Kleine Geschichte der Hanse
Kleine Geschichte der Hanse
Das reich illustrierte Buch des Rhino Verlages im handlichen Westentaschen-Format bietet einen populärwissenschaftlichen Überblick zur Geschichte der Hanse vom 12. Jahrhundert bis zu ihren Spuren in der Gegenwart.
Die Hanse gehört zu den meist verklärten Mythen der deutschen Geschichte. Jene vom 12. bis 17. Jahrhundert wirksame, sich mehrfach wandelnde Vereinigung von niederdeutschen Kaufleuten und Städten zur Optimierung des Fernhandels ruft noch immer Vorstellungen von Solidität, nüchterner Zuverlässigkeit und weiten, wellenumspülten Horizonten hervor. Um sie ranken sich Sagen von reichen "Pfeffersäcken" und mutigen Freibeutern à la Claus Störtebeker.
Von diesem beliebten Mythos ist die reale Geschichte der Hanse zu unterscheiden. Sie entwickelte sich als genossenschaftlicher Zusammenschluss niederdeutscher Kaufleute in einer Zeit mit hohem Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum. Ihre aufblühenden Handelsstädte stimmten zunehmend ihre Interessen ab und traten 1358 erstmals machtvoll als „Städte der deutschen Hanse“ auf. Ihre großen Kontore im Ausland von London bis Nowgorod, von Brügge bis Bergen sicherten mit weitreichenden Privilegien einen ertragreichen Handel.
Ein zentraler Ausgangspunkt und Kernraum waren die niederdeutschen Hafenstädte an Nord- und Ostsee. Der Bund reichte freilich weit über die heutige deutsche Küste hinaus von den Niederlanden über das heute Polen bis ins Baltikum. Darüber hinaus erstreckte er sich tief ins Binnenland mit Handelsmetropolen wie Köln, Dortmund, Braunschweig, Erfurt, Breslau und Krakau, umspannte den ganzen Ostseeraum und war teils noch weit darüber hinaus aktiv.
Dennoch wird die Hanse hierzulande im historischen Gedächtnis weitgehend mit den norddeutschen Küstenstädten gleichgesetzt. Ihre prächtige Backsteinarchitektur gilt ebenso als eines der Erkennungszeichen der Hanse, wie der dickbäuchige Schiffstyp der Kogge. Über Jahrhunderte dominierte tatsächlich mit Lübeck eine der Seehandelsstädte als „Königin der Hanse“ bzw. „Haupt der Hanse“ den losen Verbund von Kaufleuten und deren autonomen Bürgerstädten. Die nach Osten ins Slawenland vorstoßenden deutschen Städtegründungen des 13. Jahrhunderts mit Wismar, Rostock, Stralsund und Greifswald blieben der „Mutterstadt“ im Rahmen des Wendischen Städtebundes von 1259 stets eng verbunden.
Den Zugang zur Nordsee sicherten vor allem die Hansestädte Hamburg und Bremen. Ihr Aufstieg begann allerdings erst so richtig mit der Verlagerung des Welthandels auf den Atlantik zu Beginn der Neuzeit, parallel zum allmählichen Niedergang der Hanse. Hamburg wurde mit einem der größten internationalen Häfen sogar zu „Deutschlands Tor zur Welt“. Damit überflügelten sie alle Hansestädte im heutigen Deutschland. Bis heute genießen die Freie und Hansestadt Hamburg und die Freie Hansestadt Bremen den Status von föderalen Bundesländern.
Aber auch in den Ostseestädten spielt das spezifische, historisch tief verwurzelte Selbstverständnis als offiziell so benannte Hansestädte noch immer eine zentrale Rolle. In diesem Sinne sollen Lübeck, Wismar, Rostock, Stralsund, Greifswald, Hamburg und Bremen mit kurzen Portraits schlaglichtartig vorgestellt werden. Das Erbe der Hanse, wichtige Erinnerungsorte und museale Einrichtungen – allen voran das Europäische Hansemuseum Lübeck – laden zu einer lebendigen Reise in die Vergangenheit ein.
Steffen Raßloff: Kleine Geschichte der Hanse (Rhino Westentaschen-Bibliothek). Ilmenau 2019.
Siehe auch: Deutsche Geschichte, Geschichte der Stadt Erfurt
Thüringer Allgemeine/Thüringische Landeszeitung vom 05.06.2019 (zum Lesen anklicken)