Tannhäuser Sage
Tannhäuser Sage
Beitrag der Serie Wandbilder im Rathaus in der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (2007)
Sünde und Vergebung
Die Treppenhausbilder im Rathaus (2): Tannhäuser
Tannhäuser war eine der populärsten Sagengestalten des 19. Jahrhunderts. Spätestens mit Wagners Oper von 1845 wurde der Sagenstoff zum Allgemeingut. Im Rathaus wird besonders der christliche Aspekt von Sünde und Vergebung hervorgehoben.
Ewige Bekanntheit wurde dem Minnesänger Tannhäuser durch Richard Wagners romantische Oper von 1845 beschert. Wagner hatte sich dabei besonders durch die Sagen vom Thüringer Ludwig Bechstein „Die Mähr von dem Ritter Tannhäuser“, „Der Sängerkrieg auf der Wartburg“ und „Die heilige Elisabeth“ inspirieren lassen. Freilich geht die Sage um den dichtenden Ritter, der im Venusberg Sünde verübte und vom Papst keine Vergebung erhielt, bis ins 14. Jahrhundert zurück.
Und ewig lockt das Weib, so könnte man das erste Bild von Eduard Kämpffer im Treppenaufgang zur ersten Etage mit einem Filmklassiker von Brigitte Bardot umschreiben. Nahezu magisch zieht es den Sagenhelden in den Venusberg alias Hörselberg bei Eisenach. Die für die prüde Zeit um 1900 recht offenherzig dargestellte Liebesgöttin mag die Phantasie manches männlichen Betrachters über das Treiben im Erdinneren beflügelt haben. Selbst der getreue Ekkehart, ebenfalls eine bekannte Sagengestalt, kann Tannhäuser nicht zurück halten. Trotz aller Verführungskünste der heidnischen Göttin und ihrer Gespielinnen wird sich Tannhäuser jedoch nach sieben Jahren im Traum seines sündigen Lebens bewusst (siehe Abb.).
Bild drei zeigt, wie der Sünder als Rom-Pilger nicht die erbetene Vergebung erhält und verzweifelt zusammen bricht. Wagner lässt den Papst mit Blick auf seinen Hirtenstab ausrufen: „Wie dieser Stab in meiner Hand nie mehr sich schmückt mit frischem Grün, kann aus der Hölle heißem Brand Erlösung nimmer dir erblühn.“ Jene zumindest indirekte Kritik am unbarmherzigen Papst hatte der Oper lange Zeit im katholischen Raum Widerstand eingebracht, was in der protestantischen Lutherstadt Erfurt freilich kein Problem darstellte. Im Pilgergewandt schleppt sich Tannhäuser auf dem vierten Bild bei eisiger Kälte von Italien zurück in die Heimat.
Im letzten Bild “schummelt” Kämpffer etwas, indem er Tannhäuser in den winterlichen Alpen sterben lässt. In der üblichen Sagenform kehrt er jedoch nach Thüringen zurück, um erneut im Venusberg zu verschwinden oder wie bei Wagner durch den Namen der Heiligen Elisabeth hiervor bewahrt zu werden. Das Erblühen des päpstlichen Priesterstabes als Zeichen der Vergebung durch Gott wird von Kämpffer ebenso ausgespart wie der bei Wagner in die Opernhandlung eingebaute Sängerkrieg auf der Wartburg. So spitzt sich der Bilderzyklus auf den christlichen Aspekt Sünde und Vergebung zu, indem dem sterbenden Tannhäuser zum Zeichen der Gnade Gottes von zwei Engeln ein Rosenkranz aufs Haupt gesetzt wird.
Siehe auch: Rathaus, Geschichte der Stadt Erfurt