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Erstmals erwähnt wurde der "Erfurter Hof" 1872. 1904/1905 erfolgte der Neubau des heutigen prächtigen Hotelgebäudes nach Plänen des Berliner Architekten Otto Marsch. Es wurde zunächst von einer GmbH betrieben. 1906 stellte diese den damals 38jährigen Hotelier Georg Kossenhaschen als Geschäftsführer ein, der ein Jahr später das Hotel erwarb. | Erstmals erwähnt wurde der "Erfurter Hof" 1872. 1904/1905 erfolgte der Neubau des heutigen prächtigen Hotelgebäudes nach Plänen des Berliner Architekten Otto Marsch. Es wurde zunächst von einer GmbH betrieben. 1906 stellte diese den damals 38jährigen Hotelier Georg Kossenhaschen als Geschäftsführer ein, der ein Jahr später das Hotel erwarb. | ||
Version vom 2. November 2009, 22:11 Uhr
Der Erfurter Hof
ehemaliges Spitzenhotel, Schauplatz des Erfurter Gipfeltreffens 1970
Erstmals erwähnt wurde der "Erfurter Hof" 1872. 1904/1905 erfolgte der Neubau des heutigen prächtigen Hotelgebäudes nach Plänen des Berliner Architekten Otto Marsch. Es wurde zunächst von einer GmbH betrieben. 1906 stellte diese den damals 38jährigen Hotelier Georg Kossenhaschen als Geschäftsführer ein, der ein Jahr später das Hotel erwarb.
Geschäftstüchtig plante der "Moltke des Gastgewerbes" schon bald eine Erweiterung. Kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 wurde mit dem Bau des Haus Kossenhaschen auf dem Nachbargrundstück begonnen. Die Planungen erbrachte der Erfurter Architekt Arthur Hügel, mit dem Kossenhaschen befreundet war und der weitere Aufträge für ihn ausführte. Mit der riesigen Investitionssumme von 1,25 Mio Mark wurde der Bau 1916 vollendet (siehe auf der Abbildung den Erfurter Hof und Haus Kossenhaschen mit dem Hauptbahnhof um 1920). Die künstlerisch ansprechende Ausstattung des Haus Kossenhaschen brachte Arthur Hügel auch internationales Ansehen. Obwohl beide Häuser nebeneinander bestanden, wurden sie doch einheitlich geführt und galten über Jahrzehnte als "erstes Haus am Platze". 180 Angestellte sorgten sich um das Wohl der Gäste.
Im Herbst 1926 logiert der "falsche Prinz" Harry Domela als "Baron Korff" im "Erfurter Hof". Der Hoteldirektor hält ihn für den Hohenzollern-Prinzen Wilhelm, den ältesten Sohn des ehemaligen deutschen Kronprinzen. Domela wird von den national-monarchistisch orientierten bürgerlichen Honoratioren der Stadt hofiert und steigt in der Gesellschaft Thüringens in schwindelnde Höhen auf. Als Zweifel aufkommen, setzt er sich mit der Eisenbahn Richtung Rheinland ab, um in die französische Fremdenlegion einzutreten. Der Erfurter "Hauptmann Köpenick" sorgte für herzhaftes und auch für hämisches Gelächter. 1931 starb Georg Kossenhaschen. Seine Witwe Marie-Luise Kossenhaschen führte das Unternehmen zunächst allein, später mit ihrem zweiten Ehemann Albert Schäfer-Kossenhaschen, weiter.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges diente es ab dem 12. April 1945 zuerst der amerikanischen Militärverwaltung und ab Juli der sowjetischen Militäradministration für Thüringen. Gleichzeitig war es aber auch noch Hotel. Albert Schäfer-Kossenhaschen wurde 1946 verhaftet, das Unternehmen verstaatlicht. Ab 1948 war es landeseigener Betrieb und ging 1950 in städtischen Besitz über. Betreiber war zunächst das KWU Erfurt (Kommunales Wirtschaftsunternehmen), dann die HO und schließlich wurde es Bestandteil der Interhotel-Gruppe. Die Bettenkapazität der beiden Häuser, die seit 1948 die einheitliche Bezeichnung "Erfurter Hof" erhielten, wurde durch Um- und Ausbauten von 250 auf 350 erhöht. 1989 arbeiteten hier fast 350 Angestellte.
Mit dem ersten deutsch-deutschen Gipfeltreffen Brandt-Stoph 1970 erlangte das Hotel weltweite Bekanntheit. Am Vormittag des 19. März 1970 durchbrachen tausende begeisterte Erfurter die Polizeiabsperrungen vor dem Hotel und brachten dem Bundeskanzler Ovationen entgegen. Nach den Rufen "Willy Brandt ans Fenster!" zeigte sich der beliebte Politiker der Menge.
Nach Wende und Wiedervereinigung erwarb die Deutsche Interhotel GmbH 1991 das Haus von der Treuhand für 35 Millionen DM. Dennoch schloss das Hotel am 30. Juni 1995 seine Pforten und fristete ein jämmerliches Dasein. 2004 ging es in das Eigentum der LEG Thüringen über. Bis September 2007 wurde der "Erfurter Hof" zum Büro- und Servicekomplex umgebaut, in dem neben traditionsreichen und neuen gastronomischen Einrichtungen nun v.a. die Sparkasse Mittelthüringen und die Thüringer Tourismus Gesellschaft (TTG) ihr Domizil gefunden haben.
Literatur
Steffen Raßloff (Hg.): "Willy Brandt ans Fenster!" Das Erfurter Gipfeltreffen 1970 und die Geschichte des "Erfurter Hofes" (Schriften des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt. Bd. 6). Jena 2007.
Siehe auch die TA-Beiträge zum Erfurter Hof von Dr. Steffen Raßloff zum Erfurter Hof