Luther Rathaus Erfurt

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Luther-Wandbilder im Rathaus

Beitrag der Serie Wandbilder im Rathaus in der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (2007)


Der "werdende Reformator"

Die Treppenhausbilder im Rathaus (5): Martin Luther

Im protestantischen Erfurt war man um 1900 sehr stolz darauf, Heimstatt des Studenten und “werdenden Reformators” Martin Luther gewesen zu sein. So ließ man es sich nicht nehmen, ihm den größten Wandbildzyklus im Rathaus zu widmen.


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Seine geistigen Grundlagen hat der Reformator Martin Luther an der Universität Erfurt und im hiesigen Augustinerkloster erworben. In der mehrheitlich protestantischen Lutherstadt war man daher seit dem 16. Jahrhundert stolz darauf, Stätte des “werdenden Reformators” zu sein. Dies dokumentiert sich in zahlreichen authentischen Erinnerungsorten, in Denkmalen und Traditionen, so dem Martinsfest am 10. November oder dem Lutherdenkmal am Anger.

Im Rathaus schmückt seit 1896 ein Wandbildzyklus mit sieben Episoden aus Luthers Erfurter Zeit den Flur des zweiten Obergeschosses. Prof. Eduard Kämpffer verwob hierbei in romantischer Manier historische und sagenhafte Momente. Freilich lässt sich auch für die Wissenschaft kaum das Gewirr von widersprechenden Quellen und legendärer Ausschmückung der frühen Lutherbiographie entwirren. Insbesondere der entscheidende Wendepunkt, der Klostereintritt 1505 nach dem Stotternheimer Gewittererlebnis, beschäftigt bis heute Theologen, Religionswissenschaftler und Historiker.

So wird etwa der Tod des Freundes Alexius, den Luther auf dem ersten Bild betrauert, nur in wenigen Überlieferungen mit dem Gewitter in Verbindung gebracht. Das Ereignis als solches, an das nahe Stotternheim seit 1917 ein Gedenkstein mit der Aufschrift “Werdepunkt der Reformation” erinnert, ist unstrittig. Luther hatte seit 1501 an der Universität Erfurt studiert und nach der Magisterprüfung 1505 gerade das lukrative Studium der Rechte begonnen. Am 2. Juli 1505 wurde er nach dem Besuch seiner Eltern in Mansfeld auf dem Rückweg bei Stotternheim von einem schweren Gewitter überrascht und soll in Todesangst gerufen haben: “Heilige Anna, hilf! Lässt Du mich leben, so will ich ein Mönch werden”.

Tatsächlich trat Luther am 17. Juli ins Augustinereremitenkloster ein. Weder die Vorhaltungen des Vaters, zu sehen auf dem vierten Bild, noch der Freunde können ihn von diesem Schritt abhalten. Die Bilder zwei und drei zeigen Luther an der Klosterpforte und als Bettelmönch auf der Treppe zur Krämerbrücke (siehe Abb., Foto: Dr. Steffen Raßloff). Verzweifelt rang er in seiner Klosterzelle um die Gnade Gottes. Dass er sich dabei bis zur Besinnungslosigkeit gegeißelt hat, wie es Kämpffer auf Bild fünf darstellt, ist nicht belegt. Keinen Zweifel gibt es aber am intensiven Bibelstudium von “Bruder Martin”, der Theologie zu studieren begann. In der Erfurter Klosterzelle bereiteten sich die Grundansichten des großen Kirchenreformators vor. Dass man in Erfurt die 1517 von Wittenberg aus angestoßene Reformation begeistert aufnahm, zeigt das letzte Bild. Es stellt den Empfang Luthers am 6. April 1521 durch hohe Repräsentanten von Stadt und Universität dar. Der Reformator befand sich auf der Reise von Wittenberg zum Wormser Reichstag, um seine “ketzerischen” Ansichten vor dem Kaiser zu verantworten. Der triumphale Empfang in Erfurt dürfte ihn in dem Entschluss, seine Lehren nicht zu widerrufen, gestärkt haben.


Siehe auch: Rathaus, Geschichte der Stadt Erfurt, Luther und Erfurt