Neuer Angerbrunnen Erfurt

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Neuer Angerbrunnen

Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (21.04.2012)


Historische Pforte

Brunnen der Lebensfreude

DENKMALE IN ERFURT (43): Der Neue Angerbrunnen von Waldo Dörsch war als Gegenstück zum Alten Angerbrunnen der „sozialistischen Lebensfreude“ gewidmet.


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Am 24. Januar dieses Jahres verstarb ein Künstler, der den öffentlichen Raum in Thüringen wesentlich mit geprägt hat. Waldo Dörsch, Jahrgang 1928 und Sohn eines Holzschnitzers aus der Rhön, hatte sich aus „kleinen Verhältnissen“ zu einem angesehenen Bildhauer in der DDR hochgearbeitet. Aus seinem vielschichtigen Werk ragen besonders die architekturbezogenen Arbeiten und Brunnengestaltungen heraus. Bekannt ist etwa sein Diana-Brunnen vor dem ehemaligen Centrum-Warenhaus in Suhl. In Erfurt wurde 1982 eines seiner Hauptwerke eingeweiht. Gewissermaßen als Gegenstück zum Alten Angerbrunnen am westlichen Ende der beliebten Einkaufsmeile entstand der Neue Angerbrunnen vor dem Centrum-Warenhaus, der heutigen Anger-1-Passage. Er war Teil des komplexen Umbaus des Angers zur modernen Fußgängerzone, zu dem etwa auch der Bau des Angerecks (1979) gehörte.

Die erste Brunnenfassung hatte Dörsch nach Angaben der Kunsthistorikerin Ruth Menzel von 1975 bis 1980 im Auftrag des Rates der Stadt gestaltet. Als Ziel galt es, einen Verweilraum der Erholung zu schaffen ohne den Fußgängerverkehr zu blockieren, eine zu allen Jahreszeiten, aus der Nähe und Ferne ringsum ansehnliche Komposition zu erreichen, die den Standort markiert und Identifikation stiftet. Als erschwerend wirkte laut Menzel, eine Form und Größe zu finden, die sich gegen die Stilvielfalt eines in sechs Jahrhunderten gewachsenen Architekturbestandes am Anger durchsetzt. Heraus gekommen ist dabei ein für viele Betrachter recht abstrakt wirkendes Werk, das nicht nur Bewunderer fand. Hierzu äußerte sich Dörsch, es verkörpere „sozialistische Lebensfreude“, „dynamische Lebenskräfte“, das „Pathos vitaler Bewegung und ständiger Erneuerung der Natur“. Gestiftet wurde der Brunnen wie zu jener Zeit üblich von der staatlich gelenkten Wirtschaft, von den Produktionsgenossenschaften des Handwerks und der Versorgungswirtschaft.

Zwei Jahrzehnte später sollte sich das Gesicht des Angers erneut verändern. Während etwa das Angereck zugunsten eines umstrittenen Neubaus abgerissen wurde, geriet auch der Neue Angerbrunnen ins Visier der städtebaulichen Erneuerer. Vorgesehen war, im Rahmen der Neugestaltung der Fußgängerzone den Brunnen entweder völlig zu beseitigen oder zumindest seine raumgreifenden Außenanlagen zu reduzieren. Letzteres wurde schließlich im Kompromiss mit Dörsch realisiert. Man verzichtete auf die massiven Sitzbänke und orientierte die Brunnenbecken zum Platz hin. Damit fügt sich die Brunnenanlage heute nahtlos in den „entschlackten“ Anger ein und erinnert als Denkmal an eine vergangene Kunstepoche.