Engelsburg Erfurt
Die Engelsburg
Die bedeutende Humanisten- und Lutherstätte, eng verbunden mit "Poetenkönig" Helius Eobanus Hessus und den "Dunkelmännerbriefen", fungierte von 1968 bis 2016 als Studentenclub und Studentenzentrum Engelsburg.
Die Humanistenstätte Engelsburg gehört zu den ältesten Gebäudekomplexen in Erfurt. Sie datiert zurück bis ins 12. Jahrhundert. Ihren Höhepunkt erlebte sie als Sitz des bedeutenden Erfurter Humanistenkreises um Helius Eobanus Hessus. Der Humanismus steht als große geistige Erneuerungsbewegung an der Schwelle zur Neuzeit um 1500. In Erfurt, Sitz der ältesten Universität im heutigen Deutschland (1379), fasste der Humanismus seit dem späten 15. Jahrhundert Fuß.
Von 1514 bis 1526 versammelte sich in der „Engelsburg“ der Humanistenkreis um „Poetenkönig“ Hessus, aus demn auch die berühmten Dunkelmännerbriefe hervorgingen. Förderer des Kreises und seit 1515 Besitzer der „Engelsburg“ war der wohlhabende Arzt und Universitäts-Rektor Georg Sturtz. Der Hessus-Kreis begrüßte auch enthusiastisch die Reformation Martin Luthers, der als Freund von Sturtz und Hessus mehrfach in der Engelsburg zu Gast war.
Nach diversen Nutzungen konnte 1968 der Studentenclub Engelsburg eröffnet werden. Träger war bis 1993 die Medizinische Akademie Erfurt, danach übernahm der Verein Studentenzentrum Engelsburg e.V. die Betreibung. Die "Eburg" war nach umfassender Sanierung 1997-2000 mit Gewölbekeller, Café „DuckDich“, Gaststätte „Steinhaus“ und malerischem Biergarten eine der beliebtesten Adressen in der Altstadt. Sie bot, oft in Kooperation mit Universität und Universitätsgesellschaft, ein breites Veranstaltungsangebot. 2016 wandelte sich das Studentenzentrum nach der Neuvergabe durch den Stadtrat unter einem neuen Betreiber zum Kulturzentrum Engelsburg.
Eine besondere Attraktion der Engelsburg ist ihre in die Kirchhofgasse auskragende Bohlenstube aus der Zeit um 1462 (siehe Abb.). Diese Holzstuben waren beheizbare Aufenthaltsräume, aus denen sich die „gute Stube“ entwickelte. Sie galten zugleich als Zeichen von Wohlstand. Mit der baulichen Veränderung des Gebäudes 1592 wurden u.a. Vorhangmalereien an den Wänden und die bemalte Kassettendecke eingefügt. 1953 erfolgte eine frei interpretierende Restaurierung der Deckenmalereien. Dank der von der Universitätsgesellschaft Erfurt initiierten Restaurierung im Jahre 2011 ist die Bohlenstube wieder zugänglich und kann als Beratungsraum genutzt werden.
Die Bohlenstube mit ihrem Erker zur Kirchhofsgasse galt aufgrund einer Verwechslung lange Zeit als der Treffpunkt des Erfurter Humanistenkreises. Jüngere Forschungen ergaben jedoch, dass die Treffen wahrscheinlich in dem 1952 abgerissenen Haus in der Allerheiligenstraße stattfanden, auf dessen Grundmauern heute der moderne Eingangsbereich steht. Dieses Gebäude trug ursprünglich den Namen „Zur Engelsburg“, der im 20. Jahrhundert auf den gesamten Komplex überging. Auch wenn also die Legende vom „Humanistenerker“ widerlegt ist, zählen die Gebäude der heutigen „Engelsburg“ weiterhin „zu den historisch bedeutendsten Profanbauten Erfurts“ (Christian Misch). (Fotos: Studentenzentrum Engelsburg)
Lesetipp:
Steffen Raßloff: Dunkelmänner. Der Erfurter Humanistenkreis. In: Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2021. S. 38 f.
Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Presseserie zur Engelsburg, Gedenktafel Humanistenstätte, Engelsburg und Universitätsgesellschaft, Denkmal für die Medizinische Akademie, Schautafeln und Film zur Engelsburg
Thüringer Allgemeine vom 03.03.2018 (zum Lesen anklicken):