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Aktuelle Version vom 1. Oktober 2022, 12:08 Uhr
Oberbürgermeister Georg Boock
Aus der Serie Erfurter Oberbürgermeister der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (01.04.2006)
Oberbürgermeister Georg Boock (1946-1961)
Georg Boock hat als SED-Oberbürgermeister die Zeit der frühen DDR bis 1961 geprägt. Unter seiner Führung kam es zur „Gleichschaltung“ des politischen und gesellschaftlichen Lebens, wie schon die Umstände seiner Amtseinführung deutlich machen. Zugleich bestimmte er die Entwicklung der sozialistischen Großstadt, die im wirtschaftlichen und kulturell-wissenschaftlichen Bereich an Profil gewann.
Mit der Besetzung durch die US-Armee am 12. April 1945 war der Zweite Weltkrieg für Erfurt beendet. Nunmehr bestimmten den Alltag die Sorgen der Nachkriegszeit und die Herrschaft der am 3. Juli 1945 einmarschierten Sowjetbesatzer. Mit ihrer Hilfe entfaltete sich die Herrschaft der Kommunisten bzw. der im April 1946 gegründeten SED.
Ihr Machtanspruch trat auch in Erfurt sehr rasch an die Oberfläche, wie die Oberbürgermeister-Frage zeigt. NS-Stadtoberhaupt Walter Kießling war zunächst von Geschäftsmann Otto Gerber abgelöst worden, an dessen Stelle unter den Sowjets im Juli 1945 der Kommunist und Buchenwald-Häftling Hermann Jahn trat. Nach dessen Tod im Mai 1946 wurde das SED-Mitglied Georg Boock (1891-1961) in dieses Amt berufen. Der gebürtige Berliner hatte seit 1911 Erfahrungen als Kommunalpolitiker gesammelt. 1922 war er der SPD beigetreten. Im Dritten Reich noch 1944 zu einer Zuchthausstraße verurteilt, arbeitete er nach Kriegsende bis zu seiner Berufung nach Erfurt als Oberbürgermeister von Wurzen und trat der KPD bzw. SED bei.
Die freien Kommunalwahlen in Erfurt vom 6. September 1946 gewannen jedoch die Bürgerparteien LDPD (41 %) und CDU (24 %), während die SED nur ein Drittel der Stimmen erringen konnte. Der neue Oberbürgermeister Paul Hach (LDPD) wurde daraufhin unter dem Vorwurf der Sabotage verhaftet und erst nach Verzicht auf den OB-Posten wieder freigelassen. So gelangte Georg Boock erneut an die Spitze der Stadtverwaltung.
Doch dies war nur ein erster Vorgeschmack auf die totalitäre SED-Herrschaft im Erfurter Rathaus. Sie fügte sich ein in den „demokratischen Zentralismus“ der 1949 gegründeten DDR. Politisch-gesellschaftliche Umwälzungen und wirtschaftliche Probleme mündeten in den Volksaufstand vom 17. Juni 1953, der sich auch in Erfurt in zahlreichen Streiks und Protestkundgebungen äußerte. Schließlich konnte die DDR nur durch den Bau der Berliner Mauer 1961 vor dem Ausbluten gerettet werden. Unter den 2,7 Millionen „Republikflüchtlingen“ hatten sich viele Blumenstädter befunden, die in der Organisation „Heimattreue Erfurter“ im „Westen“ den Zusammenhalt pflegten.
Die Stadtverwaltung unter Georg Boock konnte aber auch Erfolge vermelden. Ab 1948 übernahm Erfurt von Weimar die Hauptstadtrolle des Landes Thüringen. Mit der Auflösung der Länder 1952 wurde es Bezirksstadt. Als Hauptstadt des größten der drei thüringischen Bezirke nahm es eine kontinuierliche Weiterentwicklung.
Größtes Problem war die Wohnungsfrage, der man durch beschleunigten Wohnungsbau, Arbeiterwohnungsbau-Genossenschaften (AWG) und das freiwillige „Nationale Aufbauwerk“ (NAW) beizukommen suchte. Im wirtschaftlichen Bereich baute Erfurt seine Bedeutung als Industriestadt weiter aus. In Wissenschaft und Kultur brachte die Ära Boock wichtige Neugründungen wie die Pädagogische Hochschule (1953), die Medizinische Akademie (1954), den Thüringer Zoopark (1959) und die iga (1961). Letztlich wird man die Verdienste des ersten SED-Oberbürgermeisters nur unter Berücksichtigung der spezifischen Bedingungen seiner Amtszeit in der SBZ bzw. frühen DDR angemessen würdigen können. (Foto: Alexander Raßloff, Büste im Skulpturengarten des egaparks)
Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Erfurt in der Nachkriegszeit