Bäder und Badeanstalten
Bäder und Badeanstalten
Baden in Erfurt seit Kaisers Zeiten
Mit dem Aktienbad begann 1879 eine moderne Bäderlandschaft in Erfurt zu wachsen
Die Erfurter Bäder sind momentan in aller Munde. Eine über 150 Jahre gewachsenen Sport- und Erholungslandschaft hat sich in den letzten Jahren erheblich gewandelt. 1879 hatte mit der Eröffnung des „Aktienbades“ am Hermannsplatz die moderne Erfurter Badegeschichte begonnen.
Die Erfurter haben schon immer gerne gebadet. Im Mittelalter ließ man es sich in den Stuben der Bader gut gehen. Zum Wannenbad wurden Speisen, Getränke und auf Wunsch noch mehr geboten. Eine wirkliche Badekultur als Massenphänomen zumal im Freien gab es freilich lange Zeit nicht.
Erst seit dem späten 19. Jahrhundert entstand mit der Entwicklung Erfurts zur Industriegroßstadt eine an den Erfordernissen der Moderne orientierte Bäderlandschaft. Das erste Erfurter Bad im modernen Sinne war das „Aktienbad“ am Hermannsplatz. Dort, wo heute Arztpaxen und Wohnungen untergebracht sind, genossen seit 1879 Generationen von Erfurtern den Luxus von Hallenbad und Sauna. Hinzu kamen als Reaktion auf die mangelhaften hygienischen Verhältnisse im nordöstlichen Gründerzeitgürtel öffentliche „Volksbrausebäder“ am Talknoten und in der Moltkestraße (Thälmannstraße) sowie eine Reihe weiterer, heute längst vergessener „Wellenbäder“ und „Dampfbadanstalten“.
1888 eröffnete mit dem Frauenbad am Bergstrom ein zeitgemäßes Freibad im Süden der Stadt. Die bald als Dreienbrunnenbad bekannte Anstalt wurde 1899 durch das nahe Espachbad ergänzt. Flussbäder wie das Garnisonsbad („Garnise“) am Benaryplatz dienten noch geraume Zeit als Alternative, fielen dann aber der zunehmenden Verschmutzung der Geraläufe zum Opfer.
Die noch immer recht bescheidene Situation der Kaiserzeit wurde in der Weimarer Republik auf ein neues Niveau gehoben. Ganz im Geiste der 1920er Jahre verwirklichte man mit dem Komplex von Nordpark und Nordbad eines der herausragenden Städtebauprojekte der Erfurter Geschichte. Mit dem Nordbad, so schrieb die Thüringer Allgemeine Zeitung kurz vor der Eröffnung im August 1925, würden die unhaltbaren Badeverhältnisse zur Hebung der Volksgesundheit gerade im sozial unterprivilegierten Norden der Stadt entscheidend verbessert.
Die DDR-Zeit bescherte Erfurt seit 1970 drei moderne Hallenbäder, die Südschwimmhalle, die Schwimmhallen am Johannesplatz und im Rieth. Das weitere Wachstum der Stadt – 1972 kam der 200.000 Erfurter zur Welt – und die gestiegenen Sport- und Freizeitbedürfnisse fanden hierin ihren Ausdruck. Als stadtnahes Strandbad an einer ehemaligen Kiesgrube eröffnete 1976 der Nordstrand.
Nach 1989/90 zeichnete sich die Entwicklung der Erfurter Bäderlandschaft zugleich durch millionenschwere Modernisierungen wie durch Schließung traditionsreicher Bäder aus. Während Südschwimmhalle (heute Roland Matthes Schwimmhalle) und Schwimmhalle Johannesplatz auf hohem Niveau saniert wurden, verschwanden das Aktienbad und das Hallenbad im Rieth. Bei den Freibädern blieb bisher das Espachbad und manches Bad in den Vororten auf der Strecke.
Text: Dr. Steffen Raßloff