Garnison Erfurt 1935-1945

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Garnison Erfurt 1935-1945

Beitrag der TA-Serie 70 Jahre Kriegsende 1945 von Dr. Steffen Raßloff (14.03.2014)


Ironie der Geschichte

70 Jahre Kriegsende (11): Erfurt stieg mit Einführung der Wehrpflicht 1935 wieder zur größten Garnison Thüringens auf.


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Bis heute prägen die großen Kasernenkomplexe an der Peripherie das Stadtbild von Erfurt mit. Sie erinnern daran, dass die einzige Großstadt Thüringens im Dritten Reich zu einer riesigen Garnison für alle Waffengattungen ausgebaut wurde. Startsignal war das vor genau 80 Jahren erlassene „Gesetz für den Aufbau der Wehrmacht“ vom 16. März 1935 mit Einführung der Wehrpflicht. Dabei ist es wohl die vielzitierte Ironie der Geschichte, dass die Militäreinrichtungen mit Ausnahme der beiden Flughäfen vom Luftkrieg 1944/45 weitgehend verschont blieben, während Wohnhäuser, Betriebe, öffentliche Gebäude und Kulturdenkmale in Schutt und Asche fielen. Zehn Jahre nach Beginn der Wiederaufrüstung war auch Erfurt von den Folgen des Zweiten Weltkriegs schwer gezeichnet. Das Osterfest Ende März 1945 sollte noch einmal eine letzte Steigerung mit über 200 Todesopfern bringen. Zugleich fielen rund 5000 Erfurter Soldaten auf den Schlachtfeldern des Krieges.

Deutschland war nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg durch den Versailler Vertrag 1919 weitgehend entmilitarisiert worden. Adolf Hitler warf jedoch ab 1933 die Nachkriegsordnung innerhalb weniger Jahre über den Haufen. Die Beschränkungen wurden Schritt für Schritt abgebaut und 1935 mit dem Aufbau der Wehrmacht begonnen. Dies diente dazu, das Land für die aggressiven Ziele des Dritten Reiches kriegsbereit zu machen. In kürzester Frist war Erfurt umgeben von ausgedehnten Militäreinrichtungen. Der Fliegerhorst in Bindersleben, heute Flughafen Erfurt-Weimar, und der einstige Zivilflughafen am Roten Berg dienten der Luftwaffe. Das große Garnisonlazarett in der Werner-Seelenbinder-Straße fungiert heute als Sitz des Sozialministeriums. Hinzu kamen fünf Kasernenkomplexe: die Löberfeld-Kaserne und Steiger-Kaserne für die Panzertruppe (1935), die Gneisenau-Kaserne und Blumenthal-Kaserne (1938) für die Infanterie sowie die Henne-Kaserne (1938) für die Artillerie. Die meisten werden heute für zivile Zwecke genutzt.

Diese Kasernenkomplexe wurden vom Luftkrieg erstaunlicherweise weitgehend verschont. Dabei hatten die Militärs mitunter einfach auch Glück. Ein Fall vor genau 70 Jahren mag hierfür beispielhaft stehen: Alliierte Luftaufnahmen zeigen die Henne-Kaserne nahe der Weimarischen Straße nach einem Angriff am 17. März 1945 umgeben von zahllosen Bombenkratern, während die baulichen Einrichtungen fast unversehrt blieben. Die angloamerikanischen Flieger hatten es aber auch eher auf die beiden Flughäfen abgesehen. Von ihnen ging durch die dort stationierten deutschen Jäger unmittelbare Gefahr für ihre Bomberflotten aus. Dementsprechend wurden beide Anlagen regelmäßig angegriffen und glichen bei Kriegsende einer trichterübersähten Mondlandschaft voller Schrottberge. Eine amerikanische Expertenkommission registrierte nach Kriegsende allein in Bindersleben über 70 Flugzeugwracks. (Foto: Parade des Panzerregiments Nr. 1 in Erfurt 1937, Stadtmuseum Erfurt)