Luther Denkmal Erfurt: Unterschied zwischen den Versionen

Aus erfurt-web.de
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 1: Zeile 1:
= Luther-Denkmal Erfurt =
= Lutherdenkmal in Erfurt =


Standort: Anger


für: '''[[Martin Luther]]''' (1483-1546)
'''Beitrag aus der Serie [[Serie Denkmale in Erfurt|Denkmale in Erfurt]] aus der Thüringer Allgemeine von [[Steffen Raßloff|Dr. Steffen Raßloff]] (veröffentl. 2011)'''


Einweihung: 1889


'''Symbol der Lutherstadt'''


[[Datei:Lutherdenk.1917.jpg|350px|right]]Erfurt, wo der spätere Reformator studiert (1501-05) und im Augustinerkloster (1505-11) gelebt hatte, gehört zu den wichtigsten Lutherstädten. Den Impuls, hier ein Luther-Denkmal zu errichten, gab 1881 die in Erfurt tagende Landesversammlung des Evangelischen Vereins. Zwei Jahre später gründete sich ein Lutherdenkmal-Verein, der dazu beitrug, die Gesamtkosten von 72.000 Mark durch Spenden teilweise zusammenzutragen. Nach langem Streit über fünf mögliche Denkmal-Standorte entschied man sich für den neben der Kaufmannskirche, wo Luther am 22. Oktober 1522 mit seiner Predigt einen Konfessionsstreit zu schlichten gehabt hatte.  
DENKMALE IM ERFURT (4): Das 1889 errichtete Lutherdenkmal am Anger war einst Symbol des nationalprotestantischen Geistes der Kaiserzeit. Heute steht es für die wichtigste Lutherstadt neben Wittenberg.  


Um 1883 wurde der Berliner Bildhauer Prof. Fritz Schaper damit betraut, Martin Luther als überlebensgroße Statue darzustellen. 1885 konnte eine Kommission in der Statthalterei das Modell dazu besichtigen. Schaper entschied sich, Luthers Bekennermut, dessen Standhaftigkeit im Glauben, die Entschlossenheit zu reformatorischem Wirken hervorzuheben und durch Körperhaltung und Gebärden, Innehalten und Vorausschauen, bewahrende Demonstration des Neuen Testaments bildhaft zu vermitteln.


Mit drei Erfurter Stationen aus Luthers Leben bereicherte er die Sockelreliefs: Luther als Student im Freundeskreis, sein Abschied vor Eintritt ins Kloster, der festliche Empfang in Erfurt auf dem Wege nach Worms. Die Frontseite markierte der Künstler mit dem Vers 17 des Psalms 118 „Ich werde nicht sterben, sondern leben und des Herrn Werk verkünden“. Am 30. Oktober 1889 enthüllte eine festliche Gesellschaft, darunter auch Fritz Schaper, das Denkmal mit Weihereden, Gesängen und einem Fackelzug. (Abb. Reformationstag 1917, Stadtarchiv Erfurt)
Die Lutherdekade bis zum Reformationsjubiläum 2017 nimmt nach verhaltenem Beginn in Erfurt spürbar Fahrt auf. In der wichtigsten Lutherstadt neben Wittenberg trifft man zudem allenthalben auf Spuren des Studenten, Magisters und jungen Mönches. Das Hauptgebäude seiner Universität, das Collegium maius, wurde gerade rekonstruiert, die Georgenburse, Luthers Studentenwohnheim, kam letztes Jahr in die Kur, das Augustinerkloster, seine letzte Wirkungsstätte in Erfurt, ist ebenfalls vollständig wiederhergestellt. Neben solchen authentischen Erinnerungsorten verfügt Erfurt aber auch über eines der imposantesten Lutherdenkmale in Deutschland. Seit 1889 blickt die massive Bronzegestalt auf die Flaniermeile Erfurts, den Anger. 
 
Nach langer Suche erschien dem Erfurter Lutherdenkmal-Verein der Standort vor der Kaufmannskirche am geeignetsten. Dort hatte Luther 1522 in den Wirren der Reformationszeit zu den Erfurtern gepredigt. 1883 gab der Verein das Denkmal in Auftrag, am 30. Oktober 1889 war feierliche Einweihung. Die überlebensgroße Gestalt von Fritz Schaper aus Berlin zeigt den unerschütterlichen Reformator mit der Bibel in der Hand. An den Sockelreliefs kann man drei Episoden aus Luthers Erfurter Zeit sehen: Luther als Student in der Georgenburse, der Abschied ins Augustinerkloster und der Empfang auf dem Weg nach Worms 1521. Das Denkmal atmet deutlich den Geist des wilhelminischen Kaiserreiches mit seiner nationalprotestantischen Symbolfigur. Hier sammelten sich Erfurter Protestanten, die gut 80 Prozent der Bevölkerung ausmachten, zu feierlichen Anlässen wie dem Reformationstag. Jedes Jahr starteten sie von hier aus am Martinstag mit den traditionellen Lampions Richtung Domplatz. Diese Veranstaltung trug seinerzeit starke konfessionelle Züge und richtete sich zumindest indirekt gegen die auf dem Domberg ansässige katholische Geistlichkeit.


 
Heute entzünden sich an dem Denkmal in Zeiten der Ökumene, die sogar den Papst bald ins Augustinerkloster führen wird, keine konfessionellen Querelen mehr. Zudem weist die Statistik nur noch 21 Prozent bekennende Christen unter den 200.000 Erfurtern auf, darunter 14 Prozent evangelische. Das Denkmal im Herzen der City steht also in erster Linie für die historische Lutherstadt Erfurt, die sich dieses Image aus touristischen Gründen einiges kosten lässt. Mag auch manch einer befürchten, der Lutherdekade könne angesichts des Erinnerungsmarathons bis 2017 die Luft ausgehen, so ist Erfurt damit sicher auf dem richtigen Weg.
Text: '''[[SteffenRassloff|Steffen Raßloff]] / Ruth Menzel: [[Denkmale in Erfurt]].''' Erfurt 2006. S. 62 f.

Version vom 4. Januar 2012, 12:38 Uhr

Lutherdenkmal in Erfurt

Beitrag aus der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (veröffentl. 2011)


Symbol der Lutherstadt

DENKMALE IM ERFURT (4): Das 1889 errichtete Lutherdenkmal am Anger war einst Symbol des nationalprotestantischen Geistes der Kaiserzeit. Heute steht es für die wichtigste Lutherstadt neben Wittenberg.


Die Lutherdekade bis zum Reformationsjubiläum 2017 nimmt nach verhaltenem Beginn in Erfurt spürbar Fahrt auf. In der wichtigsten Lutherstadt neben Wittenberg trifft man zudem allenthalben auf Spuren des Studenten, Magisters und jungen Mönches. Das Hauptgebäude seiner Universität, das Collegium maius, wurde gerade rekonstruiert, die Georgenburse, Luthers Studentenwohnheim, kam letztes Jahr in die Kur, das Augustinerkloster, seine letzte Wirkungsstätte in Erfurt, ist ebenfalls vollständig wiederhergestellt. Neben solchen authentischen Erinnerungsorten verfügt Erfurt aber auch über eines der imposantesten Lutherdenkmale in Deutschland. Seit 1889 blickt die massive Bronzegestalt auf die Flaniermeile Erfurts, den Anger.

Nach langer Suche erschien dem Erfurter Lutherdenkmal-Verein der Standort vor der Kaufmannskirche am geeignetsten. Dort hatte Luther 1522 in den Wirren der Reformationszeit zu den Erfurtern gepredigt. 1883 gab der Verein das Denkmal in Auftrag, am 30. Oktober 1889 war feierliche Einweihung. Die überlebensgroße Gestalt von Fritz Schaper aus Berlin zeigt den unerschütterlichen Reformator mit der Bibel in der Hand. An den Sockelreliefs kann man drei Episoden aus Luthers Erfurter Zeit sehen: Luther als Student in der Georgenburse, der Abschied ins Augustinerkloster und der Empfang auf dem Weg nach Worms 1521. Das Denkmal atmet deutlich den Geist des wilhelminischen Kaiserreiches mit seiner nationalprotestantischen Symbolfigur. Hier sammelten sich Erfurter Protestanten, die gut 80 Prozent der Bevölkerung ausmachten, zu feierlichen Anlässen wie dem Reformationstag. Jedes Jahr starteten sie von hier aus am Martinstag mit den traditionellen Lampions Richtung Domplatz. Diese Veranstaltung trug seinerzeit starke konfessionelle Züge und richtete sich zumindest indirekt gegen die auf dem Domberg ansässige katholische Geistlichkeit.

Heute entzünden sich an dem Denkmal in Zeiten der Ökumene, die sogar den Papst bald ins Augustinerkloster führen wird, keine konfessionellen Querelen mehr. Zudem weist die Statistik nur noch 21 Prozent bekennende Christen unter den 200.000 Erfurtern auf, darunter 14 Prozent evangelische. Das Denkmal im Herzen der City steht also in erster Linie für die historische Lutherstadt Erfurt, die sich dieses Image aus touristischen Gründen einiges kosten lässt. Mag auch manch einer befürchten, der Lutherdekade könne angesichts des Erinnerungsmarathons bis 2017 die Luft ausgehen, so ist Erfurt damit sicher auf dem richtigen Weg.