Bundesarbeitsgericht

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Bundesarbeitsgericht

Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (27.09.2014)


Moderne in historischem Umfeld

DENKMALE IN ERFURT (166): Das Bundesarbeitsgericht zog 1999 von Kassel nach Erfurt.


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Die 1949 gegründete Bundesrepublik Deutschland verstand sich von Beginn an als „demokratischer und sozialer Bundesstaat“, wie es im Grundgesetz heißt. Sie griff damit die alte föderale Tradition der Deutschen auf, die erst im Nationalsozialismus zugunsten einer zentralisierten Führerdiktatur gebrochen wurde. In der wenig später gegründeten DDR ging man dagegen mit dem „demokratischen Zentralismus“ der SED ganz andere Wege. Erst die Wiedervereinigung 1990 machte aus ganz Deutschland eine Bundesrepublik. Zu deren Prinzipien gehört auch die regionale Verteilung oberster Bundesbehörden. So finden sich die wichtigen Bundesgerichte wie das Verfassungsgericht in Karlsruhe ganz bewusst nicht in der ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn oder in Berlin. Auch hier galt es nach 1990 die neu hinzu gekommenen Länder einzubeziehen.

In diesem Sinne darf sich Erfurt als doppelter Gewinner der Wiedervereinigung fühlen. Es wurde nicht nur 1990 Hauptstadt des Bundeslandes Thüringen, sondern setzte sich auch als neuer Sitz des Bundesarbeitsgerichtes durch. Dieses hatte seit 1954 gemeinsam mit dem Bundessozialgericht in Kassel residiert. Im Zuge der praktischen Umsetzung der deutschen Einheit beschloss die Unabhängige Föderalismuskommission im Mai 1992, das Bundesarbeitsgericht nach Thüringen zu verlegen. Ein Jahr später bekam Erfurt als Gerichtssitz den definitiven Zuschlag. 1999 erfolgte schließlich, nicht zur Freude aller in Nordhessen verwurzelten Mitarbeiter, der Umzug von Kassel nach Erfurt. In der Hauptstadt des Freistaates Thüringen, wie sich das Land in seiner Verfassung von 1993 benannte, war dagegen der Stolz auf den Prestigegewinn groß.

Wie so oft gab es aber auch Spannungen bei einem derart ambitionierten Projekt. Diese wurden insbesondere durch den Neubau auf dem Gelände des ehemaligen Hornwerks der Zitadelle Petersberg erzeugt. Architektin Gesine Weinmiller hatte einen schmucklosen rechteckigen Baukörper entworfen, der kaum Bezug zu seinem historischen Umfeld nimmt. „Acht Ecken, ein Quader ohne Kompromiss - ungerührt und eigensinnig liegt das Gebäude in der gewellten Landschaft des Petersbergs. Es prunkt nicht, spart sich alle hoheitsgebietenden Gesten, ist einfach da, unübersehbar.“ So zitiert Mark Escherich im „Architekturführer Thüringen“ eine der damals rühmenden Stimmen aus der Fachwelt. Solcher Anerkennung stand die zumindest anfangs doch recht reservierte Haltung vieler Erfurter gegenüber. Neben Geschmacksfragen bezog man sich auch auf den Umgang mit dem historischen Baugrund. Der wuchtige Baukörper durchschnitt die zeitgleich mit viel Aufwand wieder sichtbar gemachten Strukturen der Zitadelle Petersberg. (Foto: Alexander Raßloff)


Siehe auch: Bundesarbeitsgericht, Petersberg, Geschichte der Stadt Erfurt