Altes Rathaus Erfurt

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Altes Rathaus

Das 1275 erstmals erwähnte Alte Rathaus war politisches Herzstück der Mittelalter-Metropole Erfurt und wurde im 19. Jahrundert durch das neue neogotische Rathaus ersetzt.


AltesRathaus.jpg

Als Symbol der städtischen Autonomie gegenüber dem Mainzer Erzbischof gilt das 1275 erstmals erwähnte Rathaus am Fischmarkt, die curia consulum (siehe Abb., Wandgemälde von Otto Hamel im heutigen Ratssitzungssaal). Die deutsche Bezeichnung „rathus“ ist in Erfurt aus dem Jahr 1355 belegt. Vorläufer war die curia burgensis - ein Lager- und Versammlungshaus der Bürger -, welches seit 1294 in den Freizinsregistern nachweisbar ist. Es handelte sich um einen 30,5 m langen und 9,4 m breiten Hallenbau, welcher auch die städtische Waage bis 1358 beherbergte.

Eine umfangreiche Bautätigkeit im 14. Jahrhundert ließ eine Vielzahl von Gebäudeteilen entstehen: Rathausturm, Kämmereigebäude, Anbauten an der Marktstraße und nach der Hofseite. Der zweigeschossige Rathauskomplex erreichte eine Ausdehnung von 32,5 m Länge und zwischen 11,25 m (im Süden) und 12,25 m (im Norden) Breite. Im Rahmen der Baumaßnahmen erfolgte auch die Ausstattung des 30,5 m x 10 m großen Rathaussaales im 1. Obergeschoss mit 6,5 m hohen Seitenwänden und einem mit Brettern verkleideten, blau gestrichenem Spitztonnengewölbe, das dem Raum eine Deckenhöhe von ca. 12 m verlieh.

Vom Fuß des Gewölbes bis zur Spitze waren Wappen- und runde Motivschilde reihenmäßig angeordnet. Die Ostwand des Saales dominierten unterhalb der Gewölbekante mannshohe Setzschilde mit Erfurter Wappen und von Mainzer Bischöfen. Am nördlichen, den Raum überspannenden Querbalken hing die große Wallarmbrust. Das Südende des Saales schmückte ein aus dem mächtigen Geweih eines Dammhirsches gearbeiteter Leuchter. Die Ausstattung Saales, in dem auswärtige Gäste empfangen sowie Feste gefeiert wurden und jährlich die Zeremonie des Ratswechsels stattfand, bei der die Bürgerschaft nach Zünften oder Stadtvierteln geordnet den Raum durchschritt, hinterließ bei seinen Besuchern den Eindruck, dass Erfurt eine selbstbewusste, militärisch starke und bedeutende Stadt war. 1385 war die erste große Bauphase abgeschlossen.

In den Jahren 1580/81 und 1705/06 fanden Um- und Ausbauten statt. 1830 und endgültig 1869/70 wurde der Gebäudekomplex trotz großer Vorbehalte in der Bevölkerung abgerissen und durch das heutige neogotische Rathaus ersetzt. Das große steinerne Stadtwappen von 1418, das auch die Wappen der wichtigsten Besitzungen des Erfurter Landgebietes enthält, wurde im Innenhof angebracht. Im Stadtmuseum konnten 2012 in der neuen Dauerausstellung Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation erstmals seit dem Abriss vor 150 Jahren die wertvollen Ausstattungsstücke des Rathausfestsaales samt des Ratssilbers zusammen getragen werden. Zu sehen ist dort u.a. auch das große Wappen über dem einstigen Hauptportal.

(Gudrun Noll-Reinhardt/Dr. Steffen Raßloff)


Lesetipp:

Steffen Raßloff: Die Quasi-Reichsstadt. Rat, Rathaus und Bürgerschaft. In: Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2021. S. 16 f.

Steffen Raßloff: Die Erfurter Museen. Kulturgeschichte im Spannungsfeld von Gesellschaft und Politik. In: Stadt und Geschichte 18 (2003). S. 24 f.


Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Wandbild im Ratssitzungssaal, Stadtmuseum Erfurt, Dauerausstellung "Tolle Jahre" im Stadtmuseum, Rathaus, Erfurter Setzschild im Schloss Dresden