Erthal Obelisk Domplatz Erfurt: Unterschied zwischen den Versionen
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Die Erfurter Domstufenfestspiele zeigen in diesem Jahr Mozarts letzte Oper „Die Zauberflöte“ von 1791. Sie greift die Freimaurerbewegung auf, die sich im 18. Jahrhundert humanistischen Werten wie Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit und Humanität verpflichtet fühlte. Organisiert in Logen und Großlogen, gestalteten sich die geheimnisumwitterten Aktivitäten nach bürgerlich-demokratischen Grundsätzen. In ihrer Tendenz waren sie damit gegen den feudalen Ständestaat des Ancien Régime und die eng mit ihm verbundenen Kirchen gerichtet. | [[Datei:Obeliskdomplatz.jpg|180px|right]]Die Erfurter Domstufenfestspiele zeigen in diesem Jahr Mozarts letzte Oper „Die Zauberflöte“ von 1791. Sie greift die Freimaurerbewegung auf, die sich im 18. Jahrhundert humanistischen Werten wie Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit und Humanität verpflichtet fühlte. Organisiert in Logen und Großlogen, gestalteten sich die geheimnisumwitterten Aktivitäten nach bürgerlich-demokratischen Grundsätzen. In ihrer Tendenz waren sie damit gegen den feudalen Ständestaat des Ancien Régime und die eng mit ihm verbundenen Kirchen gerichtet. | ||
Einer der Vertreter des aufgeklärten Adels, der dem Freimaurerwesen aufgeschlossen gegenüber stand, war Karl Theodor von Dalberg (1744-1817). Der spätere Fürstprimas des Rheinbundes residierte drei Jahrzehnte als Statthalter des Kurfürsten von Mainz in Erfurt (1772-1802). Dalberg war der bedeutendste Bewohner der prächtigen barocken Statthalterei am Hirschgarten, der heutigen Thüringer Staatskanzlei. Er machte Erfurt zu einem Zentrum der Kultur neben dem klassischen Weimar Goethes und versuchte den Idealen der Aufklärung Geltung zu verschaffen. Zeitgenosse und Chronist Constantin Beyer schwärmte von einem „Genius, den der Himmel uns zum Segen sandte“. Manchem erschien er besonders mit Blick auf seine kulturellen und sozialen Bemühungen als „Lichtbringer“, als Aufklärer im besten Wortsinne. Dalberg, Angehöriger des Illuminaten-Geheimbundes (die „Erleuchteten“), stand auch der Freimaurerei offen gegenüber. Unter seiner Statthalterschaft wurde 1787 von einem Kreis aufklärerischer Bildungsbürger die Erfurter Loge „Carl zu den 3 Rädern“ gegründet. | Einer der Vertreter des aufgeklärten Adels, der dem Freimaurerwesen aufgeschlossen gegenüber stand, war Karl Theodor von Dalberg (1744-1817). Der spätere Fürstprimas des Rheinbundes residierte drei Jahrzehnte als Statthalter des Kurfürsten von Mainz in Erfurt (1772-1802). Dalberg war der bedeutendste Bewohner der prächtigen barocken Statthalterei am Hirschgarten, der heutigen Thüringer Staatskanzlei. Er machte Erfurt zu einem Zentrum der Kultur neben dem klassischen Weimar Goethes und versuchte den Idealen der Aufklärung Geltung zu verschaffen. Zeitgenosse und Chronist Constantin Beyer schwärmte von einem „Genius, den der Himmel uns zum Segen sandte“. Manchem erschien er besonders mit Blick auf seine kulturellen und sozialen Bemühungen als „Lichtbringer“, als Aufklärer im besten Wortsinne. Dalberg, Angehöriger des Illuminaten-Geheimbundes (die „Erleuchteten“), stand auch der Freimaurerei offen gegenüber. Unter seiner Statthalterschaft wurde 1787 von einem Kreis aufklärerischer Bildungsbürger die Erfurter Loge „Carl zu den 3 Rädern“ gegründet. | ||
An die Dalberg-Zeit erinnert der Obelisk auf dem Domplatz, der in seiner ägyptischen Formensprache Assoziationen an die Freimaurerei hervorruft. Errichtet wurde er 1777 durch die Bürgerschaft zu Ehren von Kurfürst Friedrich Carl Joseph von Erthal, dem letzten kurmainzischen Landesvater Erfurts (1774-1802). In den Wirren der von Frankreich ausstrahlenden Revolutionsepoche residierte Erthal, aus Mainz vertrieben, mehrfach längere Zeit in Erfurt. Auch er galt vielen Bürgern als milder, aufgeklärter Herrscher, betätigte sich zeitweise als Freimaurer, war aber wohl doch stärker noch als Dalberg dem Ancien Régime verbunden. Kurz nach Erthals Tod am 25. Juli 1802 gelangte Erfurt für die kommenden anderthalb Jahrhunderte an Preußen – eine der tiefen Zäsuren der Stadtgeschichte. | An die Dalberg-Zeit erinnert der Obelisk auf dem Domplatz, der in seiner ägyptischen Formensprache Assoziationen an die Freimaurerei hervorruft. Errichtet wurde er 1777 durch die Bürgerschaft zu Ehren von Kurfürst Friedrich Carl Joseph von Erthal, dem letzten kurmainzischen Landesvater Erfurts (1774-1802). In den Wirren der von Frankreich ausstrahlenden Revolutionsepoche residierte Erthal, aus Mainz vertrieben, mehrfach längere Zeit in Erfurt. Auch er galt vielen Bürgern als milder, aufgeklärter Herrscher, betätigte sich zeitweise als Freimaurer, war aber wohl doch stärker noch als Dalberg dem Ancien Régime verbunden. Kurz nach Erthals Tod am 25. Juli 1802 gelangte Erfurt für die kommenden anderthalb Jahrhunderte an Preußen – eine der tiefen Zäsuren der Stadtgeschichte. |
Version vom 5. Januar 2012, 14:30 Uhr
Erthal Obelisk auf dem Domplatz
Beitrag aus der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (2011)
Das Zeitalter der Erleuchtung
DENKMALE IM ERFURT (2): Der Erthal-Obelisk auf dem Domplatz erinnert an die Statthalterschaft Karl Theodor von Dalbergs. Er repräsentiert das Zeitalter der Aufklärung im 18. Jahrhundert.
Die Erfurter Domstufenfestspiele zeigen in diesem Jahr Mozarts letzte Oper „Die Zauberflöte“ von 1791. Sie greift die Freimaurerbewegung auf, die sich im 18. Jahrhundert humanistischen Werten wie Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit und Humanität verpflichtet fühlte. Organisiert in Logen und Großlogen, gestalteten sich die geheimnisumwitterten Aktivitäten nach bürgerlich-demokratischen Grundsätzen. In ihrer Tendenz waren sie damit gegen den feudalen Ständestaat des Ancien Régime und die eng mit ihm verbundenen Kirchen gerichtet.
Einer der Vertreter des aufgeklärten Adels, der dem Freimaurerwesen aufgeschlossen gegenüber stand, war Karl Theodor von Dalberg (1744-1817). Der spätere Fürstprimas des Rheinbundes residierte drei Jahrzehnte als Statthalter des Kurfürsten von Mainz in Erfurt (1772-1802). Dalberg war der bedeutendste Bewohner der prächtigen barocken Statthalterei am Hirschgarten, der heutigen Thüringer Staatskanzlei. Er machte Erfurt zu einem Zentrum der Kultur neben dem klassischen Weimar Goethes und versuchte den Idealen der Aufklärung Geltung zu verschaffen. Zeitgenosse und Chronist Constantin Beyer schwärmte von einem „Genius, den der Himmel uns zum Segen sandte“. Manchem erschien er besonders mit Blick auf seine kulturellen und sozialen Bemühungen als „Lichtbringer“, als Aufklärer im besten Wortsinne. Dalberg, Angehöriger des Illuminaten-Geheimbundes (die „Erleuchteten“), stand auch der Freimaurerei offen gegenüber. Unter seiner Statthalterschaft wurde 1787 von einem Kreis aufklärerischer Bildungsbürger die Erfurter Loge „Carl zu den 3 Rädern“ gegründet.
An die Dalberg-Zeit erinnert der Obelisk auf dem Domplatz, der in seiner ägyptischen Formensprache Assoziationen an die Freimaurerei hervorruft. Errichtet wurde er 1777 durch die Bürgerschaft zu Ehren von Kurfürst Friedrich Carl Joseph von Erthal, dem letzten kurmainzischen Landesvater Erfurts (1774-1802). In den Wirren der von Frankreich ausstrahlenden Revolutionsepoche residierte Erthal, aus Mainz vertrieben, mehrfach längere Zeit in Erfurt. Auch er galt vielen Bürgern als milder, aufgeklärter Herrscher, betätigte sich zeitweise als Freimaurer, war aber wohl doch stärker noch als Dalberg dem Ancien Régime verbunden. Kurz nach Erthals Tod am 25. Juli 1802 gelangte Erfurt für die kommenden anderthalb Jahrhunderte an Preußen – eine der tiefen Zäsuren der Stadtgeschichte.