Steigerwaldstadion Erfurt
Steigerwaldstadion
1931 eröffnetes Stadion der Stadt Erfurt, früher "Mitteldeutsche Kampfbahn" und Georgij-Dimitroff-Stadion
1931 wurde in Erfurt unter großer medialer Anteilnahme die „Mitteldeutsche Kampfbahn“ eingeweiht, das heutige Steigerwaldstadion. Ein Jahrhundertprojekt, das der Stadt wichtige Impulse verleihen wird, so der Grundtenor in der Presse. Die Pläne hierfür reichten bis in die frühen 1920er Jahre zurück. Gerade in der schwierigen Zeit nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg 1914/18 wollte Erfurt seine Rolle als alte Metropole und damals noch „heimliche Hauptstadt“ Thüringens oder sogar Mitteldeutschlands untermauern. Trotz aller Zerstrittenheit der politischen Lager und Parteien während der Weimarer Republik war man sich hierüber in Erfurt einig. Niemand wollte dieses wichtige Infrastrukturprojekt durch parteipolitisches Kalkül gefährden.
Überhaupt spielte der Städtebau im Erfurt der 1920er Jahre eine große Rolle. Er gehört mit zur Aufbruchstimmung der “Goldenen Zwanziger”. Weitere Großprojekte wie der Nordpark mit dem jüngst sanierten Nordbad (1925/29), der Flughafen am Roten Berg (1925) und eine Reihe von öffentlichen Bauten im Bauhausstil prägen ebenso das Stadtbild wie die modernen Wohnungsbaukomplexe etwa im Hanse-Viertel. Herzstück dieser selbstbewussten Metropole sollte das Areal rund um das neue Stadion werden. Geplant war u.a. noch eine moderne Stadthalle direkt neben der Sportanlage. Damit wäre, wie man heute wohl sagen würde, ein Multifunktionskomplex entstanden. Die Weltwirtschaftskrise machte allerdings den Planern einen Strich durch die Rechnung.
Das Steigerwaldstadion hat große Momente der Sportgeschichte erlebt. Hier wurde der SC Turbine Erfurt, Vorgänger des FC Rot-Weiß, 1954 und 1955 DDR-Meister im Fußball. In Spitzenspielen wie gegen die BSG Chemie Leipzig zog es fast 50.000 Zuschauer in das 1931 errichtete Stadion. Auch später verfolgten noch an die 30.000 Fans die Spiele des 1966 umbenannten FC Rot-Weiß Erfurt. Begeisternder Offensivfußball der Heun, Busse, Romstedt & Co. versetzte sie in den 1980er Jahren in Verzückung. Letzte Höhepunkte waren der Aufstieg in die Zweite Bundesliga 1990 und 2004.
Schon 1935 hatte die damalige Mitteldeutsche Kampfbahn das erste Länderspiel gesehen, das Deutschland gegen Rumänien 4:2 gewann. Im Georgij-Dimitroff-Stadion, wie die Sportstätte in der DDR-Zeit hieß, gab es weitere Länderspiele gegen Marokko, Polen, Bulgarien und die Tschechoslowakei. Nach der Wende 1989 fanden im nunmehrigen Steigerwaldstadion mehrere Frauen-Länderspiele bis hin zur Europameisterschaft 2001 statt. Doch sorgte keineswegs der Fußball allein für Hochstimmung. Immer wieder gab es hochkarätige Wettkämpfe, zuletzt die Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften 1994, 1999 und 2007. Unvergessen sind aber auch Etappenankünfte der populären Friedensfahrt mit Radsport-Idol Täve Schur.
Jetzt liegt es am Erfurter Stadtrat, mit der Entscheidung zu einer neuen Multifunktionsarena am 29. Februar 2012 die Weichen für die Zukunft zu stellen. Mit dem Steigerwaldstadion in seinem aktuellen Zustand wird man nicht mehr an die großen Momente der Erfurter Sportgeschichte anknüpfen können, selbst wenn man einige Millionen in eine notdürftige Sanierung stecken würde. Ohne neue Arena hätte der FC Rot-Weiß keine Perspektive im Profifußball, womit Erfurt früher oder später von der Landkarte der beliebtesten Sportart in Deutschland verschwinden würde. Länderspiele, große Wettkämpfe in der Leichtathletik und ähnliche Ereignisse würden dann der Vergangenheit angehören. Auch ohne einer der vielen Sport- und Fußballfans zu sein, sollte man diesen drohenden Verlust eines wichtigen „weichen“ Standortfaktors bedenken. Erfurt wäre dann die einzige mitteldeutsche Großstadt ohne moderne Arena.