Blumenstadt Haage

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Gartenbauunternehmen Haage

Beitrag der Serie Mythos Blumenstadt in der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (21.04.2007)


Würzig oder stachlig

Mythos Blumenstadt (5): Das Gartenbauunternehmen Haage

Das Familienunternehmen Haage steht für zwei Besonderheiten des Erfurter Gartenbaus: Brunnenkresse- und Kakteenzucht. Seit dem 18. Jahrhundert bauten Haages am Dreienbrunnenfeld jene auch von Napoleon sehr geschätzte Wasserpflanze an. Die stacheligen Gewächse brachten der Familie den Namen „Kakteen-Haage“ ein.


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Die feuchte, fruchtbare Gera-Niederung am Dreienbrunnenfeld gilt als „Wiege des Erfurter Gartenbaus“. Schon Gartenbau-Pionier Christian Reichart (1685-1775) hatte hier Kresseklingen angelegt, weil er der schmackhaften Wasserpflanze heilsame Wirkung gegen alle möglichen Krankheiten zusprach. Der prominenteste Kresse-Liebhaber war Kaiser Napoleon I., der 1808 Erfurter Gärtner nach Frankreich beorderte, um dort ebenfalls Kresse anzubauen.

1769 begründete Heinrich Haage im Dreienbrunnenfeld die lange Tradition des Familienunternehmens Haage. 1803 folgte ihm Sohn Joachim, 1830 Enkel Friedrich, 1863 Urenkel Gottfried, 1910 Ururenkel Fritz und 1953 Urururenkel Fritz Haage. Neben anderen Gemüse- und Obstkulturen blieb der Kresseanbau ein wichtiges Standbein des Unternehmens. Fritz Haage junior hatte ihn in den 1930er Jahren durch die Anlage großer Becken mit hölzernen Laufstegen effektiviert und erntete bis zu 20 Tonnen Kresse jährlich. Die Klingen rund ums heutige „Kresseschlösschen“, 1880 als Wohnhaus der Haages errichtet, erinnern an dieses besondere Kapitel Geschichte der Blumenstadt Erfurt.

Begründer der Kakteen-„Linie“ in der verzweigten Familie war Friedrich Adolph Haage (1796-1866). Seine Ausbildung erhielt er am Hofe von König Friedrich August von Sachsen, wo er auch mit der Pflege von Kakteen betraut war. Nach Erfurt zurückgekehrt, gründete er 1822 eine Gärtnerei. Dank großer fachlicher und kaufmännischer Fähigkeiten wuchs sie zu einem der erfolgreichsten Gartenbauunternehmen.

Natürlich gehörte Friedrich Adolph Haage zur bürgerlichen Führungsschicht der Stadt. Er war Mitbegründer des Erfurter Gartenbauvereins (1838) und später dessen Ehrendirektor. Sein Urenkel Ferdinand Friedrich Adolf Haage führte die Spezialisierung auf Kakteen mit großem Erfolg weiter. Haages Produkte genossen Weltruf, das Handbuch „Haages Kakteen-Kultur“ galt um die Jahrhundertwende als Standardwerk. 1903 entstand das neue Firmengelände in der Andreasflur mit großen Gewächshauskomplexen. Zwar beeinträchtigten die beiden Weltkriege das Unternehmen, doch konnte selbst in der schweren Nachkriegszeit nach 1945 der Betrieb wieder aufgenommen werden.

Anders als bei vielen der großen Gartenbauunternehmen brach zudem die Familientradition in der DDR-Zeit nicht ab. Zwar ging Walther Haages Firma 1972 in Volkseigentum über. Die Leitung der Kakteenzucht des VEG Saatzucht Zierpflanzen wurde jedoch Sohn Hans-Friedrich Haage übertragen, Walther Haage behielt einen gewissen Einfluss auf den Betrieb. Nach der Wende bekam Hans-Friedrich Haage das Unternehmen rückübertragen. Der klangvolle Name „Kakteen-Haage“ mag mitgeholfen haben, dass seit 1990 wieder erfolgreich Kakteen und andere Pflanzen bzw. Samen von Erfurt aus in alle Welt versendet werden. Durch Juniorchef Ulrich Haage wird die Tradition der ältesten europäischen Kakteenzucht fortgesetzt. Neben internationalen Auszeichnungen hat er wie viele Haages vor ihm mit seinem Kochbuch „Kakteen zum Anbeißen“ neue Wege beschritten.


Lesetipp:

Martin Baumann/Steffen Raßloff (Hg.): Blumenstadt Erfurt. Waid - Gartenbau - iga/egapark. Erfurt 2011.


Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Haage-Villa, Kakteen-Haage