Bauhaus Erfurt: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 1. Januar 2019, 12:50 Uhr
Bauhaus-Architektur in Erfurt
Beitrag der Serie Bauhausjubiläum 2009 der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (06.12.2008)
Mehr Bauhaus als in Weimar
Bauhausjubiläum 2009 (3): Das “neue Bauen” der 1920er Jahre hat das Erfurter Stadtbild mit geprägt
In Weimar schlug 1919 die Geburtsstunde des Bauhauses, erblickte die klassische Moderne der Architektur das Licht der Welt. In der benachbarten Großstadt Erfurt hat sie in den Goldenen Zwanzigern aber sehr viel intensiver das Stadtbild geprägt.
Das Wirken des Staatlichen Bauhauses von 1919 bis 1924 hat Weimar den Ruf als Keimzelle der klassischen Moderne eingetragen. Hier wurden unter der Marke Bauhaus neue Maßstäbe für Architektur und Design gesetzt. Das legendäre Haus am Horn und der Van-de-Velde-Bau der Bauhausuniversität mit dem Gropius-Zimmer gelten als Pilgerstätten. Sieht man sich aber darüber hinaus im beschaulichen Ilm-Athen um, so findet man kaum markante Bauwerke im Bauhaus-Stil. In Erfurt dagegen konnte sich die moderne Architektur der Weimarer Republik mit ihrer klaren, schmucklosen Formensprache nachdrücklich im Stadtbild verewigen.
Der Architekt und Denkmalpfleger Dr. Mark Escherich hat sich intensiv mit dem “neuen Bauen” in Erfurt beschäftigt und alte Vorurteile widerlegt. Nicht zuletzt ihm ist es zu verdanken, dass der Blick für die durchaus beachtliche moderne Großstadtarchitektur in Erfurt geschärft wurde. Die Reformarchitektur im Bauhaus-Stil sticht besonders bei den ambitionierten Geschäftshäusern und den Wohnungsbauprojekten der Vorstädte hervor. Sie spiegeln zugleich die kurze Phase positiver wirtschaftlicher und städtebaulicher Entwicklung in den mittleren 1920er Jahren, den “Goldenen Zwanzigern”.
Das Hanseviertel wuchs als herausragendes Beispiel für den sozialen Wohnungsbau im Bauhaus-Stil. Im Innenstadtbereich ragen u.a. das DHV-Haus (1929, heute Anger Entree), die Mitteldeutsche Landesbank am Anger (1929, heute Sparkasse, siehe Abb. Stadtarchiv Erfurt), das Geschäftshaus Schellhorn in der Neuwerkstraße (1930) und der AOK-Neubau in der Augustinerstraße (1930) heraus. Diese Bauwerke heben sich gerade am Anger deutlich von den reich geschmückten Fassaden der Gründerzeit ab, die der Erfurter Einkaufsmeile seit den Jahrzehnten um 1900 das Gepräge geben. So verwundert es auch nicht, dass dieser extreme Traditionsbruch bei den Zeitgenossen keineswegs unumstritten war. Die Kritik reichte bis in den politischen Bereich, verfemte man doch seitens der Rechten den Bauhaus-Stil als “seelenlos” und “undeutsch”, sprach von “semitischen Flachdächern” usw.
Freilich ist dies längst Geschichte. Mark Escherich betont die “positive Bewertung der klassischen Moderne” für unser heutiges architektonisch-städtebauliches Selbstverständnis. Damit gehört dieser Bereich selbstverständlich als ein Herzstück in die Würdigungen des Bauhausjubiläums 2009. Doch trotz Verehrung der Moderne und städtischem Kulturthema wird ein markantes Geschäftshaus jener Ära, das “Phönix-Haus” mit dem UFA-Palast-Kino in der Bahnhofstraße von 1931, just im kommenden Jahr abgerissen. Leider ist dies nicht der einzige Verlust an Kulturdenkmalen des “neuen Bauens”, fressen sich doch gerade die Abriss-Bagger durch das denkmalgeschützte Eingangsgebäude im Nordbad von 1929.
Siehe auch: 100. Bauhaus-Jubiläum 2019, Erfurt in der Weimarer Republik, Sparkasse Anger, AOK-Geschäftshaus, Margaretha Reichardt