Alter Angerbrunnen Erfurt: Unterschied zwischen den Versionen
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[[Datei:AlterAngerbrunnen.jpg| | [[Datei:AlterAngerbrunnen.jpg|370px|right]]Im 50. Gründungsjahr der iga, des heutigen egaparks, besinnt sich Erfurt wieder stärker seiner großen Tradition als Blumenstadt. Eine erfolgreiche Bewerbung um die Bundesgartenschau 2021 könnte dem erwachten Traditionsbewusstsein neues Leben einhauchen. Vor diesem Hintergrund verdient ein Erfurter Denkmal besondere Aufmerksamkeit, das man vielleicht als solches gar nicht auf den ersten Blick wahr nimmt. Der alte Angerbrunnen am Westende der beliebten Flaniermeile ist nämlich auch eine Verneigung vor dem Erfurter Erwerbsgartenbau des 19. Jahrhunderts, der mit seinem weltweiten Erfolg den Ruf der Blumenstadt begründet hat. | ||
Die Errichtung des Brunnens steht im Zusammenhang mit der Entwicklung Erfurts zur modernen Großstadt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. 1876 beschlossen Magistrat und Verschönerungsverein, den erfolgreichen Bauabschluss der Zentralwasserleitung öffentlich zu würdigen. 1880 brachte man einen beschränkten Wettbewerb für einen Brunnen auf den Weg. Den nun folgenden zehnjährigen Konzeptions- und Entstehungsprozess hat Ruth Menzel 2008 in den Mitteilungen des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt detailliert nachgezeichnet. Nach sieben Jahren (!) konnte sich der Berliner Architekt und Kunstgewerbler Heinrich Stöckhardt gegen seine Wettbewerber durchsetzen. Die Auftraggeber votierten schließlich für eine stadtgeschichtlich konkrete Version. Stöckhardt stellte allegorisch die beiden Grundsäulen der Erfurter Wirtschaft dar, die für den Aufschwung zur modernen Metropole Thüringens verantwortlich zeichneten. Für den Gartenbau steht die römische Blumengöttin Flora inmitten von Ähren und Rosen, für Industrie und Handwerk eine männliche Gestalt mit Hammer und Schraubstock. | Die Errichtung des Brunnens steht im Zusammenhang mit der Entwicklung Erfurts zur modernen Großstadt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. 1876 beschlossen Magistrat und Verschönerungsverein, den erfolgreichen Bauabschluss der Zentralwasserleitung öffentlich zu würdigen. 1880 brachte man einen beschränkten Wettbewerb für einen Brunnen auf den Weg. Den nun folgenden zehnjährigen Konzeptions- und Entstehungsprozess hat Ruth Menzel 2008 in den Mitteilungen des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt detailliert nachgezeichnet. Nach sieben Jahren (!) konnte sich der Berliner Architekt und Kunstgewerbler Heinrich Stöckhardt gegen seine Wettbewerber durchsetzen. Die Auftraggeber votierten schließlich für eine stadtgeschichtlich konkrete Version. Stöckhardt stellte allegorisch die beiden Grundsäulen der Erfurter Wirtschaft dar, die für den Aufschwung zur modernen Metropole Thüringens verantwortlich zeichneten. Für den Gartenbau steht die römische Blumengöttin Flora inmitten von Ähren und Rosen, für Industrie und Handwerk eine männliche Gestalt mit Hammer und Schraubstock. |
Version vom 17. März 2013, 09:10 Uhr
Alter Angerbrunnen Erfurt
Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (15.10.2011)
Sinnbild der Blumenstadt
DENKMALE IN ERFURT (15): Der alte Angerbrunnen stellt die beiden Grundlagen der modernen Metropole Erfurt im 19. Jahrhundert dar, den Gartenbau und die Industrie.
Im 50. Gründungsjahr der iga, des heutigen egaparks, besinnt sich Erfurt wieder stärker seiner großen Tradition als Blumenstadt. Eine erfolgreiche Bewerbung um die Bundesgartenschau 2021 könnte dem erwachten Traditionsbewusstsein neues Leben einhauchen. Vor diesem Hintergrund verdient ein Erfurter Denkmal besondere Aufmerksamkeit, das man vielleicht als solches gar nicht auf den ersten Blick wahr nimmt. Der alte Angerbrunnen am Westende der beliebten Flaniermeile ist nämlich auch eine Verneigung vor dem Erfurter Erwerbsgartenbau des 19. Jahrhunderts, der mit seinem weltweiten Erfolg den Ruf der Blumenstadt begründet hat.
Die Errichtung des Brunnens steht im Zusammenhang mit der Entwicklung Erfurts zur modernen Großstadt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. 1876 beschlossen Magistrat und Verschönerungsverein, den erfolgreichen Bauabschluss der Zentralwasserleitung öffentlich zu würdigen. 1880 brachte man einen beschränkten Wettbewerb für einen Brunnen auf den Weg. Den nun folgenden zehnjährigen Konzeptions- und Entstehungsprozess hat Ruth Menzel 2008 in den Mitteilungen des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt detailliert nachgezeichnet. Nach sieben Jahren (!) konnte sich der Berliner Architekt und Kunstgewerbler Heinrich Stöckhardt gegen seine Wettbewerber durchsetzen. Die Auftraggeber votierten schließlich für eine stadtgeschichtlich konkrete Version. Stöckhardt stellte allegorisch die beiden Grundsäulen der Erfurter Wirtschaft dar, die für den Aufschwung zur modernen Metropole Thüringens verantwortlich zeichneten. Für den Gartenbau steht die römische Blumengöttin Flora inmitten von Ähren und Rosen, für Industrie und Handwerk eine männliche Gestalt mit Hammer und Schraubstock.
Am 6. September 1890 wurde der Brunnen im Beisein einer „colossalen Menschenmenge“ und der städtischen Honoratioren enthüllt. Oberbürgermeister Gustav Schneider hielt die Festrede und der Lehrergesangsverein intonierte, begleitet von der Kapelle des Artillerie-Regiments Nr. 19, Beethovens „Ehre Gottes“. An den Gesamtkosten von knapp 35.000 Mark beteiligten sich das preußische Staatsministerium, die Stadt und der Verschönerungsverein. Letztlich handelt es sich beim Angerbrunnen um eine Manifestation des großen Selbstbewusstseins der Erfurter Bürgerschaft der Gründerzeit. Anders als bei den zahlreichen Denkmalen für Persönlichkeiten oder Ereignisse steht hier die prosperierende Industrie- und Blumenstadt selbst im Mittelpunkt.
Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Blumenstadt Erfurt, Anger, Erfurter Bürgertum