Georgi Dimitroff Denkmal: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Beitrag der Serie [[Denkmale in Erfurt|Denkmale in Erfurt]] aus der Thüringer Allgemeine von [[Steffen Raßloff|Dr. Steffen Raßloff]] (29.12.2012)'''
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[[Datei:Dimitroff.jpg|420px|right]]Sein Denkmal auf dem hinteren Schulhof in der Bukarester Straße 1 ist halb von Pflanzen überwuchert, traurig schaut er von seinem Medaillon herab. Georgi Dimitroff (1882-1949), der berühmte bulgarische Kommunist, Internationale-Führer und Sieger über Hermann Göring im Reichstagsbrandprozess von 1933, hat schon bessere Zeiten als verehrte historische Persönlichkeit erlebt. In der DDR-Zeit war nicht nur die Neubaugebiets-Schule nach ihm benannt, sogar das heutige Steigerwaldstadion trug seinen Namen. Dennoch erfreut sich das kleine Denkmal aus dem Jahre 1982 eines außergewöhnlichen Privilegs: Es ist anders als die meisten in der DDR initiierten „politischen“ Denkmale nach 1990 vom nahezu flächendeckenden Denkmalsturz verschont geblieben. Wie auch immer man die Verdienste Dimitroffs, den Bezug zur heutigen Schule oder den künstlerischen Wert einschätzen mag, als seltenes Relikt einer ganz spezifischen Form von Denkmalen sollte es erhalten bleiben.
[[Datei:Dimitroff.jpg|380px|right]]Sein Denkmal auf dem hinteren Schulhof in der Bukarester Straße 1 ist halb von Pflanzen überwuchert, traurig schaut er von seinem Medaillon herab. Georgi Dimitroff (1882-1949), der berühmte bulgarische Kommunist, Internationale-Führer und Sieger über Hermann Göring im Reichstagsbrandprozess von 1933, hat schon bessere Zeiten als verehrte historische Persönlichkeit erlebt. In der DDR-Zeit war nicht nur die Neubaugebiets-Schule nach ihm benannt, sogar das heutige Steigerwaldstadion trug seinen Namen. Dennoch erfreut sich das kleine Denkmal aus dem Jahre 1982 eines außergewöhnlichen Privilegs: Es ist anders als die meisten in der DDR initiierten „politischen“ Denkmale nach 1990 vom nahezu flächendeckenden Denkmalsturz verschont geblieben. Wie auch immer man die Verdienste Dimitroffs, den Bezug zur heutigen Schule oder den künstlerischen Wert einschätzen mag, als seltenes Relikt einer ganz spezifischen Form von Denkmalen sollte es erhalten bleiben.


Begonnen hat alles mit der Eröffnung der Polytechnischen Oberschule (POS) 45 im gerade entstehenden Neubaugebiet im Norden 1975. So wie man die Straßen hier nach den Hauptstädten der sozialistischen Bruderstaaten von Prag bis Ulan Bator und Havanna benannte, sollte auch die neue Schule hierauf Bezug nehmen. 1978 erhielt sie deshalb in Sichtweite der Sofioter Straße den Namen Georgi Dimitroff. Nach 1990 brachte man hier zunächst das Albert-Einstein-Gymnasium, dann die heutige Berufsschule unter. Sicher hätte es dem überzeugten Kommunisten nicht gefallen, dass diese nach dem Verfechter der sozialen Marktwirtschaft Ludwig Ehrhard und dem Erfurter Unternehmer Sebastian Lucius benannt wurde.  
Begonnen hat alles mit der Eröffnung der Polytechnischen Oberschule (POS) 45 im gerade entstehenden Neubaugebiet im Norden 1975. So wie man die Straßen hier nach den Hauptstädten der sozialistischen Bruderstaaten von Prag bis Ulan Bator und Havanna benannte, sollte auch die neue Schule hierauf Bezug nehmen. 1978 erhielt sie deshalb in Sichtweite der Sofioter Straße den Namen Georgi Dimitroff. Nach 1990 brachte man hier zunächst das Albert-Einstein-Gymnasium, dann die heutige Berufsschule unter. Sicher hätte es dem überzeugten Kommunisten nicht gefallen, dass diese nach dem Verfechter der sozialen Marktwirtschaft Ludwig Ehrhard und dem Erfurter Unternehmer Sebastian Lucius benannt wurde.  


Übrigens trug die andere Hälfte der Doppelschule als POS 46 seit 1979 den Namen des tschechischen Kommunisten Julius Fučik. Vor seinem Ehrenhain mit einer Büste auf Steinsockel hat der Autor dieses Beitrages als Schüler zahlreiche Appelle miterlebt. Unter den Klängen des Yorckschen Marsches zogen Lehrer und Schüler bei besonderen Anlässen wie dem Schuljahresbeginn und -ende zackig im Karree auf, dass es für jeden preußischen Feldwebel eine Freude gewesen wäre. Der von der Gestapo gefolterte und 1943 in Berlin hingerichtete Prager Widerstandskämpfer hatte diese pseudomilitärischen Rituale ebenso über sich ergehen lassen müssen wie das rasche Verschwinden seines Denkmals nach 1990. Anders als bei Georgi Dimitroff sollte dies mit fast allen vergleichbaren Gedenktafeln, Büsten und Denkmalen so geschehen.
Übrigens trug die andere Hälfte der Doppelschule als POS 46 seit 1979 den Namen des tschechischen Kommunisten Julius Fučik. Vor seinem Ehrenhain mit einer Büste auf Steinsockel hat der Autor dieses Beitrages als Schüler zahlreiche Appelle miterlebt. Unter den Klängen des Yorckschen Marsches zogen Lehrer und Schüler bei besonderen Anlässen wie dem Schuljahresbeginn und -ende zackig im Karree auf, dass es für jeden preußischen Feldwebel eine Freude gewesen wäre. Der von der Gestapo gefolterte und 1943 in Berlin hingerichtete Prager Widerstandskämpfer hatte diese pseudomilitärischen Rituale ebenso über sich ergehen lassen müssen wie das rasche Verschwinden seines Denkmals nach 1990. Anders als bei Georgi Dimitroff sollte dies mit fast allen vergleichbaren Gedenktafeln, Büsten und Denkmalen so geschehen.
Literaturtipp:
'''Steffen Raßloff: [[100 Denkmale in Erfurt|100 Denkmale in Erfurt. Geschichte und Geschichten]].''' Mit Fotogafien von Sascha Fromm (Thüringen Bibliothek. Bd. 11). Essen 2013.




Siehe auch: '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]''', '''[[Steigerwaldstadion_Erfurt|Steigerwaldstadion]]''' (Georgi-Dimitroff-Stadion)
Siehe auch: '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]''', '''[[Steigerwaldstadion_Erfurt|Steigerwaldstadion]]''' (Georgi-Dimitroff-Stadion)

Aktuelle Version vom 1. Oktober 2022, 13:00 Uhr

Georgi Dimitroff Denkmal

Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (29.12.2012)


Der vergessene Schulpatron

DENKMALE IN ERFURT (78): Die Berufsschule in der Bukarester Straße war einst als POS 45 dem bulgarischen Kommunisten Georgi Dimitroff gewidmet.


Dimitroff.jpg

Sein Denkmal auf dem hinteren Schulhof in der Bukarester Straße 1 ist halb von Pflanzen überwuchert, traurig schaut er von seinem Medaillon herab. Georgi Dimitroff (1882-1949), der berühmte bulgarische Kommunist, Internationale-Führer und Sieger über Hermann Göring im Reichstagsbrandprozess von 1933, hat schon bessere Zeiten als verehrte historische Persönlichkeit erlebt. In der DDR-Zeit war nicht nur die Neubaugebiets-Schule nach ihm benannt, sogar das heutige Steigerwaldstadion trug seinen Namen. Dennoch erfreut sich das kleine Denkmal aus dem Jahre 1982 eines außergewöhnlichen Privilegs: Es ist anders als die meisten in der DDR initiierten „politischen“ Denkmale nach 1990 vom nahezu flächendeckenden Denkmalsturz verschont geblieben. Wie auch immer man die Verdienste Dimitroffs, den Bezug zur heutigen Schule oder den künstlerischen Wert einschätzen mag, als seltenes Relikt einer ganz spezifischen Form von Denkmalen sollte es erhalten bleiben.

Begonnen hat alles mit der Eröffnung der Polytechnischen Oberschule (POS) 45 im gerade entstehenden Neubaugebiet im Norden 1975. So wie man die Straßen hier nach den Hauptstädten der sozialistischen Bruderstaaten von Prag bis Ulan Bator und Havanna benannte, sollte auch die neue Schule hierauf Bezug nehmen. 1978 erhielt sie deshalb in Sichtweite der Sofioter Straße den Namen Georgi Dimitroff. Nach 1990 brachte man hier zunächst das Albert-Einstein-Gymnasium, dann die heutige Berufsschule unter. Sicher hätte es dem überzeugten Kommunisten nicht gefallen, dass diese nach dem Verfechter der sozialen Marktwirtschaft Ludwig Ehrhard und dem Erfurter Unternehmer Sebastian Lucius benannt wurde.

Übrigens trug die andere Hälfte der Doppelschule als POS 46 seit 1979 den Namen des tschechischen Kommunisten Julius Fučik. Vor seinem Ehrenhain mit einer Büste auf Steinsockel hat der Autor dieses Beitrages als Schüler zahlreiche Appelle miterlebt. Unter den Klängen des Yorckschen Marsches zogen Lehrer und Schüler bei besonderen Anlässen wie dem Schuljahresbeginn und -ende zackig im Karree auf, dass es für jeden preußischen Feldwebel eine Freude gewesen wäre. Der von der Gestapo gefolterte und 1943 in Berlin hingerichtete Prager Widerstandskämpfer hatte diese pseudomilitärischen Rituale ebenso über sich ergehen lassen müssen wie das rasche Verschwinden seines Denkmals nach 1990. Anders als bei Georgi Dimitroff sollte dies mit fast allen vergleichbaren Gedenktafeln, Büsten und Denkmalen so geschehen.


Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Steigerwaldstadion (Georgi-Dimitroff-Stadion)