Visionen Peterskirche Stadtkrone Buga: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Visionen für die Stadtkrone'''


Die Peterskirche dominierte über Jahrhunderte neben Dom und Severikirche die Stadtsilhouette von Erfurt. Mit dem Schwung der Buga 2021 gilt es dieses Kulturdenkmal wieder aufzuwerten.
'''Die Peterskirche dominierte über Jahrhunderte neben Dom und Severikirche die Silhouette von Erfurt. Für die Bundesgartenschau 2021 wurde dieses bedeutende Kulturdenkmal saniert und wieder erlebbar gemacht.'''




[[Datei:Peterskirche_Erfurt_2.jpg|380px|right]][[Datei:Schedelchronik.jpg|380px|right]][[Datei:Peterskloster.um1800.jpg|380px|right]][[Datei:PetersklosterForum.jpg|380px|right]]Die Entscheidung über die Zukunft der Defensionskaserne auf dem Petersberg ist gefallen. Sie soll durch den Paritätischen Wohlfahrtsverband und die Landesmedienanstalt genutzt werden. Spektakuläre Impulse für die Bundesgartenschau 2021, die auch auf dem Petersberg angesiedelt sein wird, darf man von ihnen wohl nicht erwarten.  
[[Datei:PeterskircheAl.jpg|400px|right]]Über Jahrhunderte war die romanische Klosterkirche St. Peter und Paul neben Dom und Severikirche die Stadtkrone '''[[Geschichte der Stadt Erfurt|Erfurts]]''' mit seinen zahlreichen '''[[Kirchen]]'''. Der seit 1060 dort ansässige Benediktinerorden hatte sie von 1103 bis 1147 errichtet. Sie wurde zum Ort großer Ereignisse, wie die Unterwerfung Heinrichs des Löwen unter Kaiser '''[[Barbarossa_Kniefall_Heinrich_der_Löwe_Erfurt_1181|Friedrich Barbarossa]]''' 1181 oder der Reichstag König '''[[König_Rudolf_Raubritter_Erfurt_1289/90|Rudolfs von Habsburg]]''' 1289/90. Seit der Schedelschen „Weltchronik“ (1493) mit der ersten Stadtansicht zeigt sich jener imposante Komplex auf dem '''[[Petersberg]]''', dessen Kirche nach jüngsten Forschungen bis ins ausgehende Mittelalter sogar vier Türme besaß.


Umso wichtiger wird damit das letzte unsanierte und zugleich historisch bedeutsamste Bauwerk: die ehemalige Peterskirche. (Foto: TomKidd) Über Jahrhunderte war die romanische Klosterkirche St. Peter und Paul neben Dom und Severikirche die weithin ausstrahlende zweite Stadtkrone. Der seit 1060 dort ansässige Benediktinerorden hatte von 1103 bis 1147 dieses Gotteshaus errichtet. Es wurde auch zum Ort großer politischer Ereignisse, wie der Unterwerfung Heinrichs des Löwen unter Kaiser Barbarossa 1181 oder der Reichstag König Rudolfs von Habsburg 1289/90. An beides erinnert eines der Wandbilder im Rathausfestsaal.
Nach der Unterwerfung Erfurts durch den Mainzer Erzbischof 1664 änderte sich das Umfeld des '''[[Peterskloster|Petersklosters]]''' durch die Errichtung der '''[[Zitadelle Petersberg]]'''. Es befand sich nun inmitten gewaltiger Befestigungen, die bis heute erhalten sind. Dass Kirche und Kloster weitgehend aus dem Stadtbild verschwanden, haben die Preußen zu verantworten. Nach den '''[[Belagerung_Erfurt_1813/14|Zerstörungen 1813]]''' rissen sie die Reste des Klosters ab und errichteten die riesige '''[[Defensionskaserne Petersberg Erfurt|Defensionskaserne]]'''. Die Kirche wurde ihrer beiden Türme beraubt und auf die Hälfte der Höhe zurück gebaut (Foto: Alexander Raßloff). Fortan nutzte man sie bis in die DDR-Zeit als Lagerhaus. Im 20. Jh. kam es zu ernsthaften Bemühungen um das Bauwerk. Von 1905 bis 1911 wirkte eine „Vereinigung für Wiederherstellung der Peterskirche“. 1914 bewilligte die Stadt 60.000 Mark für die Rekonstruktion, die vom Ersten Weltkrieg verhindert wurde. Im Folgenden gab es mehrfach Pläne, die Kirche und Umfeld einschneidend verändert hätten. Hierzu zählen die Entwürfe für ein '''[[NS-Architektur_in_Erfurt|NS-Forum]]''' 1942 oder die radikalen '''[[Stadtumbau DDR-Zeit Plattenbau|DDR-Stadtumbaupläne]]'''.


Schon in der „Weltchronik“ des Hartmann Schedel von 1493, der wir die erste Stadtansicht Erfurts verdanken, ist gleich zu Beginn die Rede von „einem hohen Berg, den man Sankt Peters nennet“ und auf dem sich ein altehrwürdiges Kloster befinde. (Abb. 2: Peterskirche rechts oben, Stadtmuseum Erfurt) Fortan finden wir auf allen Ansichten und Stadtplänen jenen imposanten Komplex, dessen Türme am höchsten gen Himmel ragen.  
Nach 1989/90 rückte der Torso unter der Obhut der '''[[Stiftung_Thueringer_Schloesser_und_Gaerten|Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten]]''' wieder in den Fokus. Für die '''[[Bundesgartenschau Erfurt 2021|Bundesgartenschau 2021]]''' wurde die Peterskirche als eines der wichtigsten Kulturdenkmale Thüringens erlebbar gemacht. Eine Initiative um Historiker Dr. Steffen Raßloff und Heimatmaler Jürgen Valdeig hatte 2014 der Tourismusverein Erfurt mit der Projektidee "Eine neue Stadtkrone für Erfurt" aufgegriffen. Diese stellte sich als Ziele neben einer stilisierten Rekonstruktion der Kirchtürme die "denkmalgerechte Sanierung und funktionelle Aufwertung" der Peterskirche, was bis 2021 von der Schlösserstiftung umgesetzt wurde. Im Kommandantenhaus entstand eine moderne multimediale Ausstellung zur '''[[Ausstellung_Kommandantenhaus_Geschichte_Petersberg_Erfurt|Geschichte des Petersbergs]]''', die auch die einstige Klosterkirche einbezieht.  


Dass Kirche und Kloster (Abb. 3: Kirche grün eingefärbt, um 1800, Stadtarchiv Erfurt) weitgehend aus dem Stadtbild verschwunden sind, haben die Preußen zu verantworten. Nach den kriegsbedingten Zerstörungen vom November 1813 rissen sie die Reste des Klosters ab und errichteten stattdessen die riesige Defensionskaserne. Die Kirche wurde ihrer Türme beraubt und auf die Hälfte der einstigen Höhe zurück gebaut. Fortan nutzte man sie bis in die DDR-Zeit als Lagerhaus. Welches Kulturgut der Stadt Erfurt hierbei verloren gegangen ist, lässt neben alten Stadtansichten ein großes Modell im Stadtmuseum erahnen.
('''[[Steffen Rassloff|Dr. Steffen Raßloff]]''')


Anfang des 20. Jahrhunderts führte die allmähliche Rückbesinnung auf den großen kulturgeschichtlichen Wert der einstigen Kirche, verbunden mit neuen Haltungen in der Frage der Denkmalpflege, zu ernsthaften Bemühungen um ihre Rekonstruktion. Von 1905 bis 1911 strebte die „Vereinigung für Wiederherstellung der Peterskirche“ zusammen mit Militär, Stadt- und Staatsbehörden sowie der Andreasgemeinde die Wiederherstellung als Gemeindekirche an. Auch nach dem Scheitern dieser Initiative blieb das Thema aktuell. Noch 1914 bewilligten die städtischen Behörden 60.000 Mark für die Rekonstruktion, die vom unmittelbar danach ausbrechenden Ersten Weltkrieg verhindert wurde.


Im hierauf folgenden "Zeitalter der Extreme" gab es mehrfach Pläne, die die Kirche und ihr Umfeld einschneidend verändert hätten. Hierzu zählen die Entwürfe für ein NS-Forum unter Einbeziehung des Kirchenbaus als "Ehrenhalle" von Theo Kellner 1942 (Abb. 4, Stadtarchiv Erfurt) oder die modernen Umgestaltungspläne für den Petersberg mit einem Hochhaus aus der DDR-Zeit, die in ein radikales Umbauvorhaben der Innenstadt in Plattenbauweise eingebaut waren. Glücklicherweise kamen all diese Pläne nicht zur Ausführung.
Lesetipps:


Nach 1989 rückte der Torso der Peterskirche wieder in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. In dem heute zur Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten gehörenden Bauwerk ist seit 1993 das Forum Konkrete Kunst ansässig. Mit der Vorbereitung auf die Bundesgartenschau 2021 sollte die Peterskirche als eines der wichtigsten Kulturdenkmale unserer Stadt noch stärker erlebbar werden. Anregungen aus der Bürgerschaft gibt es hierfür längst. Eine komplette Rekonstruktion, wie sie mehrfach angestrebt wurde, wäre momentan wohl ein zu ambitioniertes Vorhaben und ist auch denkmalpflegerisch umstritten. Die komplexe Sanierung des vorhandenen Baukörpers, eine Ausstellung zu seiner wechselvollen Geschichte, die die Konkrete Kunst ergänzt, und eine moderne Rekonstruktion der Türme als Aussichtpunkt brächten aber gleichwohl eine deutliche Aufwertung. Es gibt also genügend Ansatzpunkte, mit dem Schwung der Buga Visionen für die einstige strahlende Stadtkrone zu entwickeln.  
'''Kloster und Festung. Beiträge zur Geschichte des Erfurter Petersbergs''' (Berichte der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. Bd. 15). Petersberg 2022.


('''[[Steffen Raßloff|Dr. Steffen Raßloff]]''')
'''Die Klosterkirche St. Peter und Paul in Erfurt. Neue Forschungen zu den Wandmalereien und zur Baugeschichte''' (Berichte der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. Bd. 13). Petersberg 2015.


Steffen Raßloff: '''Eindrucksvoller Torso. Die Peterskirche auf dem Petersberg.''' In: '''[[Erfurt 55 Highlights aus der Geschichte|Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte]].''' Erfurt 2021. S. 28 f.


Siehe auch: '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]''', '''[[Peterskirche_Erfurt|Peterskirche]]''', '''[[Belagerung_Erfurt_1813/14|Beschießung 1813]]''', '''[[Bundesgartenschau Erfurt 2021|Buga 2021]]''', '''[[Stadtmuseum Erfurt|Stadtmuseum]]'''


'''>''' '''[http://www.valdeig-fineart.de/special/peterskirche.htm Initiative zur Rekonstruktion der Peterskirche von Jürgen Valdeig]'''
[[Datei:Peterskloster-Amtsblatt-22-5-20.jpg|500px|left]]

Aktuelle Version vom 26. Februar 2024, 11:54 Uhr

Stadtkrone Peterskirche

Die Peterskirche dominierte über Jahrhunderte neben Dom und Severikirche die Silhouette von Erfurt. Für die Bundesgartenschau 2021 wurde dieses bedeutende Kulturdenkmal saniert und wieder erlebbar gemacht.


PeterskircheAl.jpg

Über Jahrhunderte war die romanische Klosterkirche St. Peter und Paul neben Dom und Severikirche die Stadtkrone Erfurts mit seinen zahlreichen Kirchen. Der seit 1060 dort ansässige Benediktinerorden hatte sie von 1103 bis 1147 errichtet. Sie wurde zum Ort großer Ereignisse, wie die Unterwerfung Heinrichs des Löwen unter Kaiser Friedrich Barbarossa 1181 oder der Reichstag König Rudolfs von Habsburg 1289/90. Seit der Schedelschen „Weltchronik“ (1493) mit der ersten Stadtansicht zeigt sich jener imposante Komplex auf dem Petersberg, dessen Kirche nach jüngsten Forschungen bis ins ausgehende Mittelalter sogar vier Türme besaß.

Nach der Unterwerfung Erfurts durch den Mainzer Erzbischof 1664 änderte sich das Umfeld des Petersklosters durch die Errichtung der Zitadelle Petersberg. Es befand sich nun inmitten gewaltiger Befestigungen, die bis heute erhalten sind. Dass Kirche und Kloster weitgehend aus dem Stadtbild verschwanden, haben die Preußen zu verantworten. Nach den Zerstörungen 1813 rissen sie die Reste des Klosters ab und errichteten die riesige Defensionskaserne. Die Kirche wurde ihrer beiden Türme beraubt und auf die Hälfte der Höhe zurück gebaut (Foto: Alexander Raßloff). Fortan nutzte man sie bis in die DDR-Zeit als Lagerhaus. Im 20. Jh. kam es zu ernsthaften Bemühungen um das Bauwerk. Von 1905 bis 1911 wirkte eine „Vereinigung für Wiederherstellung der Peterskirche“. 1914 bewilligte die Stadt 60.000 Mark für die Rekonstruktion, die vom Ersten Weltkrieg verhindert wurde. Im Folgenden gab es mehrfach Pläne, die Kirche und Umfeld einschneidend verändert hätten. Hierzu zählen die Entwürfe für ein NS-Forum 1942 oder die radikalen DDR-Stadtumbaupläne.

Nach 1989/90 rückte der Torso unter der Obhut der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten wieder in den Fokus. Für die Bundesgartenschau 2021 wurde die Peterskirche als eines der wichtigsten Kulturdenkmale Thüringens erlebbar gemacht. Eine Initiative um Historiker Dr. Steffen Raßloff und Heimatmaler Jürgen Valdeig hatte 2014 der Tourismusverein Erfurt mit der Projektidee "Eine neue Stadtkrone für Erfurt" aufgegriffen. Diese stellte sich als Ziele neben einer stilisierten Rekonstruktion der Kirchtürme die "denkmalgerechte Sanierung und funktionelle Aufwertung" der Peterskirche, was bis 2021 von der Schlösserstiftung umgesetzt wurde. Im Kommandantenhaus entstand eine moderne multimediale Ausstellung zur Geschichte des Petersbergs, die auch die einstige Klosterkirche einbezieht.

(Dr. Steffen Raßloff)


Lesetipps:

Kloster und Festung. Beiträge zur Geschichte des Erfurter Petersbergs (Berichte der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. Bd. 15). Petersberg 2022.

Die Klosterkirche St. Peter und Paul in Erfurt. Neue Forschungen zu den Wandmalereien und zur Baugeschichte (Berichte der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. Bd. 13). Petersberg 2015.

Steffen Raßloff: Eindrucksvoller Torso. Die Peterskirche auf dem Petersberg. In: Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2021. S. 28 f.


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