Georgenburse Erfurt: Unterschied zwischen den Versionen

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Bursen waren einst die „Studentenwohnheime“ der Universitäten. In ihnen lebten Studierende und Lehrende gemeinsam in einer fast klösterlich anmutenden Ordnung. Frühes Aufstehen und Schlafengehen, klare Regeln für den Tagesablauf und bescheidener Lebenswandel jenseits der akademischen Festlichkeiten waren in den Bursenordnungen festgeschrieben. Der junge Luther entschied sich 1501 für die Georgenburse in der Augustinerstraße, nur einen Steinwurf vom '''[[Collegium maius Erfurt|Collegium maius]]''' entfernt, wo er sich als Student immatrikuliert hatte.  
Bursen waren einst die „Studentenwohnheime“ der Universitäten. In ihnen lebten Studierende und Lehrende gemeinsam in einer fast klösterlich anmutenden Ordnung. Frühes Aufstehen und Schlafengehen, klare Regeln für den Tagesablauf und bescheidener Lebenswandel jenseits der akademischen Festlichkeiten waren in den Bursenordnungen festgeschrieben. Der junge Luther entschied sich 1501 für die Georgenburse in der Augustinerstraße, nur einen Steinwurf vom '''[[Collegium maius Erfurt|Collegium maius]]''' entfernt, wo er sich als Student immatrikuliert hatte.  
Ein Brief des Luther-Verwandten Dietrich Lindemann aus dem Jahre 1526 belegt, dass der spätere Reformator hier als Bursale lebte: «Grüßt mir unseren Verwandten M. Luther, der als Baccalaureus mich einst zu Erfurt in der Georgenburse […] einige Tage freundlich aufnahm.» Auch wenn sich nicht sicher sagen lässt, ob er die ganze Studienzeit hier verbrachte, gehört die Georgenburse damit zu den wichtigsten Luther-Erinnerungsstätten. Sie wird 1456 erstmals urkundlich erwähnt und existierte bis Mitte des 16. Jahrhunderts. Wie alle Kollegien und größeren Bursen bestand die Georgenburse aus einem ganzen Gebäudekomplex; das bis heute erhaltene Haus geht in einzelnen Bauteilen bis ins 14. Jahrhundert zurück.


Das Wissen um Luthers Burse verdanken wir Prof. Johannes Biereye, langjähriger Vorsitzender des '''[[ErfurterGeschichtsverein|Erfurter Geschichtsvereins]]'''. Aus Anlass des Reformationsjubiläums 1917 hatte er sich intensiv mit den Lutherstätten in Erfurt beschäftigt. Biereye wusste, dass nur in einem 1902 entdeckten Brief auf die schon im 16. Jahrhundert geschlossene Georgenburse als Luthers Aufenthaltsort hingewiesen wird. Er konnte diese an der heute bekannten Stelle verorten. Allerdings war der Komplex einst sehr viel größer und reichte bis an die Augustinerstraße heran. Erhalten ist nur der Gebäudeteil im Hinterhof. Dieser freilich geht laut Baugutachten in seinen ältesten Bauteilen bis auf die Lutherzeit zurück.
Das Wissen um Luthers Burse verdanken wir Prof. Johannes Biereye, langjähriger Vorsitzender des '''[[ErfurterGeschichtsverein|Erfurter Geschichtsvereins]]'''. Aus Anlass des Reformationsjubiläums 1917 hatte er sich intensiv mit den Lutherstätten in Erfurt beschäftigt. Biereye wusste, dass nur in einem 1902 entdeckten Brief auf die schon im 16. Jahrhundert geschlossene Georgenburse als Luthers Aufenthaltsort hingewiesen wird. Er konnte diese an der heute bekannten Stelle verorten. Allerdings war der Komplex einst sehr viel größer und reichte bis an die Augustinerstraße heran. Erhalten ist nur der Gebäudeteil im Hinterhof. Dieser freilich geht laut Baugutachten in seinen ältesten Bauteilen bis auf die Lutherzeit zurück.

Version vom 30. Oktober 2010, 08:50 Uhr

Georgenburse

Begegnungs- und Bildungsstätte "Studienort der Lutherzeit" mit ökumenischer Pilgerherberge

Wohnort Martin Luthers als Student und Magister an der Universität Erfurt (1501-05)


Georgenburseklein.jpg

Die Georgenburse in der Augustinerstraße diente Luther vermutlich als „Studentenwohnheim“, in dem es allerdings recht klösterlich zu ging. Vor 100 Jahren durch Johannes Biereye in ihrer historischen Bedeutung wieder publik gemacht, befindet sich in der Burse heute eine Begegnungs- und Bildungsstätte „Studienort der Lutherzeit“ mit Pilgerherberge.

Bursen waren einst die „Studentenwohnheime“ der Universitäten. In ihnen lebten Studierende und Lehrende gemeinsam in einer fast klösterlich anmutenden Ordnung. Frühes Aufstehen und Schlafengehen, klare Regeln für den Tagesablauf und bescheidener Lebenswandel jenseits der akademischen Festlichkeiten waren in den Bursenordnungen festgeschrieben. Der junge Luther entschied sich 1501 für die Georgenburse in der Augustinerstraße, nur einen Steinwurf vom Collegium maius entfernt, wo er sich als Student immatrikuliert hatte.

Ein Brief des Luther-Verwandten Dietrich Lindemann aus dem Jahre 1526 belegt, dass der spätere Reformator hier als Bursale lebte: «Grüßt mir unseren Verwandten M. Luther, der als Baccalaureus mich einst zu Erfurt in der Georgenburse […] einige Tage freundlich aufnahm.» Auch wenn sich nicht sicher sagen lässt, ob er die ganze Studienzeit hier verbrachte, gehört die Georgenburse damit zu den wichtigsten Luther-Erinnerungsstätten. Sie wird 1456 erstmals urkundlich erwähnt und existierte bis Mitte des 16. Jahrhunderts. Wie alle Kollegien und größeren Bursen bestand die Georgenburse aus einem ganzen Gebäudekomplex; das bis heute erhaltene Haus geht in einzelnen Bauteilen bis ins 14. Jahrhundert zurück.

Das Wissen um Luthers Burse verdanken wir Prof. Johannes Biereye, langjähriger Vorsitzender des Erfurter Geschichtsvereins. Aus Anlass des Reformationsjubiläums 1917 hatte er sich intensiv mit den Lutherstätten in Erfurt beschäftigt. Biereye wusste, dass nur in einem 1902 entdeckten Brief auf die schon im 16. Jahrhundert geschlossene Georgenburse als Luthers Aufenthaltsort hingewiesen wird. Er konnte diese an der heute bekannten Stelle verorten. Allerdings war der Komplex einst sehr viel größer und reichte bis an die Augustinerstraße heran. Erhalten ist nur der Gebäudeteil im Hinterhof. Dieser freilich geht laut Baugutachten in seinen ältesten Bauteilen bis auf die Lutherzeit zurück.

Trotz der schmalen Quellenbasis kann man also von der Authentizität der Georgenburse als Lutherstätte ausgehen. Biereye bedauerte vor gut 100 Jahren allerdings, dass die modernen Häuserblocks der Augustinerstraße den Blick auf das historische Gebäude verstellten. Die Fliegerbomben des Zweiten Weltkrieges sollten diese Situation völlig verändern. So konnte man schließlich im Rahmen des 500. Luthergeburtstages 1983 die Chance einer Neugestaltung nutzen. Die Georgenburse wurde rekonstruiert und eine Grünfläche davor angelegt (siehe Abb., Stadtarchiv Erfurt). Der Bauboom nach der „Wende“ hat die Burse allerdings wieder in den Schatten noch modernerer Häuserblocks gestellt. Zumindest bleibt sie aber von der Lehmannsbrücke und dem gegenüber liegenden Gera-Ufer aus sichtbar.

Nach komplexer Sanierung und Umgestaltung eröffnete am 31.10.2010 die Begegnungs- und Bildungsstätte "Georgenburse Erfurt - Studienort der Lutherzeit" mit ökumenischer Pilgerherberge. Sie wirft in ihrer Ausstellung Schlaglichter auf die Lutherstadt und das einstige Universitätsleben in Erfurt. Die Initiative hierfür ging vom "Bonhoeffer-Haus e.V." und "Freundeskreis Georgenburse Erfurt e.V." aus. So findet sich heute auf halbem Wege zwischen Collegium maius und Augustinerkloster ein weiterer hochkarätiger Erinnerungsort in der Lutherstadt Erfurt.

Literatur

Steffen Raßloff / Carl Ulrich Spannaus: Georgenburse Erfurt. Studienort der Lutherzeit (Ausstellungsflyer). Erfurt 2010.