Gartenbauunternehmen Ernst Benary
Gartenbauunternehmen Ernst Benary
Beitrag der Serie Mythos Blumenstadt in der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (31.03.2007)
Millionär mit Gemeinsinn
Mythos Blumenstadt (2): Das Gartenbauunternehmen Benary
Ernst Benary begründete 1843 eines der großen Erfurter Gartenbauunternehmen mit Weltruf. Er und seine Nachkommen verkörpern zugleich den Typus des gemeinnützigen Bürgers, was bis heute in der Grünanlage am Benaryplatz sichtbar ist.
Erfurt erwarb sich im 19. Jahrhundert den weltweiten Ruf einer Blumenstadt. Maßgeblich hierfür verantwortlich waren Männer wie Ernst Benary, die es vom kleinen Gärtner bis zum Unternehmer von Weltrang brachten. Ihren wirtschaftlichen Erfolg setzten sie auch zum Wohle der Allgemeinheit ein. Die von Benary testamentarisch gestiftete Grünanlage am Benaryplatz erinnert an jenen freigiebigen Bürgergeist. Sie bildet mit dem 2000 eingeweihten Denkmal einen der zentralen Symbolorte für den Mythos Blumenstadt (siehe Abb.).
Ernst Samuel Benary (1819-1893) entstammte einer jüdischen Familie aus Hessen. Sein Vater, der Bankier Salomon Levy Benary, war 1821 nach Erfurt gezogen. Nach langen Querelen hatte er 1824 durch Kabinettsorder des Königs von Preußen gegen den Willen des Stadtrates als einer der ersten Juden das Bürgerrecht erlangt. Ernst Benary ging nach dem Besuch des Gymnasiums bei Gartenbauerunternehmer Friedrich Adolph Haage in die Lehre und gründete 1843 eine kleine Gärtnerei. Er erwarb Grundstücke im Brühl, das im Laufe der Jahre mit seinen Gewächshäusern, Beeten, den vier Villen der Besitzergenerationen sowie dem Geschäftshaus in der Gorkistraße (1890, heute Aufbaubank) durch das Familienunternehmen geprägt wurde. Seine Söhne Friedrich und John Benary sowie deren Nachkommen führten die erfolgreichste Erfurter Samenzuchtfirma vor dem Ersten Weltkrieg 1914/18 auf den Höhepunkt ihrer Entwicklung.
Die Benarys zählten zur bürgerlichen Führungsschicht der Stadt. Friedrich Benary gehörte 1910 zu den sieben Großunternehmern, die es zu mehrfachen Millionären gebracht hatten: Textilfabrikant Ferdinand Lucius (9 Mio. Mark), Malzfabrikant Fritz Wolff (6 Mio.), Friedrich Benary (6 Mio.), Lampenfabrikant Franz Kaestner (5 Mio.), Bankier Herrmann Stürcke (3 Mio.), Bankier Max Stürcke (3 Mio.) und Maschinenfabrikant Ludwig Topf (3 Mio.). Damit verbunden war eine einflussreiche Stellung im gesellschaftlichen Leben. So stand Friedrich Benary von 1912 bis 1917 an der Spitze der Handelskammer. Sein Bruder John Benary brachte es bis zum stellvertretenden Stadtverordnetenvorsteher. Die antisemitischen Vorbehalte wichen angesichts dieses gesellschaftlichen Status, mit den Benarys knüpfte man jetzt gern familiäre Bande. So heiratete etwa Bankier Max Stürcke eine Benary. Ganz im bürgerlichen Geiste betätigten sich die Benarys auch im kulturellen Bereich. Friedrich stand an der Spitze des „Erfurter Musikvereins“, John leitete die „Vereinigung der Erfurter Museumsfreunde“. Im Nachruf auf Kommerzienrat John Benary von 1926 nahmen die Verdienste als Kunstsammler, Mäzen und Persönlichkeit des kulturellen Lebens der Stadt breiten Raum ein.
All dies erklärt auch den bemerkenswerten Umstand, dass Stadthistoriker Johannes Biereye 1937 den Begründer der Gartenbaudynastie Ernst Benary in sein Lexikon „Erfurt in seinen berühmten Persönlichkeiten“ aufnahm. Selbst zwei Jahre nach den berüchtigten Nürnberger Rassegesetzen und übelster antisemitischer Propaganda der Nationalsozialisten fand der jüdische Gartenbauunternehmer die Anerkennung, die ihm zweifellos zukam.
Siehe auch Ernst Benary Denkmal, Blumenstadt Erfurt, Jüdisches Leben in Erfurt