Kleine Geschichte Thueringens

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Kleine Geschichte Thüringens

Neuer Band der beliebten "Rhino-Westentaschenbibliothek" gibt Überblick zur Geschichte Thüringens.


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Thüringen zählt unter den 16 deutschen Bundesländern eher zu den Kleinen. Mit gut 16.000 Quadratkilometern Fläche und 2,1 Millionen Einwohnern liegt es an 11. bzw. 12. Stelle. Umso größer ist freilich sein kulturgeschichtliches Erbe, das zum Teil Weltrang genießt. Mit Blick auf seine anderthalb Jahrtausende Landesgeschichte wird es oft als „kulturelles Herz Deutschlands“, als „Kernland der Reformation“, „Heimat der Bache“, „Land der Klassik“ und „Wiege der Moderne“ bezeichnet. Darüber hinaus finden sich hier bedeutende Zeugen menschlicher Zivilisation bis hin zur frühen Altsteinzeit. Thüringen bietet zugleich zahlreiche Naturschönheiten vom Südharz bis zum Thüringer Wald mit dem berühmten Höhenweg Rennsteig, vom Weltnaturerbe Nationalpark Hainich bis zum „Thüringer Meer“ der Saaletalsperren. Man nennt es deshalb auch das „Grüne Herz Deutschlands“. Jene einzigartige Kulturlandschaft gehört zu den beliebtesten Tourismuszielen der Bundesrepublik.

Das Land um die UNESCO-Welterbestätten Wartburg, Weimar und (voraussichtlich ab 2017) Erfurt, um die Wirkungsorte Luthers, Bachs, Goethes und des Bauhauses, war aber bis ins 20. Jahrhundert hinein kein einheitliches Staatsgebilde, sondern vielmehr Inbegriff deutscher Kleinstaaterei. Dies veranlasste die ältere Geschichtsschreibung, zwar die kulturellen Verdienste Thüringens für die deutsche Nation zu würdigen, zugleich aber dessen Zersplitterung zu geißeln. „Unsere Cultur verdankt ihnen unsäglich viel, unser Staat gar nichts.“ – so urteilte der preußische Historiker Heinrich von Treitschke 1882 über die Thüringer.

Die jüngere Historiographie ist von dieser Sicht abgerückt, hat auch bedeutende politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Innovationen für die Moderne herausgearbeitet. Und aus der Perspektive des zwischen 1920 und 1990 schrittweise vereinten Freistaates Thüringen überwiegt zudem das Positive: Fürstlicher Repräsentationsgeist bescherte dem „Land der Residenzen“ prächtige Schlösser, Parks, Museen, Bibliotheken und Theater in einmaliger Dichte, machte es zum Synonym des Landes der Dichter und Denker. In dessen Mitte thront die Mittelaltermetropole und heutige Landeshauptstadt Erfurt.

Thüringen gilt also, auch wenn man dem heute durchaus positive Aspekte abgewinnt, als das Musterland der deutschen Kleinstaaterei. Das mittelalterliche Kaisertum war zugunsten der Regionalmächte bis hin zu deren faktischer Unabhängigkeit nach dem Dreißigjährigen Krieg 1618/48 geschwächt worden. Einigen Gebieten besonders Südwest- und Mitteldeutschlands bescherte dies zahlreiche Herrscher auf engstem Raum. In Thüringen nahm die Zersplitterung extreme Formen mit zeitweise bis zu 30 staatlichen Gebilden an und hielt sich so lange wie in keiner anderen Region.

Allerdings gab es zwei glanzvolle historische Bezugspunkte, die Thüringen über die Jahrhunderte der Kleinstaatenwelt hinweg im kollektiven Bewusstsein bewahrten: das Königreich der Toringi im 5./6. Jahrhundert sowie die sagenumwobene Landgrafschaft Thüringen der Ludowinger im 12./13. Jahrhundert. Hieran konnte das moderne thüringische „Nationalbewusstsein“ anknüpfen. Das heutige Landeswappen des Freistaates greift diese „Einheit in der Vielfalt“ heraldisch auf, indem es den rot-silber gestreiften ludowingischen „Thüringer Löwen“ auf blauem Grund mit acht silbernen Sternen umgibt, die für die ehemaligen Kleinstaaten und preußischen Gebiete stehen.


Steffen Raßloff: Kleine Geschichte Thüringens (Rhino Westentaschen-Bibliothek). Ilmenau 2017. (erscheint Sommer 2017)


Siehe auch: Geschichte Thüringens