Kriegsende 12. April 1945

Aus erfurt-web.de
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Kriegsende 11./12. April 1945

Beitrag der TA-Serie 70 Jahre Kriegsende 1945 von Dr. Steffen Raßloff (11.04.2015)


Kommandant verweigerte kampflose Übergabe

70 Jahre Kriegsende (15): Am 11. und 12. April 1945 eroberte die 3. US Army Erfurt, wobei es noch zu zahlreichen Opfern kam.


JohannesstraßeUSA.jpg

Seit dem Vormittag des 10. April 1945 war in Erfurt das Näherrücken der Front aus Richtung Westen durch lautes Artilleriefeuer nicht mehr zu überhören. Das Ende des Krieges stand unmittelbar bevor, ohne dass sich die Bevölkerung ein klares Bild der Lage hätte machen können. Die Furcht vor einer Zerstörung der Stadt und dem eigenen Tode buchstäblich im letzten Moment trieb die meisten Menschen um. Tatsächlich sollte es am 11. und 12. April noch zu opferreichen Gefechten kommen, da sich Kampfkommandant Oberst Otto Merkel weigerte, zu kapitulieren. Dass in Erfurt nicht noch größerer Schaden angerichtet wurde, lag allein an den schwachen Verteidigungskräften von Wehrmacht, Waffen-SS und Volkssturm, die die US-Truppen vor keine echten Probleme stellten. Dabei wäre eine kampflose Übergabe durchaus denkbar gewesen. Wenige Tage zuvor hatte dies der Kommandant von Gotha, Oberstleutnant Josef Ritter von Gadolla, möglich gemacht. Freilich wurde er hierfür von regimetreuen Truppen festgenommen und standrechtlich erschossen.

Unmittelbar vor der Einnahme Erfurts spielten sich hinter den Kulissen dramatische Szenen ab. Nach heftigen Debatten im Befehlsstand Merkels auf dem Petersberg befahl der Kommandant sogar die Erschießung von Oberbürgermeister Walter Kießling, der energisch für eine kampflose Übergabe der Stadt plädiert hatte. Allerdings konnte sich Kießling, durchaus ein eingeschworener Nationalsozialist, in den Wirren der letzten Kriegsstunden der Hinrichtung entziehen. Viele „Wehrkraftzersetzer“ und Deserteure hatten da weniger Glück. Ihnen ist seit 1995 das Denkmal für den unbekannten Wehrmachtsdeserteur am Petersberg gewidmet. Obwohl die militärische Lage aussichtslos war, fühlte sich Merkel gegen alle Vernunft an seinen Eid auf den „Führer“ gebunden. Außerdem wollte er „der an der Saale aufmarschierenden Armee jeden und auch den kleinsten Zeitgewinn“ verschaffen. Den weiteren Vormarsch der 3. US Army unter General George S. Patton jr. konnte die an der Saale geplante Abwehrstellung freilich nicht stoppen.

So nahm also der Schlussakt des Krieges in Erfurt seinen zerstörerischen Lauf. Nachdem die gegnerische Luftwaffe noch einmal gezielte Angriffe geflogen hatte, begann am 11. April der konzentrische Angriff auf die Stadt von Norden, Westen und Süden. Von Gispersleben über die Nordhäuser Straße, aus den westlichen Vororten und durch den Steiger stieß man Richtung Stadtzentrum vor. Notdürftig aufgeschichtete Barrikaden und schlecht ausgerüstete Soldaten und Volkssturmmänner sollten die mit Panzern und Luftunterstützung vorrückenden US-Soldaten aufhalten. Keine Rücksicht wurde dabei auf die rund 200.000 Zivilisten in der Stadt – Bürger, Flüchtlinge, Zwangsarbeiter – genommen. Am späten Nachmittag des 12. April schwiegen schließlich die Waffen. Die Kämpfe um Erfurt kosteten selbst den überlegenen amerikanischen Truppen 55 Gefallene und 165 Verwundete, die Opfer auf deutscher Seite dürften noch höher gewesen sein. Artilleriebeschuss sorgte für letzte erhebliche Zerstörungen, etwa der Häuser am „Angereck“ und des Verwaltungsgebäudes der Gewehrfabrik am Mainzerhofplatz. (Foto: US-Truppen am 12. April 1945 in der Johannesstraße, Stadtarchiv Erfurt)


Siehe auch: Erfurt im Nationalsozialismus, Militär in Erfurt