021 gGmbH. Erfurt 2021. S. 62 f.  


Teilhaber Ernst Müller übernahm nach dem Tod von Heinrich Schmidt 1890 die Firma als Alleininhaber. Der intelligente und erfolgreiche Kaufmann verhalf „Blumenschmidt“ zu neuem Aufschwung. Allerdings verstarb auch er schon 1900 im Alter von nur 45 Jahren. Später übernahmen sein Sohn Alfred Müller und Alfred Wentscher die Firma.
Steffen Raßloff: '''Die Blumenstadt. Erfurt und der Gartenbau.''' In: '''[[Erfurt 55 Highlights aus der Geschichte|Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte]].''' Erfurt 2021. S. 86 f.
Die eigentlich prägende Persönlichkeit über Jahrzehnte hinweg war die Witwe Ernst Müllers, Seniorchefin Marie Bauer. Sie genoss hohes Ansehen und spielte im gesellschaftlichen Leben der Stadt eine wichtige Rolle. Ihr Andenken ist in dem nach dem Ersten Weltkrieg am Ringelberg errichteten Marienhof verewigt. Dort hatte man einen Saatguthof mit Schäferei und Fohlenzucht eingerichtet. Das Krämpferfeld am nordwestlichen Stadtrand war seit langem das „Revier“ von „Blumenschmidt“. Große Gewerbeanlagen befanden sich an der Leipziger Straße gegenüber dem alten Nordhäuser Bahnhof.


Allerdings gehörte „Blumenschmidt“ zu jenen Gartenbauunternehmen, die die großen Beeinträchtigungen durch Ersten Weltkrieg und Krise der Weimarer Republik nicht überstanden. 1926 musste die Firma Bankrott anmelden und verschmolz mit dem Gartenbauunternehmen Benary.
Martin Baumann/Steffen Raßloff (Hg.): '''[[Blumenstadt Erfurt|Blumenstadt Erfurt. Waid - Gartenbau - iga/egapark]]'''. Erfurt 2011.


„Stadtgeflüster“


Das „Palmenhaus“ am Anger galt als das Aushängeschild des Erfurter Gartenbaus. Es war viel mehr als nur ein Verkaufpavillon von „Blumenschmidt“, es verkörperte den „Mythos Blumenstadt“. So kann man nur auf die baldige Wiederbelebung dieses einzigartigen Erinnerungsortes im Herzen der Stadt hoffen.
Siehe auch '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]'''

Aktuelle Version vom 8. Oktober 2022, 08:02 Uhr

Gartenbauunternehmen J.C. Schmidt

Beitrag der Serie Mythos Blumenstadt in der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (14.04.2007)


"Blumenschmidt"

Mythos Blumenstadt (4): Das Gartenbauunternehmen J.C. Schmidt

Die 1823 gegründete Gartenbaufirma J.C. Schmidt ging als „Blumenschmidt“ in die Geschichte ein. Mit wirtschaftlichem Erfolg und vielen Innovationen trug sie wesentlich zur Weltgeltung der „Blumenstadt“ Erfurt bei. Das Palmenhaus am Anger erinnert an den Glanz der großen Zeit des Erfurter Gartenbaus um 1900.


SchmidtKatalog.jpg

Firmengründer Johann Christoph Schmidt (1803-1868) hatte zunächst in der Tradition seines Vaters als Wachsbossierer gearbeitet. Aus dem Rohstoff Bienenwachs gestaltete er u.a. beliebte Wachsfiguren. Auf dem Umweg über den Blumenanbau für seine Bienen machten Schmidt und seine Nachkommen schließlich ganz in Blumen. Die 1823 gegründete Firma „J.C. Schmidt“ bekam rasch den Ehrennamen „Blumenschmidt“. Johann Christoph Schmidt gehörte zu den aktiven Gründungsmitgliedern des Gartenbauvereins (1838), der für fachlichen Austausch sorgte, Ausstellungen vorbereitete und an der Gründung der „Thüringer Gartenbauzeitung“ beteiligt war. Kaum eine wichtige Neuerung in der Branche geschah ohne Schmidts Zutun, so etwa der erstmalige Versandt von getrockneten Blumen (1853) und frischen Schnittblumen (1854), gewissermaßen die Vorläufer des heutigen Fleurop-Systems. Spezialitäten von Blumenschmidt waren darüber hinaus die Bukett- und Kranzbinderei sowie die Herstellung von Wachsblumen.

Heinrich Schmidt (1841-1890) führte die Firma seines Vaters erfolgreich weiter. Zum äußeren Ausdruck des wirtschaftlichen Erfolges wurde der 1888 an der Ecke Schlösserstraße/Anger neben der Lorenzkirche errichtete Verkaufspavillon. Mit der eindrucksvollen Glasarchitektur des „Palmenhauses“ setzte sich „Blumenschmidt“ im Herzen der Stadt ein bleibendes Denkmal. Teilhaber Ernst Müller übernahm nach dem Tod von Heinrich Schmidt 1890 die Firma als Alleininhaber. Der intelligente und erfolgreiche Kaufmann verhalf „Blumenschmidt“ zu neuem Aufschwung. Allerdings verstarb auch er schon 1900 im Alter von nur 45 Jahren. Später übernahmen sein Sohn Alfred Müller und Alfred Wentscher die Firma.

Die eigentlich prägende Persönlichkeit über Jahrzehnte hinweg war die Witwe Ernst Müllers, Seniorchefin Marie Bauer. Sie genoss hohes Ansehen und spielte im gesellschaftlichen Leben der Stadt eine wichtige Rolle. Ihr Andenken ist in dem nach dem Ersten Weltkrieg am Ringelberg errichteten Marienhof verewigt. Dort hatte man einen Saatguthof mit Schäferei und Fohlenzucht eingerichtet. Das Krämpferfeld am nordwestlichen Stadtrand war seit langem das „Revier“ von „Blumenschmidt“. Große Gewerbeanlagen befanden sich an der Leipziger Straße gegenüber dem alten Nordhäuser Bahnhof. Allerdings gehörte „Blumenschmidt“ zu jenen Gartenbauunternehmen, die die großen Beeinträchtigungen durch Ersten Weltkrieg und Krise der Weimarer Republik nicht überstanden. 1926 musste die Firma Bankrott anmelden und verschmolz mit dem Gartenbauunternehmen Benary. (Foto: privat)


Lesetipps:

Steffen Raßloff: Die großen Gartenbauunternehmen der Blumenstadt Erfurt (Teil 3): Benary, Schmidt und Heinemann. In: BUGA - Mitschnitt des Jahres 2020. Hg. Verein Freunde der Bundesgartenschau Erfurt 2021 e.V. und BUGA Erfurt 2021 gGmbH. Erfurt 2021. S. 62 f.

Steffen Raßloff: Die Blumenstadt. Erfurt und der Gartenbau. In: Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2021. S. 86 f.

Martin Baumann/Steffen Raßloff (Hg.): Blumenstadt Erfurt. Waid - Gartenbau - iga/egapark. Erfurt 2011.


Siehe auch Geschichte der Stadt Erfurt