Schlacht Langensalza 1866

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Schlacht bei Langensalza 1866

1866 fand eine der beiden Entscheidungsschlachten des Deutschen Krieges ganz in der Nähe der preußischen Festung und Garnison Erfurt statt.


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Seit 1802/15 gehörte die vormals kurmainzische Stadt Erfurt zum Königreich Preußen. Zunächst als Folge der Kriege gegen das revolutionäre Frankreich an die Hohenzollern gelangt, sicherten diese sich auf dem Wiener Kongress 1814/15 ihre neuen Besitzungen in Thüringen. Fortan wurden sie als Regierungsbezirk Erfurt bis 1945 von der thüringischen Metropole aus verwaltet.

Die aufblühende Industriestadt erwies sich für Preußen als Gewinn, so wie sich die Erfurter selbst, insbesondere das Bürgertum, zunehmend mit dem neuen Landesherren identifizierten. Hinzu kam die strategische Bedeutung der Stadt. Die Festung Erfurt mit ihren gewaltigen Bastionen und den zwei Zitadellen Petersberg und Cyriaksburg besaß für Preußen eine wichtige Sicherungsfunktion. Sie schützte dessen Südflanke und diente wie eine „Spinne im Kleinstaatennetz“ (Hans-Werner Hahn) der Kontrolle der Region Thüringen. Dementsprechend investierte man viel Geld in die Verteidigungsanlagen rund um die Stadt und baute die Garnison weiter aus.

Als 1866 im deutschen „Bruderkrieg“ die Entscheidung zwischen den Vormächten des Deutschen Bundes, Preußen und Österreich, fiel, sollte die Festung und Garnison Erfurt unmittelbar an den Rand des Kriegsgeschehens rücken. Die beiden deutschen Großmächte rangen seit der Jahrhundertmitte um die Vorherrschaft in Mitteleuropa. 1864 im ersten der „Reichseinigungskriege“ noch gemeinsam gegen Dänemark siegreich, sollte sich Anfang Juni 1866 an der Schleswig-Holstein-Frage der nächste Krieg entzünden. Preußen lehnte vor dem Bundestag die von Österreich vorgeschlagene Schaffung eines Mittelstaates Schleswig-Holstein, auf das man selbst ein Auge geworfen hatte, strikt ab und Bismarck erklärte schließlich den Bund für aufgelöst – der Krieg hatte begonnen.

Wenige Tage vor der Entscheidungsschlacht von Königgrätz (Hradec Králové) in Böhmen am 3. Juli 1866, an der auch die Erfurter Infanterieregimenter Nr. 31 und 71 teilnehmen sollten, war das Umland von Erfurt zum Schauplatz des zweiten maßgebenden Gefechtes geworden. Das Königreich Hannover, wie die meisten süddeutschen Staaten an der Seite Österreichs stehend, versuchte sich mit seiner Armee durch Thüringen Richtung Bayern durchzukämpfen. Doch die Preußen verstanden es, diesen Durchbruchsversuch rechtzeitig zu verhindern. Am 29. Juni 1866 musste die Hannoversche Armee bei Langensalza kapitulieren, eine erste Entscheidung war gefallen.

Nach einem erfolgreichen Gefecht rund um die spätere Kurstadt am 27. Juni hatten sich die Hannoveraner nach zwei Tagen der technischen Überlegenheit Preußens beugen müssen. Da waren zum einen die modernen Zündnadelgewehre, die auch in der Königlichen Gewehrfabrik Erfurt seit 1862 produziert wurden. Noch wichtiger war die Nutzung des jungen Verkehrsmittels Eisenbahn. Mit dessen Hilfe konnte in kürzester Frist nach anfänglicher zahlenmäßiger Unterlegenheit ein Ring von 40.000 Soldaten um die 20.000 Hannoveraner samt ihren König Georg V. gezogen werden.

Natürlich waren auch Truppen der nahen Erfurter Garnison an der Schlacht beteiligt. Insbesondere das Ersatzbataillon der 71er und die reitende Artillerie trugen nicht unerheblich zum Erfolg der Preußen bei. Freilich bezahlten sie dies wie alle Beteiligten mit einem hohen Blutzoll, allein die Erfurter Infanterie hatte 176 Tote zu beklagen. In der Stadt selbst hatte man zu Kriegsbeginn eine längere Belagerung befürchtet, für deren Fall der Magistrat am 6. Juni in einem Aufruf „An die Einwohnerschaft Erfurts!“ entsprechende Vorbereitungen ankündigte.

Sicher hat der rasche Sieg der Preußen auch aus diesem Grunde für Erleichterung und Freude gesorgt, waren doch die schweren Zeiten der Belagerung 1813/14 noch nicht vergessen. Aber auch darüber hinaus wurde im preußisch geprägten Erfurt der Sieg bei Langensalza von großen Bevölkerungsteilen mit Jubel aufgenommen. Regierungspräsident Justus Wilhelm du Vigneau registrierte zufrieden die allseitige „Begeisterung über die Heldentaten der Truppen“ und die „Anerkennung der Meisterschaft, mit der der große Kampf vorbereitet und geführt worden“ sei. Die rückkehrenden Truppen wurden im September feierlich empfangen. Ein „Fest-Comité“ hatte Glockengeläut, Chorgesänge, einen Triumph-Bogen, Ansprachen und weitere Festlichkeiten organisiert.

Die „preußische Mission“ zur Einigung Deutschlands schien ein gutes Stück voran gekommen zu sein und sollte schon wenig später, wieder unter großem Jubel der Erfurter, ihre Erfüllung finden. Denn dem Preußisch-Österreichischen Krieg, ausführlich beschrieben von Kriegsberichterstatter Theodor Fontane, folgte bereits 1870/71 der Deutsch-Französische Krieg.

Am Ende des dritten der „Reichseinigungskriege“ stand die Gründung des Deutschen Kaiserreiches. Die Reichseinigung „von oben“ durch Otto von Bismarck, mit „Eisen und Blut“, war vollzogen. Damit entfiel für das nun mitten im neuen deutschen Nationalstaat liegende Erfurt 1873 die Funktion als Festungsstadt. Ihres einengenden Gürtels entledigt, wuchs das preußische Erfurt seit der „Gründerzeit“ zur modernen Industriemetropole heran, die 1906 den Status einer Großstadt erreichte. (Abb.: "Attacke der 4. Eskadron Cambridge-Dragoner auf zwei preußische Geschütze in der Schlacht bei Langensalza am 27. Juni 1866", Gemälde von Georg von Boddien, Stadtmuseum Bad Langensalza)


Steffen Raßloff: Erfurt und die Schlacht von Langensalza 1866. In: Stadt und Geschichte 31 (2006). S. 24.


Lesetipp:

Steffen Raßloff: Blutiger Weg zur Einheit. Die Schlacht von Langensalza 1866. In: Thüringen. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2018. S. 82 f.


Siehe auch: 150 Jahre Schlacht 2016, Geschichte der Stadt Erfurt, Erfurt und Preußen, Militär in Erfurt


Thüringer Allgemeine vom 25.06.2016 und 27.06.2016 (zum Lesen anklicken):

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