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Version vom 1. Oktober 2022, 12:30 Uhr
Bismarckturm
Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (08.10.2011)
Dem Gewaltigsten zum Gedächtnis
DENKMALE IN ERFURT (14): Der Bismarckturm im Steiger ehrt die nationale Symbolfigur der Kaiserzeit. Sie bedarf heute einer differenzierten Erinnerungskultur.
Den monumentalsten unter mehreren Erinnerungsorten an den „Reichsgründer“ und „Eisernen Kanzler“ Otto von Bismarck (1815-1898) stellt der 1901 errichtete Bismarckturm im Steiger dar. Noch im Todesjahr 1898 hatte die Deutsche Studentenschaft dazu aufgerufen, überall im Lande „Bismarcksäulen“ zu errichten. Sie sollten zu besonderen Anlässen mit großen Leuchtfeuern alle Gebiete des Reiches miteinander verbinden. Am 23. März 1900 wurde auch in Erfurt ein „Bismarcksäulen-Verein“ gegründet. Unterzeichnet von Oberbürgermeister Hermann Schmidt und zahlreichen Honoratioren verkündete ein Aufruf: „In allen Gauen des Vaterlandes sollen auf ragender Höhe granitene Säulen zum Himmel streben, dem Gewaltigsten zum Gedächtnis, dem Größten aller Großen einer großen Zeit, Otto von Bismarck.“
Dank Spenden aus der überwiegend national gesinnten Bürgerschaft konnte schon am 1. September 1901 die Einweihungsfeier am heutigen „Tannenwäldchen“ stattfinden. Der durch Maurermeister Carl Haddenbrock errichtete 22 Meter hohe begehbare Turm folgte dem meistgebauten Modell „Götterdämmerung“ von Architekt Wilhelm Kreis. Er war nur mit einer Feuerschale und dem Familienwappen Bismarcks auf einem Reichsadler versehen. So sollte der Kalksteinbau deutsch-germanische Wehrhaftigkeit und Eintracht ausdrücken. Hinzu kam ein Eichenhain. In Erfurt stand der Turm sogar gewissermaßen auf „geheiligtem Boden“, hatten doch Spaziergänge den jungen Unionsparlamentarier Bismarck 1850 auch in den Steiger geführt.
In der DDR-Zeit fiel Bismarck als historische Persönlichkeit in Ungnade. Das Denkmal wurde vernachlässigt, entging aber als „Friedensturm“ zumindest der Zerstörung. Heute bemüht sich der 1999 gegründete „Bismarckturm-Verein Erfurt 1900 e.V.“ um seine Erhaltung. Große Sanierungsanstrengungen haben den Turm gesichert, in dessen Nachbarschaft sich seit 1902 das Restaurant „Zum Bismarckturm“ großer Beliebtheit erfreut. Allerdings hat der Bismarckturm-Verein vor einiger Zeit auch negative Schlagzeilen durch Verbindungen zur rechtsextremen Szene gemacht. Er wurde zum Ziel von vielfältigen Versuchen, durch die Unterwanderung gutbürgerlicher Traditionsvereine weit in die Gesellschaft hinein zu wirken. Dies trägt nicht dazu bei, in differenzierter Weise an den großen Staatsmann Bismarck und seine Verbindungen zu Erfurt zu erinnern. Weder der Rückfall in nationalistische Verherrlichung, noch die Verdammung des „reaktionären Junkers“ wie zu DDR-Zeiten werden dem gerecht.
Lesetipps:
Steffen Raßloff: Dem Gewaltigen zum Gedächtnis. Der Erfurter Bismarckturm. In: Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2021. S. 84 f.
Steffen Raßloff: Bismarck und Erfurt. Vom konservativen Unionsparlamentarier zur nationalen Symbolfigur. In: Greiling, Werner/Hans, Hans-Werner: Bismarck in Thüringen. Politik und Erinnerungskultur in kleinstaatlicher Perspektive. Weimar/Jena 2003. S. 115-133.
Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Geschichte Bismarckturm, Bismarck und Erfurt, Bismarckstatue Anger, Erfurter Unionsparlament 1850, Erfurter Bürgertum