Kriegerdenkmal Erfurt: Unterschied zwischen den Versionen
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
||
Zeile 9: | Zeile 9: | ||
[[Datei:KriegerdenkmalHirschgarten.jpg| | [[Datei:KriegerdenkmalHirschgarten.jpg|300px|right]]Einst besaß nahezu jede Stadt und Gemeinde in Deutschland ein oder sogar mehrere Kriegerdenkmale für die Gefallenen von der Reichsgründungszeit bis zum Zweiten Weltkrieg. Während sie in kleineren Orten oft noch immer zu finden sind, meist in der Nähe von Kirche und Friedhof, sind sie aus den größeren Städten hierzulande nach 1945 weitgehend verschwunden. Dieses Schicksal teilte auch das monumentale Kriegerdenkmal auf dem Erfurter Hirschgarten. Es war den sogenannten Reichseinigungskriegen gewidmet, die im Nationalbewusstsein des Deutschen Kaiserreiches einen hohen Stellenwert besaßen. | ||
Am 22. März 1876 wurde das Kriegerdenkmal auf dem Hirschgarten vor dem preußischen Regierungsgebäude, der heutigen Staatskanzlei, eingeweiht. Auf wuchtigem Steinsockel erhob sich eine hohe Säule, gekrönt von einem Adler. Dieser blickte nach Westen, auf „das ewig unruhige Frankreich, das seine Niederlagen nie vergißt“, wie eine zeitgenössische Beschreibung es mit Blick auf den „Erbfeind“ formulierte. Deutlich schwingt hier das Selbstbewusstsein des neuen deutschen Nationalstaates von 1871 mit, zu dessen Geburtsfehlern die kaum überbrückbare Feindschaft zu Frankreich gehörte. | Am 22. März 1876 wurde das Kriegerdenkmal auf dem Hirschgarten vor dem preußischen Regierungsgebäude, der heutigen Staatskanzlei, eingeweiht. Auf wuchtigem Steinsockel erhob sich eine hohe Säule, gekrönt von einem Adler. Dieser blickte nach Westen, auf „das ewig unruhige Frankreich, das seine Niederlagen nie vergißt“, wie eine zeitgenössische Beschreibung es mit Blick auf den „Erbfeind“ formulierte. Deutlich schwingt hier das Selbstbewusstsein des neuen deutschen Nationalstaates von 1871 mit, zu dessen Geburtsfehlern die kaum überbrückbare Feindschaft zu Frankreich gehörte. |
Version vom 17. März 2021, 13:07 Uhr
Kriegerdenkmal Erfurt
Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (05.11.2011)
Nationalstolz und Opfergedenken
DENKMALE IN ERFURT (18): Am Hirschgarten diente einst ein Kriegerdenkmal nicht nur der Ehrung von gefallenen Soldaten. In den Erfurter Ortsteilen gibt es noch einige Gefallenendenkmale.
Einst besaß nahezu jede Stadt und Gemeinde in Deutschland ein oder sogar mehrere Kriegerdenkmale für die Gefallenen von der Reichsgründungszeit bis zum Zweiten Weltkrieg. Während sie in kleineren Orten oft noch immer zu finden sind, meist in der Nähe von Kirche und Friedhof, sind sie aus den größeren Städten hierzulande nach 1945 weitgehend verschwunden. Dieses Schicksal teilte auch das monumentale Kriegerdenkmal auf dem Erfurter Hirschgarten. Es war den sogenannten Reichseinigungskriegen gewidmet, die im Nationalbewusstsein des Deutschen Kaiserreiches einen hohen Stellenwert besaßen.
Am 22. März 1876 wurde das Kriegerdenkmal auf dem Hirschgarten vor dem preußischen Regierungsgebäude, der heutigen Staatskanzlei, eingeweiht. Auf wuchtigem Steinsockel erhob sich eine hohe Säule, gekrönt von einem Adler. Dieser blickte nach Westen, auf „das ewig unruhige Frankreich, das seine Niederlagen nie vergißt“, wie eine zeitgenössische Beschreibung es mit Blick auf den „Erbfeind“ formulierte. Deutlich schwingt hier das Selbstbewusstsein des neuen deutschen Nationalstaates von 1871 mit, zu dessen Geburtsfehlern die kaum überbrückbare Feindschaft zu Frankreich gehörte.
Die vier Schrifttafeln am Sockel verhießen den Gefallenen der 15. Infanteriebrigade Ehre, Sieg und Ruhm des Preußisch-Österreichischen Krieges 1866 und des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71. Weiterhin waren die Konterfeis der bekanntesten Feldherren Kaiser Wilhelms I. zu sehen. Mit dem Hirschgarten hatte man einen der repräsentativsten Plätze ausgewählt. 1732 war hier vor dem neuen kurmainzischen Statthalterpalais die erste öffentliche Grünanlage Erfurts entstanden. Statt des 1948 als „nationalistisch und militaristisch“ entfernten Denkmals bildet heute ein Springbrunnen den Mittelpunkt des Platzes.
Ist das Kriegerdenkmal ebenso wie das einstige Reiterdenkmal in der Bahnhofstraße und das Denkmal für die „71-er“ am Petersberg verschwunden, wird zumindest noch auf dem Hauptfriedhof oder mit Gedenktafeln wie in der Rathausvorhalle der Opfer verschiedener Kriege gedacht. In den Erfurter Ortsteilen gibt es dagegen noch klassische Gefallenendenkmale. Im Kiliani-Park von Gispersleben etwa steht ein Gedenkstein mit klarer geometrischer Formensprache, der die Opfer der Kirchgemeinden Viti und Kiliani ehrt. Typischer mutet das Denkmal mit großem Eisernen Kreuz nahe der Vitikirche an. Von Alach bis Waltersleben finden sich weitere Denkmale, sei es eine schlichte Erinnerungstafel, ein Kreuz oder ein Gedenkstein. (Foto: Stadtarchiv Erfurt)
Lesetipps:
Steffen Raßloff: Unterm mächtigen Zollernhaus. Das preußische Erfurt. In: Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2021. S. 68 f.
Steffen Raßloff: Landesbewusstsein und Geschichtsbild im preußischen Thüringen. Das Erfurter Bürgertum 1871-1918. In: Mathias Werner (Hg.): Im Spannungsfeld von Wissenschaft und Politik. 150 Jahre Landesgeschichtsforschung in Thüringen. Köln/Weimar/Wien 2005. S. 45-64.
Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Erfurter Bürgertum, Erster Weltkrieg, Gefallenendenkmale Erster Weltkrieg, Militär in Erfurt