UNESCO Welterbe Augustinerkloster juedisches Erbe
UNESCO-Welterbe in Erfurt
Das jüdische Erbe mit der Alten Synagoge in Erfurt kann 2020 auf die Welterbeliste gelangen. Der Ergänzungsantrag für das Augustinerkloster und zehn weitere Lutherstätten in Mitteldeutschland wurde 2017 jedoch zurückgezogen.
Herausragende Zeugnisse der Menschheits- und Naturgeschichte dürfen den Titel UNESCO-Welterbe tragen. Baudenkmäler, Stadtensembles, bedeutende Industrieanlagen und außergewöhnliche Naturlandschaften machen so noch deutlicher auf sich aufmerksam. Im Rahmen des 500. Reformationsjubiläums 2017 sollte die Lutherstätte Augustinerkloster in Erfurt auf Vorschlag der Bundesrepublik Deutschland auf die Welterbeliste aufgenommen werden. Der Erweiterungsvorschlag zu den Lutherstätten in Eisleben und Wittenberg mit zehn weiteren Mitbewerbern wurde jedoch kurz vor der Tagung des UNESCO-Welterbekomitees im Juli 2017 in Krakau vorerst zurückgezogen. Ab 2020 kann sich das jüdische Erbe mit der Alten Synagoge und Mikwe Hoffnungen machen. 2014 hat die Kultusministerkonferenz der Länder die Aufnahme auf die deutsche Tentativliste (Vorschlagsliste) beschlossen.
Das Augustinerkloster ist ein bedeutendes Baudenkmal mittelalterlicher Ordensbaukunst. Als Lutherstätte genießt es weltweite Aufmerksamkeit und gilt seit 2004 als „nationales Kulturdenkmal von besonderer kultureller Bedeutung“. Martin Luther lebte hier als Augustinermönch von 1505 bis 1511. Die legendäre Lutherpforte, durch die er am 17. Juli 1505 ins Kloster eintrat (siehe Abb.), verkörpert den entscheidenden biographischen Bruch vom Jurastudenten hin zum Mönch und späteren Reformator. Das Kloster fungiert seit dem großen Lutherjubiläum 1983 als international renommierte Tagungs- und Begegnungsstätte. Hier befindet sich eine Dauerausstellung "Bibel – Kloster – Luther", Luthers rekonstruierte Zelle und eine einzigartige historische Bibliothek.
Welterbe-Status kann auch das jüdisch-mittelalterliche Erbe in Erfurt beanspruchen. Hier gab es vermutlich bereits seit dem 11. Jahrhundert eine Gemeinde. Diese entwickelte sich zu einer der bedeutendsten im Reich. Hiervor zeugt allein schon die Alte Synagoge, deren bauliche Reste bis ins 11. Jahrhundert zurück reichen; sie ist damit die älteste bis unters Dach erhaltene Synagoge Mitteleuropas (siehe Abb.). Noch heute sind alle für eine Gemeinde nötigen Einrichtungen nachvollziehbar: Neben der großen und schmuckvollen Synagoge besonders eine Mikwe (Ritualbad) und ein Friedhof. Die Außenseiterstellung der Juden gipfelte jedoch im blutigen Pogrom von 1349, der vermutlich die gesamte Gemeinde auslöschte. Erst um 1800 kamen wieder Juden nach Erfurt. Erneut wurde das jüdische Leben im Dritten Reich 1933-1945 nahezu völlig vernichtet.
Nach 1945 fasste wieder eine jüdische Gemeinde Fuß in der Stadt Erfurt, die sich heute zu ihrer großen jüdischen Geschichte stolz bekennt. Sie verfügt mit der seit 2009 museal genutzten Alten Synagoge mit dem "Erfurter Schatz" sowie der 2011 rekonstruierten Mikwe über international viel beachtete Kulturdenkmale. Darüber hinaus stellt die umfassend erhaltene Struktur der mittelalterlichen Gemeinde eine Besonderheit dar. Der Erfurter Synagogenabend, veranstaltet vom Erfurter Geschichtsverein und der Stadt Erfurt, gehört zu den beliebten Veranstaltungreihen.
(Text und Fotos: Dr. Steffen Raßloff)