Altes Rathaus Ratssitzungssaal

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Altes Erfurter Rathaus

Beitrag der Serie Wandbilder im Rathausfestsaal von Dr. Steffen Raßloff (2007)


Das Wandbild im Ratssitzungssaal

Die Ansicht des alten Rathauses prägt den Erfurter Stadtverordnetensitzungssaal

Mit den Wandgemälden im Stadtverordnetensitzungssaal wurde 1906 die bildkünstlerische Ausgestaltung des Rathauses abgeschlossen. Der Maler Otto Hamel war gebürtiger Erfurter.


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Das letzte große Wandbild im Rathaus befindet sich im Stadtverordneten-Sitzungssaal. Dieser ist Teil eines 1905 übergebenen Erweiterungsbaus, der dank seiner harmonischen Anpassung als solcher kaum auffällt. Auch der gediegene, mit dunklem Holz getäfelte Sitzungssaal atmet ganz den stolzen stadtbürgerlichen Geist der Gründerzeit. Die liberal-konservativen Stadtväter sahen sich dabei durchaus in der Tradition ihrer mittelalterlichen Vorfahren. Deren Tagungsstätte, das alte, für den Neubau von 1876 abgerissene Rathaus, prägt denn auch als Wandbild den Saal.

Professor Otto Hamel aus Hannover schuf 1905/06 drei große Wandgemälde an der Stirnseite des Sitzungssaales, von denen jedoch nur das mittlere mit dem alten Rathaus erhalten ist. Beim Beschuss Erfurts durch amerikanische Artillerie im April 1945 wurden die beiden Seitengemälde zerstört. Sie hatten Gesamtansichten der alten Stadt gezeigt. An ihre Stelle traten links das große Stadtwappen mit den Besitzungen Kapellendorf, Vieselbach, Vargula und Vippach sowie rechts das thüringische Landeswappen aus der Zeit von 1945 bis 1952.

Die Hamelsche „Darstellung der Erfurter Altstadt im Jahre 1720“ dagegen beeindruckt noch immer den Betrachter. Sie mag auch schon so manchen Volksvertreter über weniger spannende Debatten hinweggeholfen haben. Das Bild zeigt lebendiges Treiben auf dem Fischmarkt vor der Kulisse des alten Rathauses. Seit dem 13. Jahrhundert war der immer wieder um- und ausgebaute Gebäudekomplex Herzstück der kommunalen Selbstverwaltung, bis 1664 sogar Machtzentrum des faktisch unabhängigen “Landes Erfurt”.

Die Wandgemälde von Hamel fügten sich nahtlos an die Werke seiner namhaften Kollegen im Festsaal und Treppenhaus an. Viel Anerkennung gab es sowohl in der Fachwelt als auch in der Presse. Man mag über Kunstgeschmack und Geschichtsbild des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts geteilter Meinung sein, doch zweifellos hat der neogotische Rathausbau mit den Wandbildern von Janssen, Kämpffer und Hamel viel an Ausstrahlung gewonnen.

Bisher war, anders als bei Janssen und Kämpffer, über den Maler Otto Hamel nur wenig bekannt. Dank Dr. Leonhard Tomczyk, Leiter des Spessartmuseums in Lohr am Main, wird sich dies bald ändern. Im Band 69 der Mitteilungen des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt, der am 19. April präsentiert werden wird, erscheint ein biographischer Aufsatz des Kunsthistorikers über den gebürtigen Erfurter Otto August Maximilian Hammel (1866-1950), der sich später Hamel nannte. Tomczyk liefert damit eine längst fällige Würdigung jenes renommierten Künstlers, vor dessen Wandbild seit über einem Jahrhundert in Erfurt Kommunalpolitik gemacht wird.


Lesetipps:

Steffen Raßloff: Die Quasi-Reichsstadt. Rat, Rathaus und Bürgerschaft. In: Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2021. S. 16 f.

Leonhard Tomczyk: Der Maler Otto Hamel (1866-1950). In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt 69 (2008). S. 120-139.


Siehe auch: Rathaus, Geschichte der Stadt Erfurt, Altes Rathaus Erfurt