Himmelsscheibe Nebra

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Himmelsscheibe von Nebra

Die im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle gezeigte Himmelsscheibe von Nebra gilt als weltweit älteste Darstellung des Himmels. Die goldverzierte Bronzescheibe gehörte vermutlich den Fürsten von Aunjetitz, der ersten Hochkultur Sachsen-Anhalts.


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Von der weit fortgeschrittenen Bronzezeit-Kultur im mitteldeutschen Raum zeugt die „Himmelsscheibe von Nebra“, einer der spektakulärsten Funde in der Geschichte der Archäologie. Die älteste konkrete Himmelsdarstellung der Menschheitsgeschichte wurde ca. 1600 v. Chr. auf einem Berg bei der Stadt Nebra nahe der Landesgrenze zu Thüringen vergraben. Der 1999 entdeckte Schatz umfasste neben der Himmelsscheibe zwei Schwerter, zwei Beile, einen Meißel und zwei Armspiralen von außergewöhnlich hoher Qualität. Untersuchungen ergaben, dass die um 1800 v. Chr. angefertigte Scheibe bis zu ihrer „Bestattung“ über einen längeren Zeitraum hinweg genutzt und mehrfach umgestaltet wurde. Die goldenen Einlagen auf dem bronzenen Untergrund zeigen den Himmel mit Vollmond bzw. Sonne, Halbmond und den Plejaden. Die Scheibe speicherte damit astronomisches Wissen, das für die Berechnung wichtiger Daten wie Winter- und Sommersonnenwende sowie Ernte- und Aussaatzeit nötig war. Sie steht aber auch als eine buchstäbliche „Sternstunde der Menschheit“ für das beginnende Interesse an den Weiten des Universums, für die Anfänge der Wissenschaft überhaupt.

Experten deuten die trotz aller Forschungen noch immer rätselhafte Scheibe zudem als Prestigeobjekt der Herrscher eines frühbronzezeitlichen Großreiches von ca. 2200 bis 1600 v. Chr., das zu den ersten europäischen Staaten gehört haben könnte. Nach einem Fundort nahe Prag spricht man vom Reich von Aunjetitz. Dessen Kern war das „Reich von Nebra“ mit weiteren bedeutenden Funden, wie den Fürstengräbern von Leubingen, Bornhöck, Nienstedt, Helmsdorf und Evessen. Allein Material und Form der Himmelsscheibe deuten schon auf weitgespannte Kultur- und Handelsbeziehungen von England bis in den Nahen Osten hin. Die rituelle Niederlegung der Scheibe um 1600 v. Chr. durch den letzten Fürsten von Aunjetitz könnte das Ende dieser ersten Hochkultur auf dem Gebiet Sachsen-Anhalts markieren. Selbst aus den jungsteinzeitlichen Glockenbecher- und Schnurkeramik-Kulturen hervorgegangen, folgte nun auf die Aunjetitz-Kultur die Hügelgräber-Kultur.

Die Entdeckung der Himmelsscheibe und deren Sicherung für die Öffentlichkeit waren kaum weniger spektakulär als der Fund selbst. Raubgräber hatten die Scheibe samt des Bronzeschatzes 1999 auf dem Mittelberg nahe Nebra entdeckt und unsachgemäß ausgegraben. Nachdem der wertvolle Fund auf dem Schwarzmarkt kursierte, konnte ihn Sachsen-Anhalts Landeskonservator Harald Meller zusammen mit der Kriminalpolizei 2002 in einem Basler Hotel sicherstellen. Nach gründlicher Restaurierung und Erforschung, die weltweit für Aufsehen sorgte, bildet die Himmelsscheibe seit 2008 das absolute Highlight im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle, das damit endgültig in die erste Reihe der europäischen Archäologiemuseen aufstieg.

Auch die Fundstelle des zum UNESCO-Weltdokumentenerbe zählenden Schatzes wurde ambitioniert erschlossen. Eine spiegelnde Edelstahlscheibe markiert als „Himmelsauge“ den Fundplatz, neben dem auf der Bergkuppe ein astronomischer Aussichtsturm steht. Von hier führt ein Wanderweg zum futuristischen Besucherzentrum „Arche Nebra“, das die bronzezeitliche Welt der Himmelsscheibe mit einer außergewöhnlichen Präsentation wieder zum Leben erweckt. Der Mittelberg diente im Reich von Aunjetitz vermutlich als Observatorium, wo die Himmelsscheibe zur Anwendung kam. Von dort kann man noch heute beobachten, wie die Sonne am längsten Tag des Jahres, der Sommersonnenwende, hinter dem Brocken im nahen Harz untergeht. (Foto: Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Juraj Liptak)


Steffen Raßloff: Ältester Himmel der Welt. Die Himmelsscheibe von Nebra. In: Sachsen-Anhalt. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2020. S. 10 f.


Siehe auch: Geschichte Thüringens, Mitteldeutsche Geschichte, Fürstenhügel von Leubingen, Landesmuseum Halle