Engelsburg Erfurt

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Die Engelsburg

Ausgewählte Beiträge aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (veröffentl. 2010)


Die Humanistenstätte

Engelsburg (1): Die Holzstube der Engelsburg wird mit Hilfe der Universitätsgesellschaft saniert

Die Engelsburg hat als Humanistenstätte Geschichte geschrieben. Hier tagte einst der trinkfreudige Kreis um Eobanus Hessus und wurde Martin Luther von einem Blasenleiden kuriert. Anlässlich der bevorstehenden Sanierung des legendären „Humanistenerkers“ wirft eine Serie Schlaglichter auf die wechselvolle Geschichte des Häuserkomplexes.

Von Dr. Steffen Raßloff

Die Universitätsgesellschaft Erfurt hat sich entschlossen, die Sanierung der Holzstube in der Engelsburg, den legendären „Humanistenerker“, maßgeblich zu unterstützen. Hierfür werden Gelder eingesetzt, die eigentlich für den Wiederaufbau des Collegium maius, des alten Universitätshauptgebäudes, gedacht waren. Mit dem Verkauf des Kollegiums durch die Stadt an die Evangelische Kirche hatte sich jedoch dieses mit viel Engagement verfolgte Ziel im vergangenen Jahr erledigt, zum Bedauern nicht nur von Gesellschafts-Präsident Dr. Anselm Räder.

Mit der Engelsburg fand die Universitätsgesellschaft jedoch ein wahrhaft würdiges Nachfolgeobjekt und engagierte Partner. Das dortige Studentenzentrum, der Förderverein Humanistenstätte und der Förderverein „Die Alten“ freuen sich über die gut begründete Entscheidung. Der historische Gebäudekomplex in der Allerheiligenstraße 20 war und ist eng mit der Universität Erfurt verknüpft. Dabei verhalfen nur wenige Jahrzehnte in ihrer langen und wechselvollen Geschichte der Engelsburg zu dauerhaftem Ruhm. Hier versammelte sich ein Kreis führender Humanisten, darunter viele Gelehrte der renommierten Alma mater Erfordensis.

Bauuntersuchungen haben ergeben, dass die Gebäude des heute unter dem Namen Engelsburg bekannten Komplexes zu den ältesten in Erfurt gehören. Sie datieren zurück bis ins 12. Jahrhundert. Ihre kulturgeschichtlich bedeutsamste Zeit erlebte die Engelsburg als Sitz des Humanisten und „Poeten-Königs“ Eobanus Hessus in den Jahren um 1520. Sie gehörte damals zunächst dem Schwiegervater Hessus`, dann seinem Gönner Georg Sturz. Der wohlhabende Arzt und Universitätsrektor Sturz ermöglichte die unbeschwerte Geselligkeit der trinkfreudigen Gelehrten. Diesem Kreis entsprangen auch die berühmten „Dunkelmännerbriefe“, die treffendste Satire auf mittelalterliche Scholastik und ungebildete Geistlichkeit. Allerdings fanden die Humanistentreffen wohl nicht in der heutigen Holzstube mit ihrem Erker zur Kirchhofsgasse statt, sondern in dem 1952 abgerissenen Hauptgebäude „Zur Engelsburg“ an der Allerheiligenstraße.

Nicht nur wegen der Kontakte zwischen den Erfurter Humanisten und Martin Luther, wegen nachweislicher Aufenthalte und der Parteinahme des Hessus-Kreises für den Reformator kann man die Engelsburg auch zu den Lutherstätten in Erfurt zählen. Eine dramatische Episode in Luthers Leben fand hier ihren Ausklang. 1537 plagte ihn ein heftiges Blasensteinleiden, an dessen Folgen er fast verstorben wäre. Auf dem Rückweg von Schmalkalden nach Wittenberg wurde Luther von seinem Freund Sturz deshalb in der Engelsburg gepflegt.