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Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen

Mühlhausen und Nordhausen waren über Jahrhunderte freie Reichsstädte. Im Dreistädtebund mit der Metropole Erfurt trotzten sie den Fürsten im Land der Residenzen. Hiervon zeugen Kulturdenkmale wie der Roland in Nordhausen und die Stadtmauern in Mühlhausen.


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Mühlhausen und Nordhausen, die beiden größten Städte Nordthüringens, verbindet eine lange gemeinsame Geschichte. Die ottonischen Königspfalzen des 10. Jahrhunderts entwickelten sich zu freien Reichsstädten, die allein dem König bzw. Kaiser untergeordnet waren. Die Macht gelangte bis Ende des 13. Jahrhunderts aus den Händen königlicher Beamter an die wohlhabende Bürgerschaft mit einem Rat an der Spitze. Dank regen Handels und Gewerbes blühten beide Städte auf, was sich im Stadtbild noch immer ablesen lässt. Neben Rathaus, imposanten Kirchen und Bürgerhäusern stehen besonders die Stadtmauern mit ihren Toren und Türmen für die wehrhafte Selbstständigkeit. In Mühlhausen ist ein Teil des weitgehend erhaltenen Mauerrings heute museal erschlossen.

Im Thüringer Dreistädtebund mit der autonomen Metropole Erfurt bildeten die freien Bürgergemeinden während ihrer Blütezeit im 14. und 15. Jahrhundert einen ernsthaften Machtfaktor. Der Bund wurde 1304 erstmals gegründet und bestand bis 1481. Sein Hauptziel war die Wahrung der Eigenständigkeit gegenüber den Fürsten der Region. Vor allem von den mächtigen Wettinern als Nachfolgern der ludowingischen Landgrafen drohte Gefahr. Zugleich war der Erzbischof von Mainz bestrebt, seine thüringischen Besitzungen auszubauen und den Einfluss auf Erfurt nicht gänzlich zu verlieren. Natürlich hatten die drei Handelsstädte, alle Mitglieder der Hanse, auch ihre wirtschaftlichen Interessen im Blick.

Die große Zeit der Reichsstädte und autonomen Kommunen war jedoch mit dem ausgehenden Mittelalter vorbei. Der Dreißigjährige Krieg beschleunigte diese Entwicklung, worauf Erfurt 1664 seine Unabhängigkeit vom Mainzer Erzbischof verlor. Dennoch blieb, wenn auch eher im Sinne malerischer Beschaulichkeit eines Carl Spitzweg, die Selbstständigkeit der Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen im Rahmen des alten Kaiserreiches erhalten. Die Nordhäuser unterstrichen dies 1717 noch einmal mit ihrem überlebensgroßen Roland aus Eichenholz als Symbol des Reichsstadtstatus. Das Original findet sich heute im Rathaus, eine Kopie erstrahlt farbenfroh mit Krone, Schwert und Reichswappen vor dem Gebäude (Foto: Markus Schweiß). 1802 kam jedoch für beide Städte im Strudel der Napoleonischen Zeit das Ende als Reichsstadt und der Anschluss an Preußen, bei dem man bis 1945 verblieb.

Während Nordhausen im April 1945 durch verheerende Luftangriffe stark zerstört wurde, konnte Mühlhausen sein historisches Stadtbild weitgehend bewahren. Dank großer Sanierungsanstrengungen nach 1990 bilden heute wieder beide Städte touristische Anziehungspunkte. Auch die Erinnerungskultur bewegt sich auf einem hohen Niveau. Der 2011 begründete Mühlhäuser Arbeitskreis für Reichsstadtgeschichte zählt zu den renommierten wissenschaftlichen Einrichtungen in Deutschland, die beiden Stadtarchive sind unerschöpfliche Fundgruben für Historiker, die Mühlhäuser Museen und Nordhäuser Museen machen die Vergangenheit lebendig. Aber auch schon ein Spaziergang durch die Altstädte und über die Stadtmauern führt zurück in die Zeit der stolzen Reichsstädte.

Steffen Raßloff: Stolze Reichsstädte. Mühlhausen und Nordhausen. In: Thüringen. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2018. S. 44 f.


Siehe auch: Geschichte Thüringens, Mittelaltermetropole Erfurt