70 Jahre Kriegsende 1945

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70 Jahre Kriegsende 1945

Ausgewählte Beiträge aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (2015)


Ein Ende mit Schrecken

Neue Serie: „70 Jahre Kriegsende 1945“: Vor sieben Jahrzehnten näherte sich auch in Erfurt der Zweite Weltkrieg dem Ende, der in den letzten Monaten noch einmal große Opfer forderte.


Das Jahr 1945 begann mit den stereotypen Aufrufen der NS-Machthaber, den Terrorangriffen der Angloamerikaner aus der Luft zu trotzen und auf den „Endsieg“ zu vertrauen. Die Realität gab hierfür wenig Anlass. Der Krieg hatte auch den Erfurtern schon einiges an Opfern abverlangt. Viel Elend sollte noch in den dreieinhalb Monaten bis zur Einnahme durch die US-Army am 12. April folgen. Zwar stimmt es, dass Erfurt vergleichsweise „glimpflich“ davongekommen ist. Der Zerstörungsgrad lag bei 5 Prozent, deutlich niedriger als in den meisten anderen Großstädten. Hierfür hatten nicht zuletzt die Amerikaner gesorgt. Sie waren so schnell auf Erfurt zumarschiert, dass ein für den 4. April geplanter mörderischer Luftangriff noch in letzter Minute gestoppt wurde.

Dennoch forderten der Luftkrieg und die Kämpfe unmittelbar zu Kriegsende in Erfurt über 1600 Menschen das Leben. Ungezählt sind die körperlichen und seelischen Verletzungen der Überlebenden. Den Zerstörungen fielen neben Wohnungen, öffentlichen Gebäuden, Infrastruktur und Betrieben auch wertvolle Kulturdenkmale zum Opfer. Einige von ihnen, wie die Barfüßerkirche, sind bis heute Ruine geblieben. Andere wurden, wie das Collegium maius und Teile des Augustinerklosters, erst vor wenigen Jahren wieder aufgebaut.

Über Jahre prägte der Luftkrieg den Alltag der Menschen. Seit 1944 mussten sie immer häufiger die oft unzulänglichen Luftschutzkeller aufsuchen. Das Stadtbild wurde von Militär, Rüstungsbetrieben, Flakstellungen, Löschwasserbecken, Bunkern und immer mehr Ruinen verändert. Die Ernährungslage wurde immer schwieriger, das Kulturleben kam schließlich völlig zum Erliegen. Fast vergessen sind die tausende von Evakuierten, Flüchtlingen, Vertriebenen und Zwangsarbeiter. Sie hatten die Einwohnerzahl von rund 160.000 zu Kriegsbeginn auf über 200.000 anwachsen lassen.

Vor diesem Hintergrund hat man nach 1945 immer wieder gefragt, warum die Deutschen in ihrer großen Mehrheit bis zum bitteren Ende das NS-Regime mitgetragen haben – und sei es nur durch seine passive Hinnahme. Auch in Erfurt kam es nach anfänglichen Aktionen insbesondere der Kommunisten kaum zu offenem Widerstand. Als eine Symbolfigur des antifaschistischen Widerstandskampfes wurde in der DDR der Erfurter Lehrer, Historiker und KPD-Funktionär Dr. Theodor Neubauer verehrt. Sein Denkmal steht noch immer auf dem Campus der Universität an der Nordhäuser Straße, die einst als Pädagogische Hochschule seinen Namen trug. (Foto: Zerstörtes Angereck 1946, Stadtarchiv Erfurt)


Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Erfurt im Nationalsoziaslismus